Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt
Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherungsvertreter: Dokumentationspflichten für die Bildung von Rückstellungen für Nachbetreuungsaufwand
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen der Bildung von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten.
- Die sog. Nachbetreuungsverpflichtung bei Versicherungsverträgen ist eine Sachleistungsverpflichtung i. S. des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG, die mit den Einzelkosten und den Gemeinkosten zu bewerten ist.
- Abzustellen ist auf die Anzahl der Versicherungsverträge, für die nur künftige Betreuungsleistungen aufgrund rechtlicher Verpflichtung zu erbringen sind, für die aber kein weiteres Entgelt beansprucht werden kann.
- Werbeleistungen mit dem Ziel, Kunden zu neuen Vertragsabschlüssen zu veranlassen, sind nicht rückstellbar.
Normenkette
EStG § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b
Streitjahr(e)
2002, 2003, 2004
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 18.11.2013; Aktenzeichen X B 142/12) |
Tatbestand
Streitig ist, ob für künftige Aufwendungen eines selbständigen Versicherungsvertreters für die Nachbetreuung von Versicherungsverträgen Rückstellungen gebildet werden können.
Die Kläger sind Eheleute, die für die Streitjahre 2002 bis 2004 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger erzielt als selbständiger Versicherungsvertreter Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die er durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 und § 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt.
Seit dem 1. Januar xxxx vermittelt der Kläger für die V Sachversicherungen. Daneben vermittelt er über die LV für andere Versicherungsunternehmen auch Lebens- und Krankenversicherungen. Nach § 3 Abs. 2 des für die Streitjahre maßgebenden Agenturvertrags vom 16. Februar xxxx ist der Kläger auch dazu verpflichtet, den Bestand zu pflegen. Diese Aufgabe umfasst insbesondere die Kundenbetreuung und die Erhaltung des Bestands. Darüber hinaus hat der Kläger bei Schadens- und Leistungsfällen mitzuwirken. Neben der Abschlussprovision steht ihm eine besondere Bestandspflegeprovision nur für Sachversicherungen, nicht jedoch für Lebens- und Krankenversicherungen zu.
In dem Jahresabschluss auf den 31. Dezember 2004 bildete der Kläger für die ihm insoweit obliegenden Nachbetreuungspflichten erstmals eine Rückstellung für Erfüllungsrückstand. In der Zeit vom 12. September 2006 bis 14. März 2007 führte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) bei dem Kläger eine Außenprüfung für die Streitjahre durch. Im Anschluss daran vertrat die Prüferin die Ansicht, dass die für das Jahr 2004 gebildete Rückstellung für Erfüllungsrückstand nicht anzuerkennen sei. Durch Bescheide vom 29. März 2007 änderte das FA die Einkommensteuerfestsetzungen für die Streitjahre unter Berücksichtigung dieser und weiterer - hier nicht streitiger - Prüfungsfeststellungen. Der Bescheid für 2004 stand zu diesem Zeitpunkt noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Gegen den ursprünglichen Einkommensteuerbescheid 2003 vom 14. April 2005 hatten die Kläger Einspruch eingelegt, mit dem sie sich gegen die Nichtabzugsfähigkeit von Rentenversicherungsbeiträgen als vorweggenommene Werbungskosten gewandt und ausdrücklich erklärt hatten, dass sie diesen durch die Aufnahme eines Vorläufigkeitsvermerks nicht als erledigt ansehen würden. Durch Bescheid vom 4. Oktober 2005 hatte das FA die Einkommensteuerfestsetzung in diesem Punkt dennoch für vorläufig erklärt und in den Erläuterungen die Auffassung vertreten, dass sich der Einspruch gegen den Bescheid vom 14. April 2005 hierdurch erledigt habe. Bei der Änderung des Einkommensteuerbescheids 2002 wurde ein um x.xxx EUR höherer Gewinn aus Gewerbebetrieb zugrunde gelegt und die Einkommensteuer um x.xxx EUR heraufgesetzt.
Am 26. April 2007 legten die Kläger gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide Einspruch ein. Sie beantragten die Berücksichtigung von Rückstellungen für Erfüllungsrückstand in Höhe von
2002 x.xxx EUR
2003 x.xxx EUR
2004 xxx.xxx EUR.
Am 26. November 2007 erhoben die Kläger ohne vorherigen Abschluss des Einspruchsverfahrens Klage. Durch Einspruchsbescheid vom 23. August 2008 wies das FA die Einsprüche als unbegründet zurück.
Die Kläger vertreten die Ansicht, dass die Voraussetzungen für die Bildung von Rückstellungen für Erfüllungsrückstand erfüllt seien. Die Nachbetreuungspflichten stellten eine wirtschaftlich ins Gewicht fallende Belastung dar. Sie beträfen vor allem
- Aufnahme von Änderungen (Wohnortwechsel, Namensänderung, Änderung der Bankverbindung oder Änderung des Bezugsberechtigten),
- Beratung bei Zahlungsschwierigkeiten,
- Beratung im Zusammenhang mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherungen,
- Schriftverkehr im Leistungsfall (insbesondere bei Lebensversicherungen mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung),
- Schriftverkehr und Telefonate im Zusammenhang mit Riester-Renten-Verträgen (insbesondere im Hinblick auf die Zulagenverwaltung).
Zum 31. Dezember 2004 hätten sich in dem von dem Kläger zu betreuenden Versicherungsbestand 45 Krankenversicherungsverträge und 224 Ren...