vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [I R 19/20)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kurbetrieb als Betrieb gewerblicher Art im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG; Auslegung der Übergangsregelung in § 34 Abs. 6 Satz 5 KStG i.d.F. des JStG 2009
Leitsatz (redaktionell)
- Ohne das Vorhandensein von kurspezifischen Einrichtungen begründen Anlagen, die ein staatlich anerkannter Luftkurort unter Erhebung eines Kurbeitrags unterhält und die erkennbar den Fremdenverkehr fördern sollen, keinen einheitlichen Betrieb gewerblicher Ar t -BgA- “Kurbetrieb”.
- Ein Luftkurort kann Spazier- und Wanderwege, die durch (zumindest faktische) öffentliche Widmung allen Besuchern zugänglich sind, nicht seinem BgA “Kurbetrieb”, im Rahmen dessen ein Kurbeitrag zur Erneuerung und Pflege der Fremdenverkehrseinrichtungen erhoben wird, zuordnen.
- § 34 Abs. 6 Satz 5 KStG i.d.F. des JStG 2009 ist eine Vertrauensschutzregelung zugunsten derjenigen Eigengesellschaften und BgA, bei denen die Finanzverwaltung vor dem Inkrafttreten des JStG 2009 Dauerverluste nach Grundsätzen anerkannt hat, die nicht den Anforderungen des § 8 Abs. 7 KStG genügen würden. § 34 Abs. 6 Satz 5 KStG i.d.F. des JStG 2009 hilft jedoch nicht (auch) über das Fehlen der Voraussetzungen eines BgA im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG hinweg, weshalb vor Inkrafttreten des JStG 2009 irrtümlich als BgA oder Teil eines BgA eingestufte Hoheitsbetriebe im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 KStG nicht von der Übergangsregelung erfasst werden.
Normenkette
KStG § 4 Abs. 1 S. 1, § 34 Abs. 6 S. 5
Streitjahr(e)
2010
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, welchen Umfang ein von der Klägerin geführter Betrieb gewerblicher Art -BgA- hat und ob damit erzielte Verluste nach § 8 Abs. 7 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz -KStG- bzw. nach anderen Grundsätzen begünstigt sind oder verdeckte Gewinnausschüttungen nach § 8 Abs. 3 Satz 1 KStG darstellen.
Die Klägerin führt seit dem xx.xx.xxxx unter der Bezeichnung X einen BgA. Es handelt sich um einen Eigenbetrieb nach der niedersächsischen Eigenbetriebsverordnung (EigBetrVO) vom 15. August 1989 (Nds. GVBl 1989, 318, 1990, 30), ersetzt durch die EigBetrVO vom 27. November 2011 (Nds. GVBl 2011, 21). Gegenstand des Unternehmens ist nach dem Inhalt des Handelsregisters die Förderung der Touristik im Gebiet der Stadt A. Der Eigenbetrieb ermittelt seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz -EStG- unter Zugrundelegung eines Wirtschaftsjahres, das dem Kalenderjahr entspricht.
Die Stadt A ist ein staatlich anerkannter Luftkurort. Sie erhebt von allen Gästen, die im Stadtgebiet wohnen, einen Kurbeitrag. Der Kurbeitrag soll der Erneuerung und Pflege der Fremdenverkehrseinrichtungen dienen, wie z.B. von bestimmten Flächen, Wegen und einem Park. Der Park und die umliegenden Flächen und Wege mit Parkplätzen sowie ein Garten stehen im Eigentum der Stadt A.
Die Klägerin hat dem BgA folgende Tätigkeiten bzw. Geschäftsfelder zugeordnet:
- Betrieb der Tourismus-Information zur Werbung für den Tourismus
Die Tourismus-Information verkauft Werbeartikel und betreibt eine Zimmervermittlung für den Fremdenverkehr. Die Einziehung und Verwaltung der Kurbeiträge erfolgt ebenfalls durch die Tourismus-Information.
- Vertrag zwischen der Klägerin und einem Dritten zur Nutzung von Gemeindeflächen für Tierhaltung
- Vermietung und Verpachtung von beweglichen Wirtschaftsgütern und einer Immobilie der Stadt A
- Verpachtung eines Gastronomiebetriebs und eines Kiosks an fremde Dritte
- Ausschüttungen aus der Beteiligung der Klägerin an einem Energieversorgungsunternehmen (B-GmbH)
Im Rahmen der Neustrukturierung der städtischen Unternehmen ist mit Beschluss des Rates der Stadt A vom xx.xx.xxxx eine Beteiligung an der B-GmbH dem Betriebsvermögen des Eigenbetriebs zugeordnet worden. Die Beteiligung an der B-GmbH ist ertragreich. Im Aufsichtsrat der B-GmbH sind stimmberechtigte Ratsmitglieder des Rates und die Bürgermeisterin der Stadt A vertreten. Der Aufsichtsrat hat gemäß Gesellschaftsvertrag der B-GmbH die Aufgabe, die Geschäftsführung im üblichen Umfang zu überwachen und sich über die Entwicklung laufend von der Geschäftsführung Bericht erstatten zu lassen. Die Geschäftsführung der B-GmbH wird durch einen Fremd-Geschäftsführer wahrgenommen. Dieser war im Streitjahr nicht Mitglied des Stadtrates oder von Ausschüssen der Stadt A.
Zwischen der GmbH und der Klägerin besteht ein Gewinnabführungsvertrag, der die B-GmbH zur Abführung eines Anteils von xx % ihres Jahresgewinns an die Klägerin verpflichtet. In ihren Jahresabschlüssen, so auch im Abschluss für 2010, buchte die Klägerin den an sie im jeweiligen Jahr aufgrund des Gewinnabführungsvertrags abzuführenden Gewinn, ungeachtet des tatsächlichen Zuflusses. Für Zwecke ihrer Steuererklärung erfasste die Klägerin in der Überleitungsrechnung nach § 60 Abs. 2 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung durch entsprechende Anpassungen den tatsächlich im jeweiligen Wirtschaftsjahr an sie ausgeschüttete...