OFD Frankfurt, Verfügung vom 12.12.2022, S 2134 A - 014 - St 517
Zum notwendigen Betriebsvermögen einer gewerblich tätigen Personengesellschaft gehören nicht nur die Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens, sondern auch die im Alleineigentum eines Mitunternehmers stehenden Wirtschaftsgüter, die unmittelbar dem Betrieb der Personengesellschaft (Sonderbetriebsvermögen I) oder seiner Beteiligung an der Personengesellschaft (Sonderbetriebsvermögen II) dienen oder zu dienen bestimmt sind.
1. Einkommensteuerrechtliche Zurechnung der einem Kommanditisten gehörenden Anteile an der Komplementär-GmbH
Die BFH-Rechtsprechung rechnet die Anteile des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH dem notwendigen Sonderbetriebsvermögen II zu, weil diese Beteiligung der Stärkung der Gesellschafterstellung des Kommanditisten in der GmbH & Co. KG dient. Die GmbH-Anteile stärken die Stellung des Kommanditisten deshalb, weil dieser durch die Wahrnehmung seiner Rechte aus der Beteiligung an der Komplementär-GmbH die Möglichkeit seiner Einflussnahme auf die GmbH & Co. KG erweitert (BFH-Urteil vom 14.04.1988, BStBl II 1988, 667).
Im Hinblick auf die Auslegung des Begriffs der wesentlichen Betriebsgrundlage im Bereich des § 6 Abs. 3 EStG und der §§ 20, 24 UmwStG stellt sich dabei auch die Frage, ob die Beteiligung des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH nach der funktionalen Betrachtungsweise als wesentliche Betriebsgrundlage anzusehen ist. Dies setzt voraus, dass die Beteiligung wesentliche Grundlage für die Mitunternehmerstellung des Kommanditisten ist.
Aus der Zuordnung der Beteiligung zum Sonderbetriebsvermögen II ergibt sich zwar nicht zwangsläufig eine generelle Qualifikation der Beteiligung an der Komplementär-GmbH als funktional wesentliche Betriebsgrundlage für die Mitunternehmerstellung des Kommanditisten. Es ist jedoch nicht zu verkennen, dass in der Stärkung der Gesellschafterstellung des Kommanditisten in der KG gleichzeitig eine funktionale Bedeutung der Beteiligung für die Mitunternehmerstellung zu sehen ist. Hinzu kommt die Funktion der Haftungsübernahme durch die Komplementär-GmbH.
Die Beteiligung des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH stellt daher nur dann keine wesentliche Betriebsgrundlage für die Mitunternehmerstellung dar, wenn die durch diese Beteiligung bewirkte Stärkung der Gesellschafterstellung des Kommanditisten in der GmbH & Co. KG von wirtschaftlich untergeordneter Bedeutung ist. Maßgebend sind dabei die tatsächlichen gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse.
Ausgehend von der neueren BFH-Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 25.11.2009 – BStBl 2010 II, 471 – und BFH-Urteil vom 16.12.2009 – BStBl II 2010, 808) ergeben sich je nach Fallgestaltung folgende Beurteilungen:
1.1. Keine Beteiligung der Komplementär-GmbH am Vermögen sowie Gewinn und Verlust der KG
1.1.1. Kommanditanteil nicht größer als 50 %
Die wirtschaftliche Bedeutung der Beteiligung an der Komplementär-GmbH für den nicht mehrheitlich an der GmbH & Co. KG beteiligten Kommanditisten ergibt sich aus der mit der Gesellschafterstellung bei der GmbH verbundenen Möglichkeit der Einflussnahme auf die Geschäftsführung der GmbH, die zur Geschäftsführung der GmbH & Co. KG berufen ist, §§ 164, 116 HGB. Diese Möglichkeit der Einflussnahme ist aber nur dann wirtschaftlich von Bedeutung und begründet eine funktionale Wesentlichkeit der Beteiligung, wenn der Kommanditist die Mehrheit der Stimmrechte an der Komplementär-GmbH besitzt und hierüber in der Lage ist, seinen geschäftlichen Betätigungswillen in der GmbH & Co. KG über die GmbH umzusetzen.
Mit Urteil vom 16.04.2015 (BStBl II 2015, 705) hat der BFH entschieden, dass eine Einflussnahme jedenfalls bei einem Gesellschafter, dessen Beteiligung an der Komplementär-GmbH unter 10 % liegt, regelmäßig ausgeschlossen ist. In diesem Fall ist es, ausgehend von dem in § 47 Abs. 1 GmbHG gesetzlich normierten Regelfall, wonach die Abstimmung in der Gesellschaft nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen erfolgt, dem Gesellschafter unter keinem denkbaren Gesichtspunkt möglich, auf die Geschäftsführung der Komplementär-GmbH und damit mittelbar auf deren Geschäftsführungstätigkeit in der KG Einfluss zu nehmen.
Demgegenüber ist eine Minderheitsbeteiligung stets dem Sonderbetriebsvermögen II zuzuordnen, wenn eine Beschlussfassung nur unter Mitwirkung des Minderheitsgesellschafters möglich ist, weil eine Mehrheit von Stimmen erforderlich ist, die nur unter Einschluss der Stimmen des Minderheitsgesellschafters erreicht werden kann, oder sogar Einstimmigkeit vorgeschrieben ist.
Ist der Kommanditist aufgrund seiner Stimmrechte in der GmbH nicht in der Lage, maßgebend auf die GmbH Einfluss zu nehmen, so hat er zwar eine stärkere Stellung als ein „Nur-Kommanditist”, weil er im Rahmen seiner Gesellschafterstellung bei der GmbH bei Entscheidungen mitwirken kann, die die Geschäftsführung der GmbH & Co. KG betreffen. Gleichwohl ist diese Beteiligung wirtschaftlich von geringer Bedeutung, weil die mittelbaren Einflussnahmemöglichkeiten auf die ...