Leitsatz
Eine Bilanzberichtigung kann nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG nur der Steuerpflichtige selbst vornehmen. Fehlerhafte Bilanzansätze sind grundsätzlich erfolgswirksam zu berichtigen, wenn sich auch der Bilanzierungsfehler erfolgswirksam ausgewirkt hat. Erhöht sich aufgrund der Berichtigung eines fehlerhaften Bilanzansatzes die Bemessungsgrundlage für die Tantieme, hat eine Zuführung zur Tantiemerückstellung zu erfolgen bzw. muss diese geändert werden.
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH und handelt mit Waren aller Art, insbesondere mit Audio- und Computer-Software. Sie vertreibt vornehmlich Tonträger. Die Klägerin schloss mit ihrem einzelvertretungsberechtigten Alleingesellschafter-Geschäftsführer einen Geschäftsführervertrag, in dem ein festes Jahresgehalt vereinbart wurde. Die im Vertrag geregelten Tantiemevereinbarungen sehen u.a. vor, dass nachträgliche Änderungen der Handelsbilanz, insbesondere auf Grund abweichender steuerlicher Veranlagung, nicht zu berücksichtigen sind. Die Tantiemevereinbarung wurde am 3.1.1994 wie folgt geändert: "Zur Abgeltung der qualifizierten Mitarbeit des Geschäftsführers wird des Weiteren eine gestaffelte Tantieme in folgender Höhe vereinbart: … bei einem Gewinn vor Tantieme und Steuern von über 100.000 DM 45 % des Gewinns. Gewinn ist der Jahresüberschuss vor Tantieme und allen ertragsabhängigen Steuern und allen ertragsabhängigen öffentlichen Abgaben sowie nach Abzug eines Verlustvortrages. Der auf den Gewinn anzuwendende Prozentsatz richtet sich allein nach der Stufe, in die der Gewinn fällt." In der Zeit vom 19.6.2000 bis 4.5.2001 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch, die unter anderem das Jahr 1995 betraf. Der Betriebsprüfer stellte fest, dass Forderungen aus Warenlieferungen in Höhe von 358.716,49 DM, die in 1996 gebucht worden waren, in 1995 hätten erfolgswirksam aktiviert werden müssen, da die Waren in 1995 geliefert worden waren. Dieser Sachverhalt ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Die vom Kläger beim Finanzamt eingereichten berichtigten Steuererklärungen enthalten eine erstmalig gebildete Tantiemerückstellung in Höhe von 131.503 DM.
Entscheidung
Der Beklagte hat bei der Ermittlung des Einkommens zu Unrecht die erfolgswirksame Bildung einer Tantiemerückstellung in Höhe von 131.503 DM, korrigiert um die Verminderung der entsprechenden Gewerbesteuerrückstellung, nicht berücksichtigt, da es sich bei der Tantiemerückstellung um eine Pflichtrückstellung gem. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB handelt, die auch steuerrechtlich (§ 5 Abs. 1 EStG) zu einer Passivierungspflicht führt (BFH, Urteil v. 5.2.1987, IV R 81/84, BStBl 1987 II S. 845). Entgegen der Auffassung des Beklagten konnte die Klägerin die Bilanz zum 31.12.1995 auch noch nach Abschluss der Betriebsprüfung und vor Bestandskraft der hierauf ergangenen Änderungsbescheide gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG berichtigen. Danach darf der Steuerpflichtige seine Vermögensübersicht auch nach Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften des EStG nicht entspricht (Bilanzberichtigung).
Hinweis
Im Streitfall entsprach die Vermögensübersicht zum 31.12.1995, die die Klägerin mit ihrer Körperschaftsteuererklärung am 8.11.1996 eingereicht hatte, insbesondere im Hinblick auf die nicht aktivierten Forderungen in Höhe von 358.716,49 DM und die nicht passivierte Tantiemerückstellung in Höhe von 131.503 DM nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung und war entsprechend zu berichtigen. Dabei führte die durch die Aktivierung der Forderungen erfolgte Erhöhung des Handels- und Steuerbilanzgewinns auf der Grundlage des zwischen der Klägerin und ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer abgeschlossenen Geschäftsführervertrages (§ 7 Abs. 3) zur Entstehung des Tantiemeanspruchs des Gesellschafter-Geschäftsführers, dem die Klägerin durch Zuführung zur Tantiemerückstellung in ihrer berichtigten Bilanz entsprochen hat.
Link zur Entscheidung
FG Hamburg, Urteil vom 10.11.2005, V 54/02