OFD Karlsruhe, Verfügung v. 16.2.2010, S 7316/4
Nach § 15a Abs. 2 UStG ist bei einem Wirtschaftsgut, das nur einmalig zur Erzielung eines Umsatzes verwendet wird, eine Vorsteuerberichtigung durchzuführen, wenn sich die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse ändern. Eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs ist insbesondere dann zu prüfen, wenn die Besteuerungsform wechselt.
1. Berichtigungsobjekt
Berichtigungsobjekt i.S. des § 15a Abs. 2 UStG sind Wirtschaftsgüter, die nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet werden. Das sind im Wesentlichen Wirtschaftsgüter, die ertragsteuerlich Umlaufvermögen darstellen (z.B. Masttiere, Getreide, Topfpflanzen, Baumschulpflanzen, eingeschlagenes Holz) und Wirtschaftsgüter des ertragsteuerlichen Anlagevermögens, die vor der Erzielung anderer Verwendungsumsätze veräußert oder entnommen werden (Abschn. 214 Abs. 2 Nr. 2 UStR).
Stellt der Unternehmer Erzeugnisse selbst her, ist Berichtigungsobjekt das fertige Erzeugnis im Zeitpunkt der Verwendung. Alle für die Herstellung notwendigen Vorbezüge gehen in dieses Berichtigungsobjekt ein.
Berichtigungsobjekt ist grundsätzlich der einzelne Gegenstand. Das gilt auch dann, wenn mehrere Gegenstände gleicher Art und Güte geliefert werden (Abschn. 218 Abs. 1 Satz 3 UStR). Vieh ist regelmäßig keine vertretbare Sache. Grundsätzlich ist daher jedes einzelne Tier das Berichtigungsobjekt. Das liegt insbesondere dann vor, wenn es beim Verkauf auf einzelne Bestimmungsmerkmale des Tieres ankommt.
Beispiel 1:
Ein Landwirt veräußert einen Zuchteber.
Berichtigungsobjekt ist das einzelne Tier.
Bei der Lieferung vertretbarer Sachen ist für die Bestimmung des Berichtigungsobjekts auf die zwischen dem leistenden Unternehmer und dem Leistungsempfänger geschlossenen vertraglichen Vereinbarungen im Verwendungszeitpunkt abzustellen (Abschn. 218 Abs. 1 S. 4 UStR, z.B. Getreide, Futter- und Düngemittel). Jedes Verkaufsgeschäft ist als einzelnes Berichtigungsobjekt zu erfassen. Werden Tiere im Massentierhandel veräußert und wird dabei ein einheitlicher Kaufpreis für eine bestimmte Anzahl von Tieren vereinbart, ist Berichtigungsobjekt die verkaufte Partie und nicht das einzelne Tier (z.B. beim Verkauf von Mastschweinen ist nicht das einzelne Mastschwein Berichtigungsobjekt, sondern die Partie Mastschweine).
Beispiel 2:
Ein Landwirt veräußert 50 dz Wintergerste an den Getreidehändler A, 100 dz an den Getreidehändler B und 100 Mastschweine an den Viehhändler C.
Jedes Verkaufsgeschäft ist ein eigenes Berichtigungsobjekt. Beim Verkauf der Mastschweine ist die Partie das Berichtigungsobjekt.
2. Änderung der Verhältnisse
Eine Änderung der Verhältnisse liegt vor, wenn die Verhältnisse im Zeitpunkt der tatsächlichen Verwendung für den Vorsteuerabzug anders zu beurteilen sind, als die zum Zeitpunkt des ursprünglichen Vorsteuerabzugs. Verwendung i.S. des § 15a UStG ist die tatsächliche Nutzung des Berichtigungsobjekts zur Erzielung von Umsätzen (Abschn. 215 Abs. 1 UStR). Allein der Wechsel der Besteuerungsform führt nicht zu einer Änderung der Verhältnisse (Abschn. 217e Abs. 3 Beispiel UStR). Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs ist grundsätzlich in dem Zeitraum durchzuführen, in dem das Berichtigungsobjekt zur Ausführung von Umsätzen verwendet wird.
Beispiel 3:
Ein Landwirt unterliegt im Jahr 2008 der Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG. Zum 1.1.2009 optiert er zur Regelbesteuerung. Das im Jahr 2008 erzeugte Getreide veräußert er insgesamt am 1.2.2009 an einen Getreidehändler. Für die Herstellung des Getreides sind insgesamt Vorsteuern von 5.700 EUR angefallen.
Getreide ist eine vertretbare Sache. Das Berichtigungsobjekt bestimmt sich nach den Vereinbarungen der Beteiligten und umfasst das gesamte im Kaufvertrag enthaltene Getreide. Die erstmalige Verwendung findet mit der Lieferung zum 1.2.2009 statt. In der Jahreserklärung 2009 ist eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 2 UStG i.H. von 5.700 EUR vorzunehmen.
Die Vorsteuerberichtigung ist grundsätzlich in dem Voranmeldungszeitraum durchzuführen, in dem das Berichtigungsobjekt erstmalig verwendet wurde. Übersteigt der Berichtigungsbetrag nicht 6.000 EUR, ist die Berichtigung erst im Rahmen der Jahressteuerfestsetzung vorzunehmen (§ 44 Abs. 3 UStDV).
3. Unterbleiben einer Vorsteuerberichtigung
Eine Berichtigung des Vorsteuerabzug unterbleibt, wenn die auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Berichtigungsobjekts entfallende Vorsteuer 1.000 EUR nicht übersteigt (§ 44 Abs. 1 UStDV). Die Betragsgrenze ist bei jedem Berichtigungsobjekt zu prüfen.
Beispiel 4:
Wie Beispiel 3, nur beträgt die auf die Herstellung des Getreides entfallende Vorsteuer 990 EUR.
Eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG ist nicht vorzunehmen.
4. Ermittlung der Berichtigungsbeträge
Bei der Herstellung von Wirtschaftsgütern sind alle mit dem Herstellungsprozess zusammenhängenden Vorsteuern, mit Ausnahme der Aufwendungen für den Wertverzehr von Anlagegütern, zu berücksichtigen. Für den Wertverzehr der Anlagegüte...