Die Explanatory Notes führen aus, dass der MwSt-Ausschuss einstimmig der Auffassung ist, dass mit der durch die RL 2018/1910 vorgenommenen Änderung von Art. 138 Abs. 1 MwStSystRL eine materielle Voraussetzung für die Anwendung der Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung hinzugefügt wurde. Der Ausschuss ist einstimming der Auffassung, dass diese Ergänzung bedeutet, dass in Fällen, in denen der Erwerber dem Lieferanten seine USt-IdNr. nicht angibt oder in denen die angegebene USt-IdNr. von dem Mitgliedstaat, von dem aus die Waren versandt oder befördert werden, erteilt wurde, die Bedingungen für die Anwendung der Befreiung nach Art. 138 MwStSystRL als nicht erfüllt angesehen werden müssen und der Lieferant keine andere Möglichkeit hat, als MwSt in Rechnung zu stellen (seine innergemeinschaftliche Lieferung also steuerpflichtig zu behandeln).

Weiter ist der MwSt-Ausschuss einstimmig der Auffassung, dass die Tatsache, dass die in Art. 138 Abs. 1 MwStSystRL vorgesehene Befreiung in Fällen der Nichteinhaltung durch den Lieferer gem. Art. 138 Abs. 1a MwStSystRL (keine oder unvollständige oder unrichtige Abgabe einer ZM) nicht gilt, de facto erst eine gewisse Zeit nach dem Zeitpunkt der Erbringung der Leistung und der Rechnungsstellung festgestellt werden kann. Der MwSt-Ausschuss stimmt einstimmig darin überein, dass es unvermeidlich ist, dass zwischen dem Zeitpunkt, zu dem die Lieferung durchgeführt und dem Erwerber in Rechnung gestellt wurde, und dem Zeitpunkt, zu dem der Lieferer die in Art. 262 und 263 MwStSystRL vorgesehene Verpflichtung zu erfüllen hat, eine ZM abzugeben, eine gewisse Zeitspanne liegt. Der MwSt-Ausschuss stimmt auch einstimmig zu, dass eine Zeitspanne zwischen dem Zeitpunkt, zu dem der Lieferant die ZM einreichen musste, und dem Zeitpunkt, zu dem die Steuerbehörden Maßnahmen ergreifen, nicht vermieden werden kann, da solche Maßnahmen nur dadurch ausgelöst werden können, dass die ZM nicht eingereicht wurde oder dass sich herausstellt, dass die eingereichte ZM nicht die richtigen Informationen enthält. Der MwSt-Ausschuss ist einstimmming der Auffassung, dass der Lieferant daher in der Lage sein soll, die innergemeinschaftliche Lieferung zum Zeitpunkt der Lieferung als steuerfrei zu behandeln, sofern die Bedingungen von Art. 138 Abs. 1 MwStSystRL erfüllt sind, da dies die einzigen Bedingungen sind, die zum Zeitpunkt der Lieferung relevant sind, um zu bestimmen, ob die Befreiung gilt oder nicht. Was die in Art. 138 Abs. 1a MwStSystRL vorgesehenen Fälle anbelangt, so ist der MwSt-Ausschuss nahezu einstimmig der Auffassung, dass die Befreiung nur dann rückwirkend aufgehoben werden kann, wenn die Steuerbehörden feststellen, dass der Lieferer der Verpflichtung gem. Art. 262 und 263 MwStSystRL zur Abgabe einer ZM nicht nachkommt oder wenn die bereits von ihm abgegebene ZM nicht die richtigen Angaben zu der betreffenden Lieferung enthält, wie dies in Art. 264 MwStSystRL gefordert wird, es sei denn, der Lieferer kann seine Unzulänglichkeit zur Zufriedenheit der zuständigen Behörden hinreichend begründen.

Wenn der Erwerber dem Lieferanten keine Angaben zu seiner USt-IdNr. macht oder wenn die angegebene USt-IdNr. von dem Mitgliedstaat, von dem aus die Gegenstände versandt oder befördert werden, erteilt wurde, dann ist mindestens eine der Bedingungen für die Anwendung der Befreiung nach Art. 138 MwStSystRL (insbesondere die Bedingung nach Art. 138 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL) nicht erfüllt und der Lieferant muss für seine Lieferung MwSt in Rechnung stellen. Dies ist auch dann der Fall, wenn alle anderen Bedingungen für die Anwendung der Befreiung erfüllt sind und der Lieferer z. B. aufgrund der Art oder Menge der gelieferten Gegenstände Grund zu der Annahme hat, dass der Kunde ein Steuerpflichtiger oder eine nicht steuerpflichtige juristische Person ist.

Die Tatsache, dass der Lieferer seine Lieferung als steuerpflichtig behandelt, weil die Bedingungen des Art. 138 MwStSystRL nicht erfüllt sind, hat keine Auswirkungen auf die mehrwertsteuerliche Behandlung des innergemeinschaftlichen Erwerbs durch den Kunden in dem Mitgliedstaat, in dem die Versendung oder Beförderung der Gegenstände endet (Art. 16 MwStSystRL).

Wenn der Erwerber, der nachweisen kann, dass er zum Zeitpunkt des Erwerbs ein Steuerpflichtiger war, der als solcher handelte, seinem Lieferer zu einem späteren Zeitpunkt eine in einem anderen Mitgliedstaat als dem, von dem aus die Gegenstände versandt oder befördert werden, erteilte USt-IdNr. angeben kann und es keine Hinweise auf Betrug oder Missbrauch gibt, kann der Lieferer die Rechnung gemäß den Vorschriften der einschlägigen nationalen Gesetzgebung berichtigen.

Wenn der Erwerber zum Zeitpunkt der Ausstellung der Rechnung durch den Lieferanten nicht in der Lage war, dem Lieferanten eine USt-IdNr. anzugeben, weil die Steuerbehörden den Antrag des Erwerbers auf Erhalt einer USt-IdNr. noch bearbeiten, kann der Lieferant die Befreiung nach Art. 138 MwStSystRL nicht anwenden, da nicht alle...

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