Leitsatz
Wird bei der Veräußerung landwirtschaftlich genutzter Flächen im Rahmen einer Betriebsaufgabe eine nachträgliche Kaufpreiserhöhung für den Fall vereinbart, dass die Flächen Bauland werden, so erhöht die Nachzahlung den steuerbegünstigten Aufgabegewinn im Kalenderjahr der Betriebsaufgabe.
Normenkette
§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, § 14, § 6 Abs. 2, § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG
Sachverhalt
Ein Landwirt hatte seinen landwirtschaftlichen Betrieb kurz nach dem Verkauf einer größeren Fläche an seine Ehefrau verpachtet und dann dem FA gegenüber die Betriebsaufgabe erklärt. In dem Kaufvertrag war vereinbart, dass der Erwerber einen "Mehrwert auszugleichen" habe, wenn weitere Teile des Grundstücks Bauland werden sollten. Im Folgejahr trat dieser Umstand ein, und der Erwerber musste aufgrund eines weiteren notariellen Vertrags einen zusätzlichen Betrag von ca. 1,3 Mio. DM zahlen.
Das FA behandelte die Zahlung als Bestandteil des begünstigten Aufgabegewinns, während der Landwirt von einer nicht steuerbaren Vermögensmehrung ausging. Dieser Auffassung wollte sich das FG nicht anschließen und wies die Klage ab.
Entscheidung
Der BFH war im Ergebnis derselben Meinung.
Es brauche wegen des Verböserungsverbots nicht geprüft zu werden, ob die Grundstücksveräußerung etwa vor der Betriebsaufgabe erfolgt sei und deshalb nicht zu begünstigten Einkünften, sondern zu einem laufenden Gewinn geführt habe. Sei der Veräußerungsgewinn danach als Bestandteil des Aufgabegewinns zu erfassen, müsse er um den nachträglich zu zahlenden Mehrbetrag erhöht werden. Spätere Veränderungen des Kaufpreises wirkten auf das Veräußerungsgeschäft und damit die Betriebsaufgabe zurück.
Hinweis
1. Die Entscheidung ergänzt die Rechtsgrundsätze zur Behandlung von Änderungen eines betrieblichen Veräußerungspreises, die vom Großen Senat des BFH in seinem Beschluss vom 19.7.1993, GrS 2/92 (BStBl II 1993, 897) aufgestellt worden sind. Die Grundsätze werden nun auch auf Aufgabegewinne erstreckt. Änderungen an den einzelnen Bestandteilen des Aufgabegewinns wirken deshalb ebenso auf den Aufgabezeitpunkt zurück wie Änderungen bei Bestandteilen des Veräußerungspreises.
Allerdings will der BFH ausdrücklich nicht von der Entscheidung im Urteil vom 1.4.1998, X R 105/95 (BStBl II 1998, 569) abrücken, wonach ein nach der Aufgabe eingetretener Altlastenverdacht nicht zur Änderung des Aufgabegewinns führt. Den Unterschied zu jenem Fall sieht der BFH hier darin, dass der Mehrkaufpreis bereits Gegenstand des ursprünglichen Kaufvertrags gewesen war.
2. Verfahrensrechtlich wird die Änderung des Kaufpreises im Zusammenhang mit einem Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn jedenfalls über § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO sichergestellt. Die Kaufpreisänderung ist ein Ereignis, das rückwirkend Einfluss auf den Veräußerungsgewinn nimmt. Im hiesigen Fall hatte das FG sich dementsprechend auch auf § 175 AO bezogen. Allerdings stand der ESt-Bescheid für das Jahr des Aufgabegewinns noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. § 164 Abs. 2 AO gestattet während der Geltung des Vorbehalts eine Anpassung des Bescheids ohne weitere Voraussetzungen. Dies sieht der BFH gegenüber der Änderung nach § 175 AO als vorrangig an. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO greift erst ein, wenn eine Änderung nach anderen Korrekturvorschriften nicht mehr möglich ist.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 31.8.2006, IV R 53/04