rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Status einer Ehe gleichgeschlechtlicher Personen
Leitsatz (redaktionell)
- Die Kinder einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerin der Steuerpflichtigen sind keine Kinder ihres Ehegatten im Sinne des § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.
- Eine analoge Anwendung des § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG auf derartige Fälle kommt nicht in Betracht.
Normenkette
EStG § 68 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; EGBGB Art. 13 Abs. 1
Streitjahr(e)
1997, 1998, 1999, 2000, 2001
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Klägerin für die Kinder ihrer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerin ein Kindergeld-Aufstockungsbetrag zusteht.
Die Klägerin ist niederländische Staatsbürgerin mit Wohnsitz in O., Niederlande. Sie arbeitet als…in S., Bundesrepublik Deutschland. Eine Bescheinigung des Betriebstättenfinanzamtes gemäß § 39c Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) liegt vor. In O. lebt die Klägerin seit über 14 Jahren mit Frau L in einer eheähnlichen Gemeinschaft zusammen. Am 14. April 1998 ließen sich die Klägerin und Frau L. als „geregisteerde Partner” in die „Partnerschaps Registratie” in O. eintragen. Dies entspricht weitgehend dem Eintrag als eingetragener Lebenspartnerschaft ins Partnerschaftsregister, wie sie in Deutschland ab dem 1. August 2001 möglich ist. Am 1. Mai 2001 schlossen die Klägerin und Frau L. eine Ehe nach niederländischem Recht, die gleichgeschlechtlichen Paaren die selben Rechte und Pflichten wie verschiedengeschlechtlichen Ehepaaren gewährt.
Am 2. Juli 1997 brachte Frau L. die Zwillinge W. und J. L. zur Welt, die seitdem im gemeinsamen Haushalt der Klägerin und Frau L. leben. Am 23. Dezember 1997 erhielten Frau L. und die Klägerin die „Beschicking Gezag” für die beiden Kinder. Dies entspricht in Deutschland in etwa dem gemeinsamen Sorgerecht. Frau L. erhält für ihre Kinder niederländisches Kindergeld in der gesetzlichen Höhe. Wegen der Beträge wird auf Bl. 49 der FGA Bezug genommen.
Einen Antrag der Klägerin auf Kindergeld lehnte der Beklagte (das Arbeitsamt – AA -) mit Bescheid vom 18. Dezember 1997 zunächst ab; ein hiergegen gerichteter Einspruch wurde mit Entscheidung vom 26. Juni 1998 als unbegründet zurückgewiesen.
Nachdem am 1. August 2001 das Gesetz zur Beseitigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften (LPartDisBG, Bundesgesetzblatt –BGBl- I S. 266) in Kraft getreten war, gewährte das AA der Klägerin mit Bescheid vom 24. Oktober 2001 Kindergeld ab August 2001 in Höhe der Differenz zwischen deutschem und niederländischen Kindergeld. Im Februar 2002 änderte das AA seine Rechtsauffassung erneut und hob die Kindergeldfestsetzung für die Kinder von Frau L. gegenüber der Klägerin mit Bescheid vom 25. Februar gemäß § 70 Abs. 3 EStG ab März 2002 auf.
Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin den Kindergeld-Aufstockungsbetrag für die Kinder W. und J. ihrer nunmehrigen „Ehegattin” für den Zeitraum Juli 1997 bis Juli 2001. Zur Begründung führt sie aus, dass sie und die Mutter in gleichem Umfang für die Kinder sorgten. Ihre gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft haben sie nach den jeweiligen gesetzlichen Möglichkeiten soweit es ging verrechtlicht. Ab dem 1. Mai 2001 seien sie wie ein verschiedengeschlechtliches Ehepaar verheiratet, so dass ihnen auch dieselben Rechte zustehen müssten. Dies gelte aber auch schon für den Zeitraum davor, da es ihnen nicht angelastet werden könne, dass eine Heirat vor diesem Zeitpunkt nicht möglich gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
den Ablehnungsbescheid vom 18. Dezember 1997 und die Einspruchsentscheidung vom 26. Juni 1998 aufzuheben und ihr unter Anrechnung des niederländischen Kindergeldes für die Kinder W. und J. L. Kindergeld im Zeitraum von Juni 1997 bis einschließlich Juli 2001 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, dass eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft, auch in der Form einer eingetragenen Lebensgemeinschaft der Ehe von Mann und Frau nicht gleichgestellt werden könne und es sich demzufolge bei W. und J. L. nicht um Kinder des Ehegatten der Klägerin im Sinne von § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG handele. Daran ändere auch die in den Niederlanden geschlossene Ehe nichts.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist unbegründet. Das Arbeitsamt hat den Antrag der Klägerin auf Zahlung eines Kindergeld-Aufstockungsbetrages für die Kinder ihrer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerin und späteren „Ehegattin” nach niederländischem Recht rechtmäßig abgelehnt.
1. Die Klägerin ist Anspruchsberechtigte i.S.d. § 62 EStG. Sie hatte zwar im streitigen Zeitraum keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so dass die Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG nicht vorliegen. Ihre Anspruchsberechtigung ergibt sich aber aus § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG, da sie nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird. Die insoweit erforderlichen inländischen Einkünfte erzielte die Klägerin durch ihre Arbeit als…in S. (§ 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Eine ...