Leitsatz
Eine bestandskräftige Kindergeldablehnung ist nach § 70 Abs. 4 EStG aufzuheben, wenn die Einkünfte und Bezüge des Kindes den Grenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG entgegen einer früheren Prognoseentscheidung der Familienkasse unterschreiten.
Sachverhalt
Der volljährige Sohn des Klägers befand sich im Jahr 2003 in Ausbildung. Die Familienkasse hat mit Bescheid vom 18. 12. 2003 die Festsetzung des Kindergeldes für das Jahr 2003 abgelehnt, da nach den vorliegenden Unterlagen die Einkommensgrenze für das Jahr 2003 überschritten werde. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig. Am 27. 5. 2005 beantragte der Kläger unter Hinweis auf die Entscheidung des BVerfG vom 11. 1. 2005 die Korrektur des Ablehnungsbescheids und die rückwirkende Auszahlung des Kindergelds für das Jahr 2003. Dieser Antrag wurde von der Familienkasse mit dem Hinweis auf die Bestandskraft des Bescheids vom 18. 12. 2003 abgelehnt.
Entscheidung
Gemäß § 70 Abs. 4 EStG ist eine Kindergeldfestsetzung aufzuheben oder zu ändern, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Einkünfte und Bezüge des Kindes den Grenzbetrag nach § 32 Abs. 4 EStG über- oder unterschreiten. Die Vorschrift soll sicherstellen, dass eine Kindergeldfestsetzung für ein volljähriges Kind auch nach Ablauf des Kalenderjahres korrigiert werden kann, wenn die Einkünfte und Bezüge des Kindes den Grenzbetrag nach § 32 Abs. 4 EStG entgegen einer früheren Prognoseentscheidung über- oder unterschreiten. Die Tatsache, dass der bestandskräftige Ablehnungsbescheid zum Ende des Prognosezeitraums (18. 12. 2003) erlassen worden ist, ändert nichts daran, dass es sich um eine Entscheidung während des Prognosezeitraums handelt. Obwohl die Familienkasse in der Lage gewesen wäre, bereits am 18. 12. 2003 die tatsächliche Höhe der Einkünfte und Bezüge des Sohnes festzustellen, handelt es sich um eine Entscheidung während des Anspruchsjahres mit der Folge, dass diese Entscheidung sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht den Charakter der Vorläufigkeit in sich trägt (FG Düsseldorf, Urteil v. 12. 1. 2006, 14 K 4078/05 Kg). Über § 70 Abs. 4 EStG wird somit eine Berichtigungsmöglichkeit eröffnet, soweit eine bestandskräftige Kindergeldfestsetzung vorliegt, die vor oder während des Prognosezeitraums getroffen wurde.
Hinweis
Die vorstehende Entscheidung, gegen die die Revision zugelassen und auch inzwischen eingelegt wurde (Az. beim BFH: III R 48/06) entspricht im Ergebnis den Urteilen des FG Düsseldorf vom 12. 1. 2006 (14 K 4078/05 Kg, Az. beim BFH: III R 6/06 und 14 K 4361/05 Kg, Az. beim BFH: III R 9/06), vom 5. 4. 2006 (14 K 4432/05 Kg, Az. beim BFH: III R 34/06) sowie den Urteilen des FG Münster vom 22. 3. 2006 (10 K 1105/04 Kg, Az. beim BFH: III R 37/06) und vom 24. 3. 2006 (11 K 4391/05 Kg, Az. beim BFH: III R 35/06).
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil vom 17.05.2006, 15 K 9/06