rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf der Bestellung als Steuerbevollmächtigter wegen Vermögensverfall
Leitsatz (redaktionell)
- In der Regel reicht es nicht aus, das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Widerrufs der Bestellung als Steuerbevollmächtigter lediglich mit den Gründen zu rechtfertigen, die auch für den Widerruf der Bestellung maßgeblich sind.
- Bei Interessenabwägung im Rahmen des § 69 Abs. 5 Satz 2 FGO spielt auch die Frage eine Rolle, welche Wahrscheinlichkeit für den Erfolg einer mündlichen Klage gegen den Widerruf der Bestellung spricht.
- Die Rechtmäßigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung kann sich nur nach dem im Zeitpunkt der Anordnung vorliegenden und der Antragsgegnerin bekannten Sachverhalt beurteilen.
- Gem. § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG wird der Vermögensverfall gesetzlich vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren eröffnet und ein Haftbefehl mit der Folge der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis erlassen wurde.
Normenkette
FGO § 69 Abs. 5 S. 3; StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4
Tatbestand
I.
Nach vorheriger Anhörung widerrief die Antragsgegnerin unter Bezugnahme auf § 46 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 Steuerberatungsgesetz mit Bescheid vom…die Bestellung der Antragstellerin als Steuerbevollmächtigte und ordnete zugleich die sofortige Vollziehung des Widerrufsbescheids an. Für die Begründung sowohl des Widerrufs als auch der Anordnung der sofortigen Vollziehung wird auf den Bescheid verwiesen.
Die Antragstellerin hat gegen diesen Bescheid Klage erhoben (6 K 635/02) und sich zugleich gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung gewandt. Klage und Antrag auf Wiederherstellung der hemmenden Wirkung der Klage sind am…bei Gericht eingegangen.
Die Antragstellerin trägt vor: Sie habe die im Widerrufsbescheid aufgeführten Steuerschulden. Der Haftbefehl vom…wegen Nichterscheinens zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung sei erlassen worden, sie habe aus Krankheitsgründen zum Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht erscheinen können. Ein Insolvenzverfahren über ihr Vermögen sei durch Beschluss des Amtsgerichts X vom…eingeleitet worden. Trotz des gesetzlich vermuteten Vermögensverfalls sei die Zulassung als Steuerbevollmächtigte jedoch nicht zu widerrufen, weil die Interessen ihrer Mandanten nicht gefährdet seien. Sie fertige lediglich Steuererklärungen, erledige die Buchführung und sei steuerberatend tätig, sie verwalte keine Mandantengelder und nehme solche auch nicht entgegen. Die Antragstellerin bestätigt, zeitweise eine Vermögensschadens-Haftpflichtversicherung nicht unterhalten zu haben. Sie legt nunmehr einen Versicherungsschein der Y-Versicherung vom…vor, wonach sie eine laufende Versicherung rückwirkend ab…abgeschlossen hat. Ferner legte sie einen Versicherungsschein vom…über eine Rückwärtsversicherung vom…bis…vor.
Die Antragstellerin beantragt,
die hemmende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom…wieder herzustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie wiederholt die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung. Ein Vermögensverfall sei zu bejahen. Die Antragstellerin habe nicht dargelegt, dass trotz des Vermögensverfalls Interessen von Mandanten und anderen von der Tätigkeit der Antragstellerin betroffenen Personen nicht gefährdet seien. So resultierten ihre Steuerschulden überwiegend aus der Nichtabführung von Lohnsteuer und Umsatzsteuer. Die Steuerrückstände seien weiter angestiegen. Die Rückstände betrügen per…an Lohnsteuer, Lohnkirchensteuer, Solidaritätszuschlag und Umsatzsteuer 99.952,20 € sowie an Personensteuern 40.055,49 €. Vereinbarte Ratenzahlungen seien nicht eingehalten worden. Die letzte vorgelegte Bilanz der Antragstellerin weise weitere Verbindlichkeiten in Höhe von ca. 114.000 DM (58.287,27 €) aus. Anlässlich einer fruchtlosen Pfändung am…seinen die weiteren Verbindlichkeiten mit ca. 90.000 DM (46.016,27 €) angegeben worden. Spätestens seit…führe die Antragstellerin einbehaltene Lohnsteuer bzw. Lohnkirchensteuer und Solidaritätszuschlag nicht mehr ab. Eine Vermögensschadens-Haftpflichtversicherung sei zeitweise nicht unterhalten worden. Trotz der Anordnung der sofortigen Vollziehung sei die Antragstellerin weiterhin als selbständige Steuerberaterin tätig geworden. Dies alles zeige, dass Mandanteninteressen gefährdet seien.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist nicht begründet.
Gemäß § 164 a Abs. 1 Steuerberatungsgesetz richtet sich die Durchführung des Verwaltungsverfahrens bei Widerruf der Bestellung als Steuerberater nach den Vorschriften der Abgabenordnung (AO). Nach § 348 Nr. 5 AO ist der Einspruch gegen den von der Antragsgegnerin ausgesprochenen Widerruf der Bestellung als Steuerbevollmächtigte nicht statthaft. Es ist damit unmittelbar Klage gegeben. Gemäß § 164 a Abs. 2 Satz 1 Steuerberatungsgesetz ist die Vollziehung des Widerrufs der Bestellung als Steuerbevollmächtigte gemäß § 46 Steuerberatungsgesetz bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit gehemmt; § 69 Abs. 5 Sätze 2 – 4 FGO bleiben unberührt. § 69 Ab...