Prof. Dr. Ronald Gleich, Dr. Peter Schentler
Der Markt als (weitere) Basis
Zahlreiche Unternehmen sind mit der klassischen Konzeption von Anreizsystemen insbesondere in marktnahen Bereichen immer weniger zufrieden. Die klassische Vorgehensweise besteht darin, die spätere Leistungsbeurteilung und Vergütung im Wesentlichen davon abhängig zu machen, inwieweit die im Planungsprozess vereinbarten Ziele verfehlt, erreicht oder gar übererfüllt wurden. Durch die Vereinbarung von Mindesteinkommen und Deckelungen der Gehaltsobergrenzen wird sichergestellt, dass die betroffenen Mitarbeiter weder unter ein bestimmtes Gehaltsniveau sinken, aber auch nicht in beträchtlicher Höhe über dem üblichen Gehaltsrahmen liegen können.
Wie Unternehmen relative Ziele zur Performance-Beurteilung und Vergütung einsetzen können, erläutert das folgende Beispiel: Die "Best-Practice-AG" hat ein Umsatzwachstum von 5 % geplant und am Ende des Planungszeitraumes tatsächlich einen Umsatzzuwachs von 6 % erreicht. Mit einem klassisch gestalteten Bonus-System leistet das Unternehmen deutlich über Plan liegende Tantiemezahlungen. Die Qualität dieser (Vertriebs-)Leistung ist jedoch relativ stark davon abhängig, ob der Markt/die unmittelbaren Mitbewerber z. B. um 8 % wachsen konnten oder aber mit nur 3 % Umsatzsteigerung der "Best-Practice-AG" den Gewinn von Marktanteilen zugestehen mussten. Dieser relative Vertriebserfolg sollte aber sinnvollerweise nicht unberücksichtigt bleiben und insbesondere auch in der Vergütung Berücksichtigung finden.
Gerade in Krisenzeiten, in denen Absatz und Umsatz rapide und unvorhergesehen negativ von den Planwerten abweichen (können), sind von Mitarbeitern hohe Anstrengungen zur Sicherung des Fortbestands des Unternehmens und zur rechtzeitigen Neupositionierung für den nächsten Aufschwung von entscheidender Bedeutung und bieten zudem oft die Chance zur Verbesserung der relativen Wettbewerbsposition. Der Präsident des Verwaltungsrates eines Mittelständlers mit mehr als 1.000 Beschäftigten in der Schweiz formuliert die Notwendigkeit zur Weiterentwicklung der Vergütungssysteme wie folgt:" Die nächste konjunkturelle Krise können wir als Unternehmen nicht verhindern. Wir können jedoch durch effiziente Vergütungssysteme unser Topmanagement besser steuern und entlohnen und damit Leistung und nicht Zufall honorieren. Dies ist ein wichtiges Signal an unsere Mitarbeiter, unsere Kunden und die Bevölkerung in unserer Region."
Interne und externe Vergleichsgrößen
Die Vorgehensweise illustriert zunächst die Abb. 7. In der "klassischen Beispielsituation" vereinbart das Unternehmen bei Erreichung des budgetierten Umsatzes von 5 Mio. EUR einen Bonus von 50 TEUR zu zahlen. Dieser Bonus wird nach unten durch eine Mindestregelung von z. B. 30 TEUR abgesichert, die in jedem Fall zu zahlen ist. Eine Obergrenze für die Höhe des Bonus wird so gestaltet, dass pro EUR Umsatz über Budget weiter 1 % des über Budget liegenden Mehr-Umsatzes als Bonus ausgezahlt wird, maximal jedoch ein Betrag von 80 TEUR als Bonus insgesamt erreicht werden kann.
Abb. 7:Grundprinzip eines relativen Vergleiches
Marktadjustierte Beurteilung
Der tatsächlich erreichte Umsatz liegt nun mit 6 Mio. EUR zwar über dem vereinbarten Budget in der Höhe von 5 Mio. EUR, bleibt aber hinter der relevanten Marktentwicklung zurück. Damit ist relativ zum Markt eine Underperformance zu konstatieren, die auch entsprechend in der Vergütung Berücksichtigung bei der Orientierung an relativ (zur Marktentwicklung) formulierten Zielen findet. Rechnerisch ist dies in einfacher Form so darzustellen, dass der sich nach der klassischen Berechnung ergebende Bonus mit der relativen Marktentwicklung multipliziert wird; zur Veranschaulichung dient das Zahlenbeispiel in Abb. 8.
Der tatsächlich ausgezahlte Bonus berücksichtigt bei Verwendung relativer Zielvereinbarungen in der Basis die Plan-Übererfüllung, diese wird durch die hinter dem Wettbewerb zurückgebliebene Wachstumsdynamik aber wieder relativiert.
Abb. 8: Orientierung der Entlohnung an der Performance der Peer-Group