Leitsatz
Die Beendigung des Dienstverhältnisses i.S.d. § 40b Abs. 2 S. 3 1. Halbs. EStG ist die nach bürgerlichem (Arbeits-)Recht wirksame Beendigung. Ein Dienstverhältnis kann daher auch dann beendet sein, wenn der Arbeitnehmer und sein bisheriger Arbeitgeber im Anschluss an das bisherige Dienstverhältnis ein neues vereinbaren, sofern es sich nicht als Fortsetzung des bisherigen erweist. Es liegt keine solche Beendigung vor, wenn das neue Dienstverhältnis mit demselben Arbeitgeber in Bezug auf den Arbeitsbereich, die Entlohnung und die sozialen Besitzstände im Wesentlichen dem bisherigen Dienstverhältnis entspricht.
Normenkette
§ 3 Nr. 9, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 40 Abs. 3, § 40b EStG
Sachverhalt
Der Kläger war im Streitjahr (1999) alleiniger Gesellschafter der X-GmbH und seit 1970 auch deren einziger Geschäftsführer. Nach dem Anstellungsvertrag stand dem Kläger mit Vollendung des 65. Lebensjahrs (ab Juni 1999) ein Pensionsanspruch i.H.v. 2 000 DM monatlich zu.
Zum 30.06.1999 wurde der Dienstvertrag zwischen dem Kläger und der X-GmbH aufgehoben. Diese vereinbarten ferner, die Pensionsvereinbarung abzulösen und einen Beitrag aus der Rückdeckungsversicherung in eine Direktversicherung mit Rentensofortbezug zugunsten des Klägers einzuzahlen.
In einem weiteren Vertrag wurde vereinbart, dass der Kläger ab Juli 1999 auf unbestimmte Zeit mit einer Wochenarbeitszeit von 16 Stunden und monatlichen Bezügen von 3 000 DM für die GmbH (als Berater) tätig sein sollte. Zum selben Zeitpunkt stellte die GmbH zwei Geschäftsführer ein.
Die von der GmbH gezahlten Beiträge zur Direktversicherung versteuerte die GmbH zu einem Teilbetrag i.H.v. rund 125 000 DM pauschal nach § 40b Abs. 2 S. 3 EStG mit 20 %. Wegen dieser Pauschalbesteuerung durch die X-GmbH ließ der Kläger diesen Betrag in seiner ESt-Veranlagung außer Ansatz. Dies lehnte das FA ab. Das Dienstverhältnis zwischen der X-GmbH und dem Kläger habe über den Juni 1999 hinaus bestanden. Die Klage blieb erfolglos (Niedersächsisches FG, Urteil vom 08.06.2005, 2 K 267/03, Haufe-Index 1454496, EFG 2006, 50).
Entscheidung
Die Revision des Klägers führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache. Die Voraussetzungen einer Pauschalierung nach § 40b EStG seien dem Grund nach erfüllt.
Der Arbeitgeber des Klägers, die X-GmbH, habe die Beiträge zur Direktversicherung "aus Anlass der Beendigung des Dienstverhältnisses" erbracht. Entsprechend den vorgenannten Grundsätzen habe der Kläger mit der jetzigen Beratertätigkeit das frühere Dienstverhältnis nicht fortgesetzt. Sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich liege keine Fortsetzung des früheren Dienstverhältnisses vor. Im Vergleich zu seiner früheren Geschäftsführertätigkeit sei der Kläger als Berater mit einer niedrigeren Vergütung, mit einer erheblich geringeren Stundenzahl, in einem ganz anderen Bereich und auch in einer wesentlich anderen, mit der früheren Stellung als Geschäftsführer nicht mehr vergleichbaren Funktion tätig.
Die Sache sei mangels Spruchreife jedoch deshalb zurückzuverweisen, da das FG bisher keine Feststellungen zu der Anzahl der Kalenderjahre getroffen hat, in denen das Dienstverhältnis des Klägers zur X-GmbH bestanden habe. Auf Grundlage dieser nachzuholenden Feststellungen sei der Vervielfältiger des in § 40b Abs. 2 S. 3 EStG genannten Betrags zu ermitteln.
Hinweis
1. Nach § 40b Abs. 1 EStG a.F. (hier Streitjahr 1999) kann der Arbeitgeber die LSt u.a. von den Beiträgen für eine Direktversicherung des Arbeitnehmers mit einem Pauschsteuersatz von 20 % der Beiträge und Zuwendungen erheben. Dies gilt nach § 40b Abs. 2 S. 1 EStG nicht, soweit die zu besteuernden Beiträge und Zuwendungen des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer 3 408 DM im Kalenderjahr übersteigen oder nicht aus seinem ersten Dienstverhältnis bezogen werden. Nach § 40b Abs. 2 S. 3 1. Halbs. EStG vervielfältigt sich für Beiträge und Zuwendungen, die der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer aus Anlass der Beendigung des Dienstverhältnisses erbracht hat, der Betrag von 3 408 DM mit der Anzahl der Kalenderjahre, in denen das Dienstverhältnis des Arbeitnehmers zu dem Arbeitgeber bestanden hat.
2. Über die Frage, ob das Dienstverhältnis i.S.d. genannten Pauschalierungsvorschrift beendet worden war, bestand im Besprechungsfall deshalb Streit, weil der Kläger das Dienstverhältnis als Geschäftsführer durch einen Aufhebungsvertrag beendet hatte und unmittelbar darauf einen neuen Anstellungsvertrag (als Berater) mit dem Unternehmen abgeschlossen hatte.
3. Die Vervielfältigungsregelung soll Arbeitgebern die Möglichkeit erleichtern, bei einem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Dienstverhältnis unverfallbare Versorgungszusagen auf eine außerbetriebliche Versorgungseinrichtung zu übertragen, um damit das Risiko der Versorgung des Arbeitnehmers auf einen Dritten zu verlagern und so dem Arbeitnehmer eine Absicherung zukommen zu lassen, die nicht mehr vom wirtschaftlichen Schicksal seines bisherigen Arbeitgebers abhängt. Ein solches Bedürfnis nach arbeitgeb...