Die Budgetierung als zentrales Controllingprodukt betrachten
„Die Budgetierung anders denken“ – das war der zentrale Punkt des Vortrags von Axel Wachholz, CFO der Phoenix Contact Group. Er lud zu einem Perspektivenwechsel ein, bei dem der Controller zum Produktmanager und das Unternehmen zum Zielmarkt wird. Und die Budgetierung? Die wird zum „Signature Product“: ein Produkt, das jeder haben will und gerne einsetzt, dass die Erwartungen überfüllt und das maximal wirtschaftlich ist. Oft trifft Axel Wachholz das Gegenteil in Unternehmen an. Die Budgetierung wird als Ressourcenverschwendung wahrgenommen. Der Aufwand stehe nicht im angemessenen Verhältnis zum erzielbaren Steuerungsnutzen. Um in der VUCA-Welt zu bestehen, sollte der Controller anfangen, die Budgetierung unternehmensintern als Produkt zu verstehen, das kundenorientiert vermarktet, optimiert, und weiterentwickelt werden muss.
Konzernplanung wird von Teilplanungen getrennt
Um das zu erreichen, hat Axel Wachholz ein Projekt zur Einführung eines 18-monatigen rollierenden Forecasts gestartet, das die bisherige operative Planung bei der Phoenix Contact Group ablösen soll. Dabei basiert dieser Forecast auf ausgewählten Werttreibern und nutzt die Möglichkeiten von Algorithmen und perspektivisch auch der künstlichen Intelligenz. Das Risiko von Fehlsteuerungen, das die bisherige Anwendung von klassischen Absatz- oder Umsatzbudgets mit sich bringt, wird damit deutlich reduziert. In diesem Zusammenhang wird die vollintegrierte Planung abgeschafft und die Konzernplanung von operativen Teilplanungen entkoppelt. Die Konzernplanung nutzt hierbei den rollierenden Forecast, aus dem
- das Budget („Budget Extract“) für definierte Steuerungszwecke und erforderliche Gremiendiskussionen abgeleitet sowie
- Leitplanken für den Absprung in die operativen und funktionalen Teilpläne gebildet
werden. Die Konzernplanung richtet sich hierbei grundsätzlich an der strategischen Lang- und Mittefristplanung – dem „Nordstern“ – aus.
Die Treiber werden von den jeweils verantwortlichen Managern („Management Accountability“) prognostiziert, wobei Szenarien in limitiertem Umfang zulässig sind. Diese Treiber und die daraus abgeleiteten Prognosen werden dann durch das Controlling in die GuV, Bilanz und Kapitalflussrechnung sowie dem OKR-Konzept folgende KPIs überführt, woraus zu bestimmten Zeitpunkten des Jahreskalenders Planungsstände abgezogen werden können, die wiederum in Budgets überführt werden.
Umsetzung in drei Phasen über mehrere Jahre bis 2028
Mit der Realisierung der rollierenden Forecasts soll sich der Gesamtaufwand, der heute in die klassische Budgetierung fließt, um mindestens 30% reduzieren, angestrebt werden 50%. Zusätzlich wird die Präzision der für Steuerungsentscheidungen wirklich relevanten Kennzahlen erhöht und eine bessere Reaktion auf Schwankungen ermöglicht. Da die Daten-, Prozess- und Systemstruktur im Rahmen dieses Projektes unternehmensweit angepasst werden muss, kann eine Umsetzung nur in mehrere Jahre dauernden Phasen erfolgen. Es sind drei Phasen geplant, wovon die Konzeptionsphase nach rund zwei Jahren weitgehend abgeschlossen wurde. Darauf folgen die Phasen „Proof of Concept” und “Budget as a non-event”.
- Konzeption & methodischer Ansatz
Diese Phase umfasst die Erarbeitung einer Planungslogik und die Einführung von Performance Management Prozessen. Eingeführt wurde zu diesem Zweck die Planungssoftware BOARD. CAPEX und Sales Topline werden innerhalb dieser Phase bereits auf den rollierenden Forecast umgestellt. Eine schrittweise Einführung anstelle eines „Big Bangs“ verbessert Axel Wachholz zufolge die Akzeptanz und das Verständnis. Zudem werden bereits materielle Effizienzverbesserungen erreicht. - Proof of Concept – Pilot & Aufbau
In der zweiten Phase geht es um die Implementierung auf allen Ebenen, den „roll out“. Zusätzlich wird die Steuerung im Unternehmen selektiv auf relative Ziele umgestellt und um nicht-finanzielle Perspektiven erweitert, wozu auch das ESG-Reporting innerhalb der Software BOARD gehört. - Budget as a Non-Event
Ziel der letzten Phase ist es, den rollierenden Forecast auf Basis des Systems nutzen zu können und damit die Effizienz- und Steuerungsvorteile zu realisieren. Auf dieser Basis findet eine weitere Durchdringung der Prozesse mit Predictive Analytics und KI statt, die auch für die Treiberplanung angewendet werden sollen.
Fokus der Planung muss auf die Handlung gelenkt werden
Wichtigstes Take-away seines Vortrags ist, wie Axel Wachholz sagt: „Wir müssen uns wieder darauf besinnen, wofür das Budget eigentlich da ist, nämlich zur Steuerung. Das Budget ist nicht dazu da, um für jede erdenkliche Kostenart Transparenz zu schaffen und mit der Kosten-Leistungs-Rechnung zu konkurrieren. Der Fokus muss ganz klar auf die Handlung, das „so what“ gelenkt werden, nicht auf die letzte Transparenz und Varianzanalyse!“ Die Controller müssen jetzt neu überlegen, wie sie das Produkt der Budgetierung im Unternehmen platzieren. Dabei muss kontinuierlich in Frage gestellt werden, welche KPIs wirklich zur Steuerung benötigt werden. Sehr einfache Sofortmaßnahmen können hierbei, so Wachholz, auch Weglassen und nicht planen sein. „Es ist mitunter erschreckend zu sehen, dass wir uns seit mehr als 30 Jahren mit VUCA beschäftigen, die Werkzeuge zum Umgang damit aber immer noch die alten sind, die sich zwar weiterentwickelt haben, aber nie grundsätzlich neu gedacht wurden“.
Die Unternehmensgruppe Phoenix Contact
Die Phoenix Contact Group ist ein typischer Hidden Champion aus Ostwestfalen-Lippe und bietet Produkte und Lösungen zur Elektrifizierung, Vernetzung und Automatisierung vor allem für die Märkte Infrastruktur, Energie, E-Mobilität, Fabrikautomatisierung und Gebäudetechnik an. Im Jahr 2023 erzielte Phoenix Contact 3,5 Mrd. EUR Umsatz mit weltweit 20.300 Mitarbeitenden. Axel Wachholz ist seit Januar 2018 CFO der Phoenix Contact Group.