Entscheidungsstichwort (Thema)
Abweichender Zerlegungsmaßstab aus Billigkeitsgründen bei Beschäftigung überlassener Arbeitnehmer, die keine Leiharbeiter sind
Leitsatz (redaktionell)
- Zum abweichenden Zerlegungsmaßstab aus Billigkeitsgründen bei der Beschäftigung überlassener Arbeitnehmer, die keine sog. Leiharbeiter sind.
- § 33 Abs. 1 GewStG ist restriktiv auszulegen. Nicht jede offenbare Unbilligkeit, die sich aus dem Maßstab gem. § 29 i.V.m. § 31 GewStG a.F. ergibt, rechtfertigt es, den einheitlichen GewSt-Messbetrag nach einem abweichenden Maßstab zu zerlegen. Erforderlich ist, dass aufgrund der atypischen Umstände des Einzelfalls die sich aus dem groben Maßstab des § 29 GewStG allgemein ergebende Unbilligkeit offensichtlich übertroffen wird, die nachteiligen Auswirkungen einer Zerlegung also von wesentlicher Bedeutung sind.
Normenkette
GewStG § 28 Abs. 1 S. 1, § 29 Abs. 1, § 33 Abs. 1
Streitjahr(e)
1992, 1993, 1994
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, nach welchem Maßstab die Zerlegung der für die Klägerin festgesetzten einheitlichen Gewerbesteuermessbeträge für die Jahre…bis …zu erfolgen hat.
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist der Transport von Paketen und die Ausübung verwandter Geschäfte. Zu diesem Zweck unterhält sie Betriebsstätten in mehreren Städten und Gemeinden. Der Ort der Geschäftsleitung befindet sich in O.
Die Klägerin beschäftigte in den Streitjahren in erheblichem Umfang Arbeitnehmer ihrer Schwestergesellschaft (KG) mit Sitz in O. Beide Unternehmen gehören zur selben Firmengruppe und arbeiten wirtschaftlich sehr eng zusammen. Ausdruck hierfür ist unter anderem der einheitliche integrierte Güter- und Paketumschlag beider Unternehmen in der Betriebsstätte O.
In der Betriebsstätte H. wurden bereits seit 1976 Mitarbeiter der KG für Aufgaben der Klägerin eingesetzt, die deshalb auch alle Arbeitnehmer einstellte. Obwohl…auf einem nahegelegenen Grundstück eine neue Paketumschlagsanlage der Klägerin entstand, blieb es bei dieser Gestaltung zwischen den beiden Gesellschaften.
Anfang…wurde bei der Klägerin und der KG beschlossen, aus betriebsverfassungsrechtlichen und organisatorischen Gründen die in den Standorten H. und O. beschäftigten Arbeitnehmer zentral bei der KG anzustellen. Mit Wirkung vom…wurden die Arbeitsverträge der Beschäftigten des Paketumschlages der Klägerin in O. auf die KG übergeleitet. Diese Mitarbeiter arbeiteten aber weiterhin ausschließlich für die Klägerin. Der Aufwand für die Mitarbeiter wurde nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Verursachung den jeweiligen Kostenstellen der Gesellschaften zugerechnet, für die sie tätig waren. Der Aufwand der so ausschließlich für die Klägerin tätigen Arbeitnehmer wurde von der KG ohne Aufschläge an sie weiterberechnet. Schriftliche Verträge zwischen der Klägerin und der KG über die Überlassung der gewerblichen Arbeitnehmer und die Art der Weiterberechnung wurden nicht geschlossen, es bestanden hierüber mündliche Vereinbarungen.
Für die Klägerin stellte sich die Situation in den Betriebsstätten O. und H. in den Streitjahren wie folgt dar:
|
Arbeitnehmer mit Arbeitsverträgen mit der Klägerin |
Arbeitnehmer mit Arbeitsverträgen mit der KG, die ausschließlich bei der Klägerin eingesetzt werden |
Bei der Klägerin insgesamt beschäftigte Arbeitnehmer |
|
|
|
|
1992. |
|
|
|
O. |
59 |
228 |
287 |
H. |
50 |
136 |
186 |
Gesamtzahlen |
109 |
364 |
473 |
|
|
|
|
1993 |
|
|
|
O. |
62 |
229 |
291 |
H. |
62 |
138 |
200 |
Gesamtzahlen |
124 |
367 |
491 |
|
|
|
|
1994 |
|
|
|
O. |
63 |
285 |
348 |
H. |
63 |
160 |
223 |
Gesamtzahlen |
126 |
445 |
571 |
Bezogen auf die Arbeitslöhne ergab sich folgendes Verhältnis:
|
DM |
DM |
DM |
|
|
|
|
1992 |
|
|
|
O. |
1.377.000 |
4.290.000 |
5.667.000 |
H. |
1.540.000 |
4.578.000 |
6.118.000 |
Gesamtzahlen |
2.917.000 |
8.868.000 |
11.785.000 |
|
|
|
|
1993 |
|
|
|
O. |
1.601.000 |
4.424.000 |
6.025.000 |
H. |
1.568.000 |
4.578.000 |
6.155.000 |
Gesamtzahlen |
3.169.000 |
9.011.000 |
12.180.000 |
|
|
|
|
1994 |
|
|
|
O. |
1.728.000 |
5.154.000 |
6.882.000 |
H. |
1.693.000 |
5.373.000 |
7.066.000 |
Gesamtzahlen |
3.421.000 |
10.527.000 |
13.948.000 |
Der Beklagte erteilte am…Bescheide für die Streitjahre über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag. Dabei wurde der Gewerbesteuermessbetrag für 1992 in Höhe von ... DM, für 1993 in Höhe von ... DM und für 1994 in Höhe von ... DM festgesetzt. Die Verwaltungsakte wurden bestandskräftig.
Ebenfalls am…erteilte der Beklagte Bescheide für 1992 bis 1994 über die Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags. Als Zerlegungsmaßstab wurde die von der Klägerin an die in den jeweiligen Betriebsstätten beschäftigten Arbeitnehmer gezahlten Arbeitslöhne zugrunde gelegt. Auf die Betriebsstätten in O. und H. entfielen danach folgende anteilige Gewerbesteuermessbeträge:
Gegen den Zerlegungsbescheid 1994 legten die Stadt H. und die Stadt O. als an der Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags beteiligte Gemeinden Einspruch ein. Die Klägerin erhob Einspruch gegen die Zerlegungsbescheide 1992 bis 1994. Die Rechtsbehelfe wurden zurückgewiesen.
Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie ist der Ansicht, als Zerl...