Leitsatz
Der Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Personengesellschaft ändert sich i.S.v. § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG mittelbar, wenn ein an der Personengesellschaft unmittelbar beteiligter Gesellschafter mit einem oder mehreren Treugebern vereinbart, den Gesellschaftsanteil treuhänderisch für diese zu halten, und die Treuhandvereinbarungen im maßgeblichen Fünfjahreszeitraum dazu führen, dass den Treugebern mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft als neuen Gesellschaftern zuzurechnen sind.
Normenkette
§ 1 Abs. 2a GrEStG a.F., § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO
Sachverhalt
Die Klägerin ist ein 2003 als GmbH & Co. KG gegründeter Publikumsfonds. Gründungsgesellschafter sind eine am Gesellschaftsvermögen nicht beteiligte Komplementärin, zwei Kommanditisten mit einer Einlage von jeweils 100 EUR sowie die T‐GmbH mit einer Einlage von 4.800 EUR als Treuhandkommanditistin.
Die T‐GmbH war nach dem Gesellschaftsvertrag berechtigt, ihre Kommanditeinlage gemäß dem Umfang der mit dritten Personen als Treugebern geschlossenen Treuhandverträge um insgesamt 72.500.000 EUR zu erhöhen. Im Innenverhältnis sollten die Treugeber wie unmittelbar beteiligte Gesellschafter mit allen Rechten und Pflichten (Beteiligung am Gesellschaftsvermögen, am Gewinn und Verlust, an einem etwaigen Auseinandersetzungsguthaben, dem Liquidationserlös sowie der Ausübung der Stimmrechte) behandelt werden; auch die Widerspruchs- und Kontrollrechte sollten den Treugebern zustehen und von ihnen ausgeübt werden.
Die Klägerin erwarb 2003 ein Grundstück. Sie zeigte dem FA im Jahr 2005 an, dass sich ihr Gesellschafterbestand zum 31.12.2004 durch den Beitritt von Treugebern um mehr als 95 % geändert haben könnte und in Kürze ein Gesellschaftskapital von 72.505.000 EUR erreicht sein werde. Das FA stellte daraufhin gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG fest, dass sich der Gesellschafterbestand der Klägerin zum 31.12.2004 i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG um mehr als 95 % geändert hat. Der Einspruch, mit dem die Klägerin geltend machte, der Beitritt von Treugebern erfülle nicht den Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG, blieb ohne Erfolg. Das FG hat der Klage stattgegeben und den Feststellungsbescheid aufgehoben. Die Aufnahme der Treugeber habe weder zu einer unmittelbaren noch zu einer mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestands der Klägerin geführt (FG München, Urteil vom 12.2.2014, 4 K 1537/11, Haufe-Index 6649321, EFG 2014, 948).
Entscheidung
Der BFH ist dem nicht gefolgt. Er hat die Rechtmäßigkeit des Feststellungsbescheids bejaht, weil sich durch den Beitritt der Treugeber der Gesellschafterbestand der Klägerin um mehr als 95 % geändert hatte. Die Treugeber sind nach den Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag wie unmittelbar beteiligte Gesellschafter mit allen Rechten und Pflichten zu behandeln.
Hinweis
Das Urteil betrifft die Anforderungen an eine i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG"mittelbare" Änderung des Gesellschafterbestands einer grundbesitzenden Personengesellschaft, wenn deren Gesellschaftsanteil ein unmittelbar an dieser Personengesellschaft beteiligter Gesellschafter treuhänderisch für Dritte (Treugeber) hält.
1. In der Rechtsprechung (BFH, Urteil vom 9.7.2014, II R 49/12, BFH/NV 2014, 1667, BFH/PR 2014, 439) ist bereits geklärt, dass die mittelbare Änderung des Gesellschafterbestands nur nach wirtschaftlichen Maßstäben beurteilt werden kann und keinen dinglichen Übergang von Anteilen auf neue Gesellschafter erfordert. Dies weicht von den Anforderungen an eine "unmittelbare" Änderung i.S. d. § 1 Abs. 2a GrEStG ab, die den zivilrechtlichen Übergang des Mitgliedschaftsrechts an der grundbesitzenden Personengesellschaft auf ein neues Mitglied voraussetzt.
2. Vereinbart ein unmittelbar an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligter Gesellschafter (im Streitfall: T-GmbH), den von ihm gehaltenen Gesellschaftsanteil treuhänderisch für einen Dritten (Treugeber) zu halten, kann darin keine unmittelbare Änderung des Gesellschafterbestands der grundbesitzenden Personengesellschaft liegen. Denn die Treuhänderin (hier: T-GmbH) bleibt weiterhin zivilrechtlich an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligt; auch eine Erhöhung des Kapitals der Treuhänderin ändert daran nichts. Ebenso ist aufgrund der mit den Treugebern geschlossenen Treuhandverträge keine Änderung der Beteiligungsverhältnisse an der Treuhänderin eingetreten, sodass auch unter diesem Gesichtspunkt keine mittelbare Änderung des Gesellschafterbestands der grundbesitzenden Personengesellschaft vorliegt.
3. Treuhandvereinbarungen der genannten Art führen jedoch unter Rückgriff auf die Grundsätze des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO zu einer mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestands der grundbesitzenden Personengesellschaft. Bei einem steuerrechtlich anzuerkennenden Treuhandverhältnis ist der Gesellschaftsanteil nicht dem zivilrechtlichen Gesellschafter, sondern nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO dem Treugeber zuzurechnen. Diese schuldrechtlichen Bindungen können es wegen der für die mitte...