Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Leitsatz
Werden Daten aus einer eingereichten komprimierten Einkommensteuererklärung manuell eingegeben und hat der Bearbeiter die erklärten Vermietungseinkünfte abgehakt, aber nicht übernommen, kann der Bescheid nach § 129 AO berichtigt werden.
Sachverhalt
Die Kläger haben nach eigenem Bekunden die Einkommensteuererklärung 2008 elektronisch an das Finanzamt übermittelt und die komprimierte Erklärung nachgereicht. Dem Finanzamt standen allerdings keine elektronischen Daten zur Verfügung.
Die Bearbeiterin hakte u. a. die erklärten Vermietungseinkünfte in der komprimierten Steuererklärung ab. Infolge der Nichtübernahme des Werts in das Computerprogramm blieben diese Einkünfte im Einkommensteuerbescheid 2008 unberücksichtigt. In der Folge berichtigte das Finanzamt den Bescheid nach § 129 AO.
Entscheidung
Das Finanzgericht entscheidet, dass eine offenbare Unrichtigkeit vorliegt, die nach § 129 AO berichtigt werden kann. Der fragliche Überschuss sei als Vermietungseinkünfte erklärt und bei der Bearbeitung des Steuerfalls von der Bearbeiterin "abgehakt" worden. Dadurch habe sie bekundet, dass diese Daten maschinell zu verarbeiten sind. Hätte sie eine andere Auffassung vertreten, hätte dies dokumentiert werden müssen. Für einen Dritten sei offenkundig, dass erklärte und kommentarlos "abgehakte" Einkünfte zu versteuern und aufgrund eines mechanischen Versehens nicht in die Datenverarbeitung übernommen worden sind.
Die Kläger können sich nicht darauf berufen, dass der Fehler bei der von der Bearbeiterin nicht verwendeten Durchführung eines Vorjahresvergleichs am Bildschirm durch Einblendung der Vorjahresdaten hätte vermieden werden können. Eine Korrektur wäre vielmehr nur dann als rechtsmissbräuchlich anzusehen, wenn sie aufgrund eklatanter Bearbeitungsmängel einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen würde.
Hinweis
Vorliegend war ein innerbetriebliches Risikomanagementsystem, das beim Nichtansatz der Vermietungseinkünfte einen Prüfhinweis ausgegeben hätte, (noch) nicht im Einsatz. Ungeachtet dessen schließen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs das Übersehen eines Prüfhinweises oder eine besonders oberflächliche Behandlung des Steuerfalls durch die Behörde unabhängig von Verschuldenserwägungen eine Berichtigung des Steuerbescheids nicht aus, solange die diesbezügliche Überprüfung nicht zu einer neuen Willensbildung des zuständigen Bearbeiters im Tatsachen- oder Rechtsbereich geführt hat. Selbst das pflichtwidrige Unterlassen einer durch Prüfhinweis angeregten Plausibilitätsprüfung bedeutet nicht, dass der Bearbeiter den fehlerhaften Ansatz von Besteuerungsgrundlagen auch rechtlich gebilligt hätte (vgl. BFH, Urteil v. 28.5.2015, VI R 63/13, BFH/NV 2015 S. 1078).
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 06.08.2015, 15 K 35/14