Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungswidrigkeit der Erhebung von Troncabgabe auf Grundlage des § 7 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 Niedersächsisches Gesetz über die Zulassung öffentlicher Spielbanken vom 25. Juli 1973

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 des Gesetzes zur Ergänzung abgaberechtlicher Vorschriften für öffentliche Spielbanken vom 14.6.2002 verstoßen gegen das Rechtsstaatsprinzip und verfassungswidrig.
  2. § 7 Satz 1 Nr. 2 NSpielbG 1973 ist wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und das Rechtsstaatsprinzip verfassungswidrig.
  3. Die sachtypischen Besonderheiten der Troncabgabe rechtfertigen nicht die Annahme einer hinreichenden Tatbestandsbestimmtheit des § 7 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 NSpielbG 1973.
 

Normenkette

NSpielbG 1973 § 3 S. 1 Nr. 2, § 7; Gesetz zur Ergänzung abgaberechtlicher Vorschriften für öffentliche Spielbanken vom 14.6.2002 § 3

 

Streitjahr(e)

1988, 1989

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 08.09.2008; Aktenzeichen 2 BvL 6/03)

 

Tatbestand

Die Vorlage betrifft die Frage, ob § 3 Abs. 1, 2 i.V.m. § 5 des Niedersächsischen Gesetzes zur Ergänzung abgaberechtlicher Vorschriften für öffentliche Spielbanken vom 14. Juni 2002 – Ergänzungsgesetz - (Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt Nr. 16/2002, S. 174) im Hinblick auf das rückwirkende Inkrafttreten zum 1. September 1973 mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG), insbesondere mit dem Grundsatz des Verbotes der Rückbewirkung von Rechtsfolgen („echte” Rückwirkung) vereinbar ist. Sofern das Ergänzungsgesetz wegen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot verfassungswidrig sein sollte, wäre über die Vorlagefrage zu 2) zu entscheiden.

Die Vorlage betrifft deshalb weiter die Frage, ob § 7 S. 1 Nr. 2 und S. 2 Niedersächsisches Gesetz über die Zulassung öffentlicher Spielbanken vom 25. Juli 1973 – NSpielbG 1973 - (Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1973 S. 253) im Hinblick auf die dem Niedersächsischen Minister des Innern erteilte Ermächtigung, die Höhe der Abgabe des Spielbankunternehmers aus dem Tronc zu bestimmen, mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG), insbesondere mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung, vereinbar ist und demgemäß die auf dieser gesetzlichen Ermächtigung beruhende Verordnung des Niedersächsischen Ministers des Innern über die Höhe der Abgabe des Spielbankunternehmers aus dem Tronc vom 26. April 1977 (Nieders. GVBl. S. 109) -TroncVO- der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen ist.

Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer gegen die Klägerin festgesetzten Troncabgabe. Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang.

Der Klägerin wurde 1975 eine Konzession zum Betrieb einer Spielbank erteilt, die mit Ablauf des 12. November 1990 endete. In Ergänzung der Konzession wurde zwischen der Klägerin und dem Land Niedersachsen im November 1975 ein Konzessionsvertrag geschlossen, in dem weitere, den Betrieb der Spielbank betreffende Einzelheiten festgelegt wurden. § 4 Abs. 4 dieses Vertrages bestimmte:

„Spielbankabgabe und Abgaben aus dem Tronc sind öffentliche Abgaben. Im Fall der Durchführung eines Widerspruchs- oder Streitverfahrens über die Art oder Höhe der Abgabe kommt diesen Rechtsmitteln keine aufschiebende Wirkung zu. Soweit Abgaben aus einem Grund, den die Erlaubnisinhaberin zu vertreten hat, nicht rechtzeitig erbracht werden, ist der Niedersächsische Minister des Innern berechtigt, die Öffnung des Betriebes bis zur Bewirkung der Leistung zu untersagen.”

Hinsichtlich des Tronc ist in § 6 NSpielbG 1973 bestimmt, dass Zuwendungen der Besucher an die Spielbank oder an das spieltechnische Personal nur in der Weise zulässig sind, dass diese Zuwendungen einem in der Spielbank dafür aufgestellten Behälter zugeführt werden (Tronc). Der Spielbankunternehmer hat den Tronc, soweit nicht daraus eine besondere Abgabe an das Land zu leisten ist, für das Personal, das bei der Spielbank beschäftigt ist, zu verwenden. § 7 Satz 1 Nr. 2 NSpielbG 1973 ermächtigte den Minister des Innern, die Höhe der Abgabe des Spielbankunternehmers aus dem Tronc zu bestimmen. Diese Abgabe war gemäß § 7 Satz 2 NSpielbG 1973 so zu bemessen, dass der Spielbank ein Betrag verbleibt, der zur Deckung eines angemessenen und wirtschaftlichen Personalaufwands erforderlich ist. Aufgrund dieser Ermächtigung erließ der Niedersächsische Minister des Innern die Verordnung über die Höhe der Abgabe des Spielbankunternehmers aus dem Tronc vom 26. April 1977 (Nieders. GVBl. S. 109) - TroncVO -. Nach § 1 TroncVO betrug die Höhe der Abgabe des Spielbankunternehmers aus dem Tronc bei einem monatlichen Troncaufkommen von über 300.000 DM bis zu 500.000 DM 5 v.H. Die Höhe der Troncabgabe erhöhte sich progressiv für jeweils weitere 100.000 DM um jeweils 1 v.H. bis zu einer Höhe der Abgabe von 10 v.H. für ein über 900.000 DM hinausgehendes Aufkommen. Gemäß § 2 TroncVO war die Troncabgabe am fünften Spieltag jeden Monats für den vorangegangenen Monat fällig und an die Landeshauptkasse abzuführen. Das NSpielbG 1973 wurde durch das N...

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