Dipl.-Finanzwirt Helmut Bur
Leitsatz
Werden im Arbeitszimmer lediglich unterstützende Tätigkeiten (Planung und Organisation von Beratungsterminen und Auswertung der im Außendienst erhaltenen Informationen und Daten) für eine Außendiensttätigkeit vorgenommen, liegt der Mittelpunkt der Tätigkeit eines Fütterungsberaters und Leistungsoberprüfers nicht im häuslichen Arbeitszimmer.
Sachverhalt
Als Fütterungsberater betreut der Steuerpflichtige ca. 60 bei seinem Arbeitgeber angeschlossene milchviehhaltende Betriebe. Im Rahmen seiner nichtselbständigen Tätigkeit nutzte er ein 18,9 qm großes Arbeitszimmer, das sich in der von ihm bewohnten Erdgeschosswohnung seines Privathauses befindet. In diesem Arbeitszimmer befinden sich neben dem Computer, Drucker und dem Telefaxgerät die Arbeitsgeräte, die der Steuerpflichtige bei seiner Tätigkeit in den Kuhställen der Landwirte benötigt. Im Rahmen seiner Angestelltentätigkeit hat der Steuerpflichtige im Streitjahr mit seinem Privat-Fahrzeug 15.192 km zurückgelegt und war an 93 Tagen mehr als acht Stunden von zu Hause abwesend. Das Finanzamt berücksichtigte die Aufwendungen für das Arbeitszimmer nur bis zum Höchstbetrag von 1.200 EUR, weil ihm für die berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, das Arbeitszimmer allerdings nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit bildet.
Entscheidung
Die Klage wurde als unbegründet abgewiesen. Das häusliche Arbeitszimmer eines Steuerpflichtigen, der seine berufliche Tätigkeit teilweise in seinem Arbeitszimmer und teilweise außer Haus ausübt, ist "Mittelpunkt" i.S. von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 EStG, wenn der Steuerpflichtige im Arbeitszimmer diejenigen Handlungen vornimmt und Leistungen erbringt, die für den konkret ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind. Nach Auffassung des FG ist die berufliche Betätigung des Steuerpflichtigen in inhaltlicher Sicht wesentlich durch den Außendienst geprägt. Die für den Beruf des Steuerpflichtigen als Fütterungsberater und Leistungsoberprüfer relevanten Tätigkeiten liegen nach Überzeugung des FG unzweifelhaft in der Außendiensttätigkeit bei den milchviehhaltenden Landwirten, weshalb das FG hierin den Kernbereich und den Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen als Fütterungsberater sieht. So erfolgt die - den Beruf wesentlich prägende - Datenerhebung, die Voraussetzung für die später nachbereitende Datenverarbeitung im Arbeitszimmer ist, ausschließlich in Kuhställen bzw. Futtersilos der Landwirte. Darüber hinaus geht das FG davon aus, dass die Beratung der Landwirte vor Ort, d.h. bei Betriebsbesuchen wesentlich für die Tätigkeit als Fütterungsberater und Leistungsoberprüfer ist. Demgegenüber sieht das FG die im Arbeitszimmer vom Steuerpflichtigen erbrachten Tätigkeiten (Planung und Organisation von Besprechungs- und Beratungsterminen, Auswertung der Daten und Informationen sowie Datenweitergabe an den Arbeitgeber) nur als nachrangig an.
Hinweis
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind nur dann der Höhe nach unbeschränkt abzugsfähig, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht und das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildet. Der "Mittelpunkt" bestimmt sich nach dem inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen. Wo er liegt, kann nur im Wege einer umfassenden Wertung der Gesamttätigkeit festgestellt werden. Qualitativ liegt der Schwerpunkt einer Betätigung dort, wo der Steuerpflichtige die Handlungen vornimmt und Leistungen erbringt, die für den konkret ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind. Dem zeitlichen (quantitativen) Umfang der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers kommt dabei lediglich eine indizielle Bedeutung zu. Aus diesem Grund schließt das zeitliche Überwiegen der außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers ausgeübten Tätigkeit einen unbeschränkten Abzug der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer ebenso wenig aus wie ein zeitliches Überwiegen der Tätigkeit im Arbeitszimmer dieses bereits zum Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung macht. Dient die Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer lediglich der Vor- bzw. Nachbereitung und der Unterstützung der eigentlichen Tätigkeit, die außer Haus verrichtet wird, ist das häusliche Arbeitszimmer nicht Tätigkeitsmittelpunkt.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 31.01.2013, 10 K 1093/10