Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsatz der Vermögensteuerhinterziehung bei geringem Kapitalvermögen
Leitsatz (redaktionell)
Im Hinblick auf die Hinterziehung von Vermögensteuer ist Vorsatz nur dann gegeben, wenn dem Stpfl. bewusst war, dass er vermögensteuerpflichtig ist und er eine Vermögensteuererklärung hätte abgeben müssen. Das gilt insbesondere dann, wenn das steuerpflichtige Vermögen relativ gering war.
Normenkette
AO § 170 Abs. 2 Nr. 1, § 370 Abs. 1 Nr. 2; VStG
Streitjahr(e)
1989, 1990, 1993
Tatbestand
Streitig ist die Frage, ob der Beklagte Vermögensteuer für die Stichtage 01.01.1989, 01.01.1990 und 01.01.1993 festsetzen durfte.
Der Kläger gab in der Vergangenheit keine Vermögensteuererklärungen ab. In seinen Einkommensteuererklärungen 1989 - 1991, die er durch einen Steuerberater erstellen ließ, gab er die Höhe seiner Einnahmen aus Kapitalvermögen mit 661 DM (1989), 1.112 DM (1990) und 509 DM (1991) an. Im Zuge von Ermittlungen gegen Kunden von Sparkassen, die nach Einführung der Zinsabschlagsteuer Geld nach Luxemburg transferiert hatten, stellte das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen (FAFuSt) fest, dass der Kläger im Jahre 1994 Wertpapiere von der Sparkasse L. auf die Deka Bank Lux übertragen hatte.
Mit Schreiben vom 15. Dezember 1999 forderte das FAFuSt den Kläger auf, Aufstellungen über die von ihm unterhaltenen Konten und Wertpapierdepots sowie der Kontostände am jeweiligen Jahresende für den Zeitraum 1988 - 1997 einzureichen. In der Folge legte der Kläger entsprechende Bescheinigungen über Kontostände und Erträgnisse bei verschiedenen Banken vor.
Auf der Grundlage dieser Bescheinigungen setzte der Beklagte mit Bescheiden auf den 01.01.1989 und 01.01.1993 vom 27. Dezember 2000 und auf den 01.01.1990 vom 2. Januar 2001 Vermögensteuer fest. Dabei ging er von einem Sonstigen Vermögen des Klägers in Höhe von 175.968 DM auf den 01.01.1989, 116.995 DM auf den 01.01.1990 und 95.444 DM auf den 01.01.1993 aus. Der dagegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg.
Der Kläger trägt im Klageverfahren vor, dass die Vermögensteuerbescheide nicht hätten ergehen dürfen, weil die Vermögensteuer verfassungswidrig sei. Das habe das Bundesverfassungsgericht entschieden. Außerdem stehe der Steuerfestsetzung der Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegen. Der Kläger habe weiterhin nicht vorsätzlich Vermögensteuer hinterzogen. Er habe nicht von der Existenz der Vermögensteuer gewusst, diese sei nicht allgemein bekannt gewesen. Weder vom Beklagten, noch von seinem damaligen Steuerberater sei er auf die Pflicht zur Abgabe einer Vermögensteuererklärung hingewiesen worden. Das FAFuSt habe die Mitteilungen über die Bankguthaben des Klägers als Selbstanzeige gewertet. Im Übrigen habe der Beklagte von dem Erwerb eines bebauten Grundstücks im Verkehrswert von 264.000 DM gewusst. Das hätte aber Anlass sein müssen, ihn auf die Vermögensteuerpflicht hinzuweisen. Schließlich habe der Beklagte die Verbindlichkeiten bei der Bausparkasse Wüstenrot nicht vollständig angesetzt.
Der Kläger beantragt,
die Vermögensteuerbescheide auf den 01.01.1989 vom 27. Dezember 2000, auf den 01.01.1990 vom 2. Januar 2001 und vom 01.01.1993 vom 27. Dezember 2000 sowie die Einspruchsentscheidung vom 23. Januar 2002 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach Auffassung des Beklagten habe der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungsmäßigkeit der Vermögensteuer nur Wirkung für die Veranlagungszeiträume ab 01.01.1997, nicht jedoch für die Vergangenheit. Der Kläger habe zumindest mit bedingtem Vorsatz Vermögensteuer hinterzogen. Er habe bei der Einkommensteuer falsche Angaben hinsichtlich der Höhe der Zinseinkünfte gemacht, was zur Konsequenz gehabt hätte, dass weitere Nachfragen zur Höhe seines Vermögens unterblieben seien. Über sein Vermögen habe er planvoll verfügt. Es habe in den Jahren um 1990 eine intensive Diskussion in der Öffentlichkeit über die Steuerpflicht von Kapitalerträgen gegeben. Das alles deute auf einen zumindest bedingten Vorsatz hin. Die Vermögensteuer dürfe nicht isoliert betrachtet werden, sondern nur im Zusammenhang mit der Einkommensteuer, bei der die Hinterziehung evident sei. Dass der Kläger seinerzeit einen Steuerberater beauftragt habe, entbinde ihn nicht von der Pflicht, der Finanzbehörde gegenüber wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Liege eine Steuerhinterziehung vor, so sei noch nicht Festsetzungsverjährung eingetreten.
Soweit der Kläger auf eine angebliche Ermittlungspflichtverletzung des Beklagten verweise, so sei darauf hinzuweisen, dass das Finanzamt davon ausgehen dürfe, dass die Angaben des Steuerpflichtigen in seiner Steuererklärung vollständig und richtig seien. Aus der Kenntnis vom Erwerb eines Grundstücks hätte der Beklagte keinen Rückschluss auf eine Vermögensteuerpflicht ziehen können, weil Grundstücke nur mit dem Einheitswert, nicht aber mit dem Verkehrswert bewertet würden. Die Darlehensschulden des Klägers gegenüber der Bausparkasse Wüstenrot seien in zutreffender Höhe berücksichti...