Die beschriebenen Veränderungen in den Strukturen und Abläufen der Unternehmen haben über die dadurch veränderten Anforderungen an die Artikelkalkulation Einfluss auf die Art und Weise der Kalkulation selbst. Die bisher recht einfachen Schemata für die Kalkulation von Artikelkosten müssen wesentlich erweitert werden. Die Tabellen und Formulare werden komplexer.
4.1 Die Kalkulation von Fertigungsprodukten
Grundsätzlich haben sich die Strukturen in der Kalkulation von Fertigungsprodukten nicht verändert. Sie werden jedoch detaillierter.
Materialkosten
- Bei den direkten Materialkosten werden weiterhin die Beschaffungskosten der verbrauchten Materialien in die Kalkulation einbezogen.
- Können spezifische Kosten z. B. für die Beschaffung von Material oder die Lagerung von Teilen ermittelt werden, werden diese direkt den Materialkosten zugeordnet. Dadurch erhöhen sich die direkt zu verteilenden Materialkosten in der Kalkulation.
- Die restlichen Materialgemeinkosten werden als Zuschlagssatz verrechnet. Die Basis für die Anwendung des Materialgemeinkostenzuschlagssatzes ist aber nicht mehr zwingend der Materialwert. Es kann z. B. auch das Gewicht des Materials sein, dessen Beschaffenheit oder eine manuell pro Material erfasste Gewichtung.
Kalkulation der Materialkosten für Fertigungsprodukte |
Verbrauchtes Material (Menge * Beschaffungspreise) |
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100,00 EUR |
Spezifische Transportkosten (gesicherter Transport) |
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15,00 EUR |
Materialgemeinkosten (%-Zuschlag auf Material) |
13 % |
13,00 EUR |
Summe Materialkosten |
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128,00 EUR |
Fertigungskosten
- Die Fertigungslöhne werden direkt den Fertigungsaufträgen und damit den Produkten zugeordnet.
- Die Kosten spezifischer Maschinen, die für einzelne Fertigungsaufträge ermittelt werden können, werden direkt den Produkten zugeordnet.
- Sondereinzelkosten der Fertigung werden direkt kalkuliert.
- Gemeinkosten werden für die wichtigsten Bereiche getrennt ermittelt und über spezifische Verteilschlüssel in der Kalkulation berücksichtigt. Dazu gehören auch Kosten für die Benutzung von Maschinen, die mit Maschinenstundensätzen kalkuliert werden.
- Die restlichen Gemeinkosten werden über Zuschlagssätze auf die Produkte verteilt. Die Basis für die Berechnung kann die Höhe der Fertigungslöhne sein, es sind aber auch andere Bezugsgrößen denkbar (Produktgruppe, Bearbeitungszeit, individuelle Gewichtung).
Mit der Entwicklung zu hohen Gemeinkostenblöcken und niedrigen direkten Kosten, also vorwiegend niedrigen direkten Lohnkosten, wird der Fertigungsgemeinkostensatz der traditionellen Kalkulation immer höher und damit ungenauer. Einen Weg aus dieser Situation bieten die Maschinenstundensätze. Dabei wird ausgenutzt, dass viele Kosten nicht mehr direkt bezüglich eines Produkts, sondern direkt bezüglich der Nutzungszeit der Maschine anfallen. Der Maschinenstundensatz wird errechnet, indem die Summe aller variablen, von der Leistung der Maschine abhängigen Kosten (z. B. variable Abnutzung, Energie, Werkzeugverbrauch, Wartungskosten, Lohnkosten der Maschinenbediener) ermittelt und durch die gesamten Leistungsstunden dividiert werden. Wird jetzt in der Produktion festgehalten, wie lange die Maschinen für die Herstellung eines Produkts genutzt wurde, können die Kosten dafür direkt zugeordnet werden. Der Block der zu verteilenden Gemeinkosten wird geringer.
Kalkulation der Fertigungskosten für Fertigungsprodukte |
Fertigungslöhne (Minuten * Minutensätze) |
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14,00 EUR |
Kosten Bearbeitungszentrum (2 Minuten * 75 EUR Maschinenstundensatz) |
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2,50 EUR |
Sondereinzelkosten (besondere Werkzeugkosten) |
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0,75 EUR |
Gemeinkosten Bereich Sägen (% von Fertigungslöhnen) |
75 % |
10,50 EUR |
Gemeinkosten Bereich Montage (% von Kosten Bearbeitungszentrum) |
300 % |
7,50 EUR |
Gemeinkosten Restbereiche (% von Gemeinkosten Sägen + Montage) |
100 % |
18,00 EUR |
Summe Fertigungskosten |
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53,25 EUR |
Komplexe Kalkulation
Es wird klar, dass die Kalkulation selbst auch wesentlich komplexer wird. Die Ermittlung der Verteilungen und differenzierten Zuschlagssätze bedingt die Ermittlung umfangreicher Informationen. Auch muss während der laufenden Produktion ein höherer Aufwand getrieben werden für die Aufschreibung der Istwerte.
Vertriebskosten
- Im Vertrieb entstehen für einzelne Produkte Sondereinzelkosten in Form von Provisionen, Promotionsaufwendungen und Ähnlichem. Diese werden direkt in die Kalkulation übernommen.
- Viele Gemeinkosten im Vertrieb können prozessbezogen verteilt werden. Teilt sich der Vertriebsprozess z. B. in die Teilprozesse Information, Angebot, Auftrag und Versand, können für diese Abläufe jeweils eigene Gemeinkostenschlüssel verwendet werden.
- Die restlichen Gemeinkosten werden mithilfe von Zuschlagssätzen verteilt. Ob dabei die Herstellkosten eine wirklich sinnvolle Basis bilden, ist in der Praxis eher unwahrscheinlich. Daher sollten andere Bezugsgrößen wie die Verkaufspreise, die Produktgruppe oder eine individuelle Einschätzung gewählt werden.
Verwaltungskosten
- Ein Teil der Verwaltungsgemeinkosten kann spezifischen Produkten oder Produktgruppen zugeordnet werden. Wird z. B. ein Produkt nur an Großk...