Leitsatz
Bezieht ein nicht beherrschender Gesellschafter, der aber zugleich leitender Angestellter der GmbH ist, neben einem hohen Festgehalt, Sonderzahlungen und einer Gewinntantieme zusätzlich Zuschläge für Sonntags-, Feiertags-, Mehr- und Nachtarbeit, so können diese in Anlehnung an die ständige Rechtsprechung des BFH zur Qualifizierung derartiger Zuschläge an Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund einer Gesamtwürdigung als vGA bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen und nicht als steuerfreie Einnahmen bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zu erfassen sein.
Normenkette
§ 1 57 Abs. 2 1. Halbs. AO, § 3b, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG, § 68 Satz 1 FGO
Sachverhalt
Die Kläger wurden in den Streitjahren 1988 bis 1991 als Eheleute zusammen zur ESt veranlagt.
Der Kläger ist mit 80 % als Gesellschafter-Geschäftsführer und die Klägerin zu 20 % als angestellte Marketing-Kauffrau in den Streitjahren an der P-GmbH beteiligt gewesen. Die Klägerin bezog ein pauschales Monatsgehalt von 7.500 DM und war zu gelegentlicher Nacht-, Mehr-, Sonn- und Feiertagsarbeit neben der wöchentlichen Arbeitszeit von zuletzt 45 Stunden verpflichtet. Sie erhielt außerdem eine freiwillige Sonderzahlung.
Im Anschluss an eine Außenprüfung erfasste das FA die steuerfrei an die Klägerin gezahlten Nacht- und Feiertagszuschläge als vGA bei deren Einkünften aus Kapitalvermögen. Das FG wies die Klage ab, weil nicht hinreichend zwischen regelmäßiger und zusätzlicher Arbeitszeit differenziert worden sei, sodass § 3b EStG schon deshalb nicht eingreife. Der BFH hob das Urteil wegen fehlender Feststellungen auf und verwies die Sache an das FG zurück.
Entscheidung
Nach der BFH-Rechtsprechung genüge es, wenn neben der regelmäßigen Vergütung Zuschläge für tatsächlich geleistete Sonn-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt werden. Indes habe das FG nicht festgestellt, ob überhaupt zusätzliche Zuschläge vereinbart worden seien.
Fehle ein vertraglicher Anspruch, so lägen bereits aus diesem Grund vGA vor. Andernfalls müsse das FG noch Feststellungen dazu treffen, ob die Klägerin leitende Angestellte gewesen sei und unter Berücksichtigung ihrer herausgehobenen Funktion, ihrer finanziellen Gesamtausstattung und der evtl. fehlenden Vergleichbarkeit ihrer Tätigkeiten und Stellung mit derjenigen der anderen Arbeitnehmer, für die ebenfalls Zuschläge gezahlt worden sein sollen, in Anlehnung an die Rechtsprechung zu den Gesellschafter-Geschäftsführern die Zuschläge als vGA umzuqualifizieren seien.
Der BFH weist vorsorglich, sofern nicht bereits danach vGA vorliegen, auf die Notwendigkeit hin, die Annahme von vGA auch unter zwei weiteren rechtlichen Aspekten zu prüfen. Zum einen könnten wegen einer beherrschungsähnlichen Situation die besonderen, strengeren Maßstäbe für beherrschende Gesellschafter anzuwenden sein. Zum anderen könnte auch die Gewährung von Vermögensvorteilen an die Klägerin als nahe stehende Person in Betracht kommen. Dann allerdings sei der Vermögensvorteil dem Kläger zuzurechnen, was im Rahmen der Prüfung des Zusammenveranlagungsbescheids zulässig sei.
Ob die seinerzeit vom BMF im Schreiben vom 28.9.1998, BStBl I 1998, 1194 wegen der geänderten Rechtsprechung des BFH zur steuerrechtlichen Qualifizierung der Zuschläge als VGA erlassene Übergangsregelung im Streitfall anwendbar wäre, ist wegen der Zweigleisigkeit des Verfahrens nicht im Rahmen der Anfechtung der Steuerfestsetzung nachprüfbar.
Hinweis
1. Der I. Senat und ihm folgend der VIII. Senat des BFH beurteilen Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit an Gesellschafter-Geschäftsführer in aller Regel nicht als nach § 3b EStG steuerfreie Einnahmen bei deren Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, sondern als vGA, die bei dem Gesellschafter als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern sind (grdl. BFH, Urteil vom 19.3.1997, I R 75/96, BStBl II 1997, 577; Anschluss des VIII. Senats im Urteil vom 16.3.2004, VIII R 33/02, BFH-PR 2004, 374).
2. Diese Grundsätze gelten gleichermaßen für beherrschende wie für nicht beherrschende Gesellschafter. Allerdings hat der I. Senat seine Rechtsprechung modifiziert und neben einem Festgehalt gezahlte Zuschläge nicht ausnahmslos als vGA qualifiziert.
Derartige Ausnahmen hat er aufgrund eines betriebsinternen Fremdvergleichs erwogen, wenn die Zuschläge auch mit vergleichbaren gesellschaftsfremden Personen vereinbart worden sind (BFH, Urteil vom 14.7.2004, I R 111/03, BFH-PR 2004, 481).
3. Ob eine Vereinbarung zwischen einer GmbH und ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer ausschließlich betrieblich oder – stattdessen oder zugleich – durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, muss in erster Linie das FG als Tatsacheninstanz anhand aller Umstände des konkreten Einzelfalls beurteilen. Der BFH kann dessen Würdigung im Revisionsverfahren nur nach Maßgabe des § 118 Abs. 2 FGO eingeschränkt nachprüfen.
4. Der BFH hat im Rahmen der Angemessenheit der Bezüge anderer leitender Angestellter, die zugleich Gesellschafter sind, vereinzelt ebenfalls die Maßstäbe für G...