Leitsatz
Aufwendungen für den Einbau neuer Gegenstände in vorhandene Installationen eines Wohnhauses können nur dann zu Herstellungskosten gem. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB führen, wenn sie eine deutliche Erweiterung seines Gebrauchswerts (wesentliche Verbesserung) zur Folge haben.
Normenkette
§ 255 Abs. 1, 2 HGB , § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG , § 21 Abs. 1 EStG
Sachverhalt
Der Kläger erwarb ein Mehrfamilienhaus. Von den drei Wohnungen des Hauses stand eine im Zeitpunkt des Erwerbs leer, zwei waren vermietet, eine davon mit Kündigung zum 1.2.1990. Für Baumaßnahmen wandte der Kläger im Jahr 1990 54314 DM, im Jahr 1991 45664 DM und im Jahr 1992 26625 DM auf, um die gesamten Wasserleitungen, den morschen Putz und das Mauerwerk, die gesamten Elektroleitungen, den Bodenbelag und die Fußleisten sowie Fenster und Türen einschließlich Auffütterung zu erneuern. Ferner wurden ein größerer Sicherungskasten und eine Türsprechanlage eingebaut, das Flachdach und die Balkone isoliert und die Balkongeländer, Heizkörper und Bäder erneuert.
Das FA behandelte die Aufwendungen entgegen der Einkommensteuererklärung nicht als Erhaltungsaufwendungen, sondern als (anschaffungsnahe) Herstellungskosten. Der dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage gab das FG statt.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH hat das FG die streitigen Aufwendungen zu Recht zum Abzug als Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zugelassen.
Nach den gem. § 118 Abs. 2 FGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG hätten die streitigen Aufwendungen für die leer stehende und die kurzfristig gekündigte Wohnung übliche, regelmäßig wiederkehrende Instandsetzungsarbeiten betroffen, durch die der Nutzungswert der betroffenen Installationen oder der Fenster nicht deutlich erhöht worden sei.
Für die Annahme einer wesentlichen Verbesserung der Elektroleitungen durch Anpassung an bestehende Sicherheitsvorschriften fehlten im Streitfall Anhaltspunkte für einen Verstoß der Anlagen gegen solche Vorschriften. Auch die Kosten der eingebauten Sprechanlage seien keine Anschaffungskosten gem. § 255 Abs. 1 HGB, weil sie als lediglich kleinerer Einbau nicht der Herstellung der Betriebsbereitschaft des Gebäudes diene. Sie seien des Weiteren keine Herstellungskosten gem. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB unter dem Gesichtspunkt der Erweiterung, weil sie keine deutliche Erweiterung seines Gebrauchswerts und damit keine Verbesserung zur Folge gehabt hätten. Ähnliches gelte für die Verbesserung der Elektro- und Sanitärinstallation: Zusätzliche Anschlüsse, besondere Leitungen oder zwei statt bisher ein Waschbecken, eine zusätzliche Dusche oder funktionstüchtigere Armaturen seien nicht unter dem Gesichtspunkt der Erweiterung, sondern nur unter dem der wesentlichen Verbesserung zu würdigen. Andernfalls liefe dieses Merkmal in diesem Bereich weitgehend ins Leere.
Hinweis
Aufwendungen zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind dann nicht als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) sofort abziehbar, wenn es sich um Anschaffungs- oder Herstellungskosten nach Maßgabe des § 255 HGB handelt. Dazu gehören Aufwendungen nicht schon wegen ihrer Höhe oder ihrer Nähe zur Anschaffung des Gebäudes (vgl. BFH, Urteil vom 12.9.2001, IX R 39/97, BFH-PR 2002, 281).
1. Anschaffungskosten nach § 255 Abs. 1 HGB sind Aufwendungen für den Erwerb eines Vermögensgegenstands und dessen Versetzung in einen betriebsbereiten Zustand sowie die Nebenkosten und nachträglichen Anschaffungskosten.
a) Die Betriebsbereitschaft eines Wohngebäudes wird durch Aufwendungen hergestellt, mit denen der vom Eigentümer angestrebte Standard der Wohnnutzung (sehr einfach, mittel oder sehr anspruchsvoll) – vor deren Beginn – erreicht werden soll. Eine zu Anschaffungskosten führende Steigerung des Wohnstandards setzt dabei die wesentliche Verbesserung der Ausstattung einer Wohnung in ihren Kernbereichen voraus. Dementsprechend muss deren Nutzungswert durch die im Einzelfall getroffenen Baumaßnahmen bei mindestens drei der Bereiche Heizung, Sanitär- und Elektroinstallation sowie Fenster deutlich gesteigert werden.
Reparatur oder auch Ersetzung des Vorhandenen durch Gleichwertiges in zeitgemäßer Form genügt diesen Anforderungen nicht und führt deshalb lediglich zu sofort abziehbaren Erhaltungsaufwendungen.
b) Bei Nutzung des Mietwohngrundstücks ab dem Zeitpunkt des Erwerbs ist die Betriebsbereitschaft nach Maßgabe der Zweckbestimmung des Erwerbers als gegeben anzusehen, so dass spätere Bauaufwendungen nicht mehr der Herstellung eines betriebsbereiten Zustands dienen (vgl. BFH, Urteil vom 12.9.2001, IX R 52/00, BFH-PR 2002, 282), sondern nur sofort abziehbare Werbungskosten oder Herstellungskosten gem. § 255 Abs. 2 HGB sein können.
2. Herstellungskosten nach § 255 Abs. 2 HGB durch wesentliche Verbesserung sind bei einem Wohngebäude dann gegeben, wenn der Gebrauchswert (das Nutzungspotenzial; vgl. BFH, Urteil in BStBl II 1996, 632, zu I. 3. b bb) des Gebäudes durch die Baumaßnahmen von einem sehr einf...