Leitsatz
1. Bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft, die unmittelbar oder mittelbar an einer grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt ist, ist als Anteil i.S. von § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG – wie bei einer zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft – die Beteiligung am Gesellschaftskapital und nicht die sachenrechtliche Beteiligung am Gesamthandsvermögen maßgebend.
2. Ein Anteilserwerb kann bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft zu einer mittelbaren Anteilsvereinigung i.S. von § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG beitragen oder führen, wenn dem Erwerber nach dem Anteilserwerb mindestens 95 % der Beteiligung am Gesellschaftskapital der Personengesellschaft zuzurechnen sind.
Normenkette
§ 1 Abs. 3, Abs. 3a, § 19 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 GrEStG, § 169 Abs. 1 Satz 1, § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 181 Abs. 1 Satz 1 AO, Art. 3 Abs. 1, Art. 108 Abs. 7 GG
Sachverhalt
Anfang 2005 erwarb die Klägerin alle Aktien der A AG. Die A AG war über eine Limited zu 100 % an der B Holding beteiligt. Die Holding war in der Vergangenheit zu 100 % an der grundbesitzenden D GmbH und diese wiederum zu nahezu 100 % an der grundbesitzenden E AG beteiligt. Die E AG ihrerseits hielt eine erhebliche Anzahl von Beteiligungen von mindestens 95 % an Kapital- und Personengesellschaften, zu deren Vermögen ebenfalls inländische Grundstücke gehörten.
Vor dem Aktienerwerb der Klägerin, d.h. Ende 2004, wurde die C KG gegründet. Die B Holding wurde Kommanditistin mit einer Beteiligung von 100 % am Gesellschaftsvermögen. Komplementärin mit einer Beteiligung von 0 % wurde die C GmbH. Die Holding brachte 5,09 % ihrer Beteiligung an der D GmbH in das Gesamthandsvermögen der C KG ein. Die restlichen Anteile an der D GmbH von 94,91 % hielt weiterhin die B Holding unmittelbar. Die Holding war auch zu 94,04 % an der C GmbH beteiligt; eine fremde GmbH hielt die weiteren Anteile an der C GmbH.
Anfang 2005 zeigte die E AG dem Geschäftsleitungs-FA an, durch den Anteilserwerb sei der Besteuerungstatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG bezüglich nachgeordneter Personengesellschaften erfüllt worden. Insbesondere der Erwerbstatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG sei nicht gegeben.
Nach einer Außenprüfung vertrat die Finanzverwaltung die Auffassung, dass der Erwerb der Aktien zu einer Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG i.V.m. § 42 AO geführt habe. Außersteuerliche Gründe für die Zwischenschaltung der C KG seien nicht erkennbar. Das beklagte FA stellte im Dezember 2010 gegenüber der Klägerin die Besteuerungsgrundlagen für eine Vereinigung von Anteilen an der AG fest. Dieser Feststellungsbescheid bezog sich auf die inländischen Grundstücke der D GmbH, der E AG sowie auf die Grundstücke der von der E AG gehaltenen Kapitalgesellschaften.
Die Vorinstanz (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.6.2015, 15 K 3256/12, Haufe-Index 8299338, EFG 2015, 1623) wies die Klage ab und begründete ihre Entscheidung unmittelbar mit der Erfüllung des Erwerbstatbestands nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 bzw. Nr. 2 GrEStG.
Entscheidung
Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Die Klägerin hat nach Auffassung des BFH den Besteuerungstatbestand der mittelbaren Anteilsvereinigung an grundbesitzenden Kapitalgesellschaften durch den Erwerb der Aktien an der A AG im Jahr 2005 erfüllt, § 1 Abs. 3 GrEStG.
Der Klägerin sind die Anteile an den grundbesitzenden Kapitalgesellschaften mittelbar zuzurechnen. Eine zivilrechtliche Betrachtungsweise einschließlich des Rückgriffs auf die sachenrechtliche Position eines Gesamthänders ist nur angezeigt, soweit es um den unmittelbaren Erwerb von Anteilen an einer Gesellschaft geht. Im Falle eines mittelbaren Anteilserwerbs kommt es auf den Gewinn von Einflussmöglichkeit bei der Zwischengesellschaft an. Für den mittelbaren Erwerb unter Zwischenschaltung einer Personengesellschaft ist daher die Beteiligung am Gesellschaftskapital und nicht die gesamthänderische Mitberechtigung maßgeblich. An einer anderen Betrachtung hält der BFH nicht fest.
Damit ist im Streitfall eine Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG unter mittelbarer Zurechnung von Grundstücken gegeben: Über die B Holding werden der Klägerin die Grundstücke der nachgeordneten Gesellschaften D GmbH und E AG einschließlich Tochtergesellschaften zugerechnet. Die Zurechnung der Anteile i.H.v. 5,09 % an der D GmbH, die sich im Gesamthandsvermögen der C KG befinden, erfolgt insbesondere deshalb, weil die B Holding an der C KG als Kommanditistin zu 100 % am Kapital der Gesellschaft beteiligt ist.
Vertrauensschutz war nicht zu gewähren. Es fehlt hinsichtlich des Durchgriffs durch eine zwischengeschaltete KG an einer Jahrzehnte währenden höchstrichterlichen Finanzrechtsprechung des Inhalts, dass bei einer Personengesellschaft auch auf der Beteiligungsebene die gesamthänderische Mitberechtigung maßgeblich sein soll.
Die Feststellungsfrist ist seitens des FA eingehalten worden. Der Klägerin ist eine objektive Anzeigepflichtverletzung vorzuwerfen, die zu einer Anlaufhemmung der Feststellung- bzw. Festsetzun...