Sarah Müller, Prof. Dr. Stefan Müller
Rz. 6
Die CSRD unterteilt die Anwendung in folgenden Klassen:
- Für die kapitalmarktorientierten Unternehmen gilt nach der CSRD eine Pflicht zur Anwendung der neuen Vorgaben für am oder nach dem 1.1.2024 beginnende Geschäftsjahre, soweit sie bereits jetzt nach § 289b HGB zur Abgabe einer nichtfinanziellen Erklärung verpflichtet sind. Hier ergibt sich durch die hochwahrscheinliche Nichtumsetzung bis zum 31.12.2024 ins HGB für deutsche Unternehmen das Problem, dass die gesetzliche Grundlage für die Nachhaltigkeitsberichterstattung für das kalenderjahrgleiche Geschäftsjahr 2024 nicht vorliegt. Damit bleibt es bei der Pflicht zur nichtfinanziellen Berichterstattung, da es ansonsten zu einer unbilligen Rückwirkung kommen würde. Für den konkreten Fall bedeutet dies, dass die schon bisher zur nichtfinanziellen Berichterstattung verpflichteten Unternehmen auch für das Jahr 2024 eine nichtfinanzielle Erklärung oder einen nichtfinanziellen Bericht nach den aktuell geltenden §§ 289b ff. HGB bzw. im Konzern nach §§ 315b ff. HGB zu erstellen haben. Da die neue Prüfpflicht für einen Nachhaltigkeitsbericht noch nicht im HGB verankert ist, bleibt es auch bei der bisherigen Regelung: "Im Hinblick auf die Vorgaben nach den §§ 289b bis 289e und den §§ 315b und 315c ist nur zu prüfen, ob die nichtfinanzielle Erklärung oder der gesonderte nichtfinanzielle Bericht, die nichtfinanzielle Konzernerklärung oder der gesonderte nichtfinanzielle Konzernbericht vorgelegt wurde" (§ 317 Abs. 2 Satz 4 HGB). Die inhaltliche Prüfung obliegt dem Aufsichtsrat, der allerdings einen Wirtschaftsprüfer für diese Prüfung zusätzlich hinzuziehen kann. Die Berichtspflicht kann erst für die Unternehmen einsetzen, deren Geschäftsjahr bei Inkrafttreten des CSRD-UmsG noch nicht abgeschlossen ist, d. h. falls eine Umsetzung z. B. im Juni 2025 gelingt, könnten die Geschäftsjahre betroffen sein, die vom 1.7.2024–30.6.2025 laufen.
- Für alle anderen kapitalmarktorientierten KMU (also unter 500 Beschäftigte im Jahresdurchschnitt bzw. nicht als groß nach § 267 Abs. 3 HGB klassifiziert) haben – mit Ausnahme der Kleinstkapitalgesellschaften – ab dem Geschäftsjahr 2026 zu berichten.
- Alle großen Kapitalgesellschaften und alle zur Konzernrechnungslegung verpflichteten Unternehmen haben die Erstanwendung ab dem Geschäftsjahr 2025 vorzunehmen. Eine Verschiebung dieses Termins durch die verpätete Umsetzung der CSRD ist kaum wahrscheinlich, da bereits viele Mitgliedstaaten die CSRD pünktlich umgesetzt haben. Spätestens bei dieser Gruppe von anwendungspflichtigen Unternehmen hätten Verschiebungen dann auch erhebliche Folgen durch nicht eindeutig mögliche Befreiungen durch die Einbeziehung in eine konsolidierte Nachhaltigkeitsberichterstattung. So könnte z. B. ein französiches Tochterunternehmen nicht von der Nachhaltigkeitsberichterstattungspflicht befreit werden, wenn das deutsche Mutterunternehmen keine CSRD-konforme Konzernnachhaltigkeitsberichterstattung erstellt.
- Mittelbar betroffene KMU können während einer Übergangszeit von 3 Jahren Angaben verweigern.
- Auch außereuropäische Unternehmen sind zur Vorlage eines Nachhaltigkeitsberichts verpflichtet, soweit diese Unternehmen einen Nettoumsatz von 150 Mio. EUR in der EU erzielen und mindestens eine Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung in der EU haben. Diese Unternehmen müssen einen Bericht über ihre ESG-Auswirkungen vorlegen, insbesondere über ökologische, soziale und Governance-Auswirkungen, wie in dieser Richtlinie definiert.
Abzuwarten bleibt, ob die Erleichterung für mittelbar betroffene KMU wirklich eine Wirkung entfaltet. Es ist davon auszugehen, dass gerade auch unter dem Eindruck der sich intensivierenden "Green Washing"-Bekämpfung verpflichtete Unternehmen nur sehr ungern lückenhaft mit Bezug auf § 19 Abs. 3 CSRD berichten wollen. In Konsequenz werden entweder KMU in der Lieferkette durch Unternehmen ersetzt, die die Daten liefern können bzw. müssen, oder sie müssen trotz der Erleichterung schon frühzeitiger selber die Daten generieren.
Für Tochterunternehmen sollen weitreichende Befreiungen gelten. Wer in einen Konzernnachhaltigkeitsbericht nach der CSRD einbezogen wurde, braucht nicht selber den Lagebericht um einen Nachhaltigkeitsbericht zu erweitern. Diese Erleichterung ist deutlich weitergehender, als etwa die Befreiung nach § 264 Abs. 3 und 4 HGB bzw. § 264b HGB. Die EU-Kommission stellt unter anderem in Frage 20 der FAQ klar, dass für die Befreiung eines Tochterunternehmens der konsolidierte Nachhaltigkeitsbericht nicht zeitgleich vorliegen muss. Das befreite Tochterunternehmen muss in seinem eigenen Lagebericht auf eine Website verweisen, auf der der konsolidierte Bericht zukünftig zur Verfügung stehen wird. Allerdings wird dies insoweit wieder etwas eingefangen, als ESRS 1.103 bei erheblichen Unterschieden zwischen den wesentlichen Auswirkungen, Risiken oder Chancen auf Gruppenebene und den wesentlichen Auswirkungen, Risiken oder Chancen eines oder mehrerer seiner Tochterunternehmen eine eine angemes...