Leitsatz
Der Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer seine mehrtägige Geschäftsreise in einem Drittstaat beendet und sich auf die Rückreise begibt, ist auch dann kein Nichtrückkehrtag i. S. des Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz, wenn der Arbeitnehmer erst am darauf folgenden Tag an seinen Wohnsitz zurückkehrt.
Sachverhalt
Hintergrund des Streits ist eine Besonderheit des DBA-Schweiz, das in Art. 15a eine spezielle Regelung für Grenzgänger enthält. Grenzgänger sind Personen, die prinzipiell arbeitstäglich zwischen inländischem Wohnort und ausländischem Arbeitsort pendeln. Für diese Personen gilt das grundsätzlich ausschließliche Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaates, wobei der Tätigkeitsstaat eine Steuer i. H. von 4,5 % der Bruttovergütung einbehalten darf, die vom Ansässigkeitsstaat angerechnet wird. Ist der Ansässigkeitsstaat Deutschland, hat der Steuerpflichtige aufgrund des niedrigeren Steuerniveaus in der Schweiz das Interesse, dass die Grenzgängerregelung nicht zur Anwendung gelangt. Die Grenzgängerregelung entfällt dann, wenn die Person bei einer Beschäftigung während des gesamten Kalenderjahres an mehr als 60 Kalendertagen aufgrund der Arbeitsausübung nicht an ihren Wohnsitz zurückkehrt. Muss somit der Steuerpflichtige berufsbedingt mehr als 60 Tage außerhalb des Wohnortes übernachten, verliert er den Status als Grenzgänger und wird somit (bis auf den Progressionsvorbehalt in Deutschland) ausschließlich in der Schweiz als Tätigkeitsort besteuert.
Kern des umfangreichen Urteils ist, dass ein Deutscher, der in die Schweiz pendelt, nicht als Grenzgänger behandelt werden will, indem er behauptet, an mehr als 60 Arbeitstagen aufgrund seiner Arbeitsausübung nicht an seinen Wohnort zurückgekehrt zu sein. Streitig ist hier insbesondere, ob zu den (vom Steuerpflichtigen gewünschten) Nichtrückkehrtagen auch die Tage zu zählen sind, an denen der Kläger bei Geschäftsreisen in Drittstaaten zurückgekehrt ist.
Entscheidung
Die Klage ist unbegründet. Der Kläger unterliegt somit als Grenzgänger i. S. des Art. 15a DBA-Schweiz mit seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in der Schweiz der Besteuerung in Deutschland. Der Senat bestätigt dabei, dass der Tag, an dem ein Arbeitnehmer von einer mehrtätigen Geschäftsreise in Drittstaaten zurückkehrt, kein für die Grenzgängereigenschaft schädlicher Nichtrückkehrtag ist. Zusätzlich wird bestimmt, dass der Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer seine Tätigkeit beendet und sich auf die Rückreise begibt, nicht als Nichtrückkehrtag zählt. Dies ergibt sich daraus, dass der Tag, an dem der Arbeitnehmer sich auf die Rückkehr begibt, als Rückkehrtag gilt, und zwar unabhängig davon, ob er zufällig noch vor Mitternacht im Ansässigkeitsstaat ankommt oder erst danach. Die Rückreise dokumentiert augenfällig den engen Bezug zum Ansässigkeitsstaat und kann daher nicht zu Nichtrückkehrtagen führen.
Hinweis
Grenzgängerregelungen sind in deutschen DBA selten. Sie bestehen lediglich mit Frankreich, den Niederlanden, Österreich und der Schweiz. Die Finanzverwaltung hat naturgemäß bei der Festlegung der Nichtrückkehrtage ein Interesse daran, diese sehr restriktiv auszulegen. Dies zeigt sich auch in den Parallelfällen des FG Baden-Württemberg (Urteile v. 5.6.2008, 3 K 121/07: v. 10.6.2008, 11 K 10/07; v. 17.7.2008; 3 K 97/07; v. 24.7.2008, 3 K 110/07; v. 11.12.2008, 3 K 62/07 und v. 7.1.2009, 3 K 116/07). Hier wurde insbesondere geregelt bzw. bestätigt, dass
- ≫ 1-tätige Geschäftsreisen in Drittstaaten,
- ≫ Rückreisetage von mehrtätigen Geschäftsreisen in Drittstaaten sowie
- ≫ Dienstreisen in Deutschland
nicht als Zähltage der 60-Tage-Regelung gelten.
Zusammenfassend besteht eine Vielzahl von Fällen, deren steuerliche Behandlung noch ungeklärt ist. Die Entscheidungen des BFH muss aufgrund zahlreicher Revisionsverfahren abgewartet werden.
Link zur Entscheidung
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 31.07.2008, 3 K 99/07