Leitsatz
1. Eine Rückstellung ist in der Steuerbilanz auch dann zu bilden, wenn sie in der Handelsbilanz zu Unrecht nicht gebildet worden ist.
2. Ein unrichtiger Bilanzansatz ist grundsätzlich in derjenigen Schlussbilanz zu korrigieren, in der er erstmals aufgetreten ist. Eine Nachholung der Korrektur nach dem Grundsatz des "formellen Bilanzenzusammenhangs" kommt nur in Betracht, wenn und soweit die Schlussbilanzen für vorangegangene Jahre Grundlagen für Steuerbescheide sind, die aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr geändert werden dürfen (Anschluss an BFH-Urteil vom 16.5.1990, X R 72/87, BStBl II 1990, 1044).
3. Ein Rechtsgeschäft zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer kann als vGA gewertet werden, wenn es in der Bilanz der Gesellschaft nicht zutreffend abgebildet wird und ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter den Fehler bei sorgsamer Durchsicht der Bilanz hätte bemerken müssen.
Normenkette
§ 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1, § 6a Abs. 4 Satz 1 EStG, § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG
Sachverhalt
Die Klägerin war eine GmbH, deren einziger Gesellschafter und Geschäftsführer in den Streitjahren (1995 bis 1997) X war. Sie hatte X im Jahr 1987 für die Zeit nach Vollendung des 65. Lebensjahrs eine Altersversorgung i.H.v. 5.000 DM monatlich zugesagt. Die steuerliche Berücksichtigung dieser Pensionszusage ist nicht im Streit.
Am 15.12.1995 beschloss die Gesellschafterversammlung der Klägerin eine Änderung der Pensionszusage dahin, dass X nunmehr statt 5.000 DM jeweils 7.500 DM monatlich erhalten sollte. Im Zeitpunkt der Beschlussfassung war X 56 Jahre und 7 Monate alt. In ihren Handels- und Steuerbilanzen auf den 31.12.1995 und den 31.12.1996 bildete die Klägerin Pensionsrückstellungen, die auf der Grundlage von Versorgungsleistungen i.H.v. (nur) 5.000 DM monatlich berechnet waren. Den auf den Erhöhungsbetrag von 2.500 DM monatlich entfallenden Rückstellungsbetrag führte sie der Pensionsrückstellung erstmals in ihren Bilanzen auf den 31.12.1997 zu, wobei sie die Zuführungen für die Vorjahre nachholte.
Das FA ging im Anschluss an eine Außenprüfung davon aus, dass die Vereinbarung über die Erhöhung der Versorgungsbezüge in den Jahren 1995 und 1996 nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Es behandelte deshalb die Zuführungen zur Pensionsrückstellung insoweit, als sie schon in den Bilanzen für jene Jahre hätten erfolgen müssen, als vGA. Die u.a. deswegen erhobene Klage hat das FG im Streitpunkt abgewiesen (EFG 2005, 1796).
Entscheidung
Der BFH gab dem FG recht.
Für eine Nachholung der unterlassenen Pensionsrückstellung in 1997 gebe es keinen Grund. Vielmehr seien die Bilanzen für 1995 und 1996 zu berichtigen; die einschlägigen Steuerbescheide seien noch offen.
Allerdings führe die erhöhte Pensionspassivierung zu keiner Gewinnreduktion. Denn der Unterschiedsbetrag würde im Weg von vGA ausgeglichen. Der Umstand, dass der Alleingesellschafter die unterlassene Rückstellungszuführung "übersehen" habe, lasse im Sinn des Klarheitsgebots zwischen Kapitalgesellschaft und beherrschendem Gesellschafter auf eine gesellschaftliche Veranlassung der Erhöhungszusage rückschließen.
Hinweis
1. Im Grunde wiederholt der BFH nur Altbekanntes zur Frage der Bilanzberichtigung bei unrichtigem Bilanzausweis im Allgemeinen und zum sog. formellen Bilanzenzusammenhang im Besonderen:
Die notwendige Bilanzkorrektur ist im ersten noch offenen Steuerbescheid vorzunehmen und hier der materiellen Rechtslage anzupassen. Das mag man kritisieren, entspricht aber ständiger Rechtsprechung und wird, wie gesagt, ein weiteres Mal vom BFH aufgegriffen und bestätigt, und zwar in concreto für eine Pensionsrückstellung gem. § 6a EStG, die gleichermaßen jenen Bilanzierungs- und Berichtungsgrundsätzen unterfällt.
2. Ergänzend, nicht aber wirklich neu wird lediglich angemerkt, dass besagter Bilanzfehler aus Handelsrecht, ebensogut jedoch aus Steuerrecht resultieren kann. An den besagten Korrekturnotwendigkeiten ändert sich nichts.
3. Interessant ist der Schlussaspekt des Urteils, der einmal mehr Aussagen zur vGA enthält:
Es ging, wie gesagt, um den unrichtigen Ausweis einer Versorgungszusage zugunsten des alleinigen Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft. Diese Versorgungszusage war erheblich angehoben worden, was sich bilanziell zunächst aber nicht niederschlug: Die Versorgungsanhebung fand sich in der Pensionsrückstellung gem. § 6a EStG nicht wieder.
Der Gesellschafter hatte den Jahresabschluss gleichwohl unterschrieben und das Fehlen der betraglich ins Gewicht fallenden Versorgungserhöhung nicht "bemerkt".
Der BFH sieht darin ein Indiz dafür, dass die Erhöhung der Pensionszusage nicht von Anfang an in jener strikten Weise durchgeführt worden ist, wie dies in ebenfalls ständiger Rechtsprechung im Rahmen des sog. Klarheitsgebots der Kapitalgesellschaft im Verhältnis zu ihrem beherrschenden Gesellschafter abverlangt wird.
Frei nach dem Motto, ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte den Bilanzierungsfehle...