Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf der Bestellung als Steuerberater
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen des Widerrufs der Bestellung als Steuerberater wegen Vermögensverfalls.
- Die Vermutung eines Vermögensverfalls ist widerlegbar.
- Eine Gefährdung von Auftraggeberinteressen lässt sich nicht ausschließen, wenn feststeht, dass der Steuerberater in seinen sonstigen geschäftlichen oder eigenen Angelegenheiten unzuverlässig ist.
Normenkette
StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um den Widerruf der Bestellung des Klägers als Steuerberater.
Der am xx.xx.xx geborene Kläger wurde xxxx zum Steuerberater bestellt und führt eine Steuerberatungskanzlei in A..
Die Oberfinanzdirektion Hannover teilte der Beklagten mit Schreiben vom xx.xx 2012 mit, dass der Kläger in Vollstreckung befindliche Steuerrückstände i.H.v. 15.271,80 EUR habe. Diese beruhten unter anderem auf Rückständen zur Einkommensteuer und Umsatzsteuer 2009 sowie zu Umsatzsteuern für das 1. bis 4. Quartal 2011. Das FA A. habe nach erfolglosen Vollstreckungsversuchen am xx.xx 2012 beim Amtsgericht A. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers beantragt. Die Oberfinanzdirektion Hannover führte außerdem aus, die Steuererklärungen der Jahre 2009 bis 2011 lägen dem zuständigen Finanzamt (FA) A. nicht vor. Die Einkommen- und Umsatzsteuerrückstände für 2009 resultierten aus Steuerbescheiden, die das FA A. im Rahmen der Schätzungen der Besteuerungsgrundlagen nach § 162 der Abgabenordnung (AO) festgesetzt habe. Die Steuerfestsetzungen seien inzwischen bestandskräftig, nachdem der Kläger die gegen die Bescheide erhobenen Klagen vor dem Niedersächsischen Finanzgericht (7 K 221/10 und 7 K 222/10) zurückgenommen habe. Ebenfalls seien Stundungs- und Erlassanträge des Klägers ohne Erfolg geblieben (Az. 7 K 10/12 und 7 K 11/12). Die Umsatzsteuervoranmeldungen und Lohnsteuervoranmeldungen seien ab dem Jahr 2010 stets verspätet eingereicht worden; einzige Ausnahme sei die Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung für das 1. Quartal 2012 gewesen.
Nachdem die Oberfinanzdirektion Hannover der Beklagten mit Schreiben vom xx.xx 2012 mitgeteilt hatte, dass der Kläger beim Amtsgericht A. im dort geführten Schuldnerverzeichnis mit insgesamt 16 Haftanordnungen gem. §§ 901, 915 der Zivilprozessordnung (ZPO; a.F., nunmehr ab 1. Januar 2013: § 882b ff. ZPO, Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung vom 29. Juli 2009, Bundesgesetzblatt I 2009, 2258) wegen Nichtabgabe der eidesstattlichen Versicherung eingetragen sei (Eintragungen vom xx. bzw. xx. 2010), hörte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom xx.xx 2012 zu einem möglichen Widerruf der Bestellung als Steuerberater mit Fristsetzung bis zum xx.xx 2012 an.
Mit Schreiben vom xx.xx 2012 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er die Forderungen des FA A. für das Kalenderjahr 2009 über insgesamt 10.010,16 EUR bestreite. Er habe insoweit Anträge auf Feststellung der Nichtigkeit der Bescheide gestellt. Außerdem habe er die Steuererklärungen für 2010 inzwischen abgegeben und die Steuerbescheide erhalten. Für das Jahr 2011 habe er einen Fristverlängerungsantrag zur Abgabe der Steuererklärungen bis zum xx.xx 2012 beantragt; die Fristverlängerung sei gewährt worden. Den Eintragungen im Schuldnerverzeichnis lägen Vorgänge aus dem Jahr 2010 zugrunde. Insoweit würde er fristgerecht und betragsgenau die Monatsraten an den zuständigen Gerichtsvollzieher bezahlen, die von den Gläubigern im Rahmen der Vereinbarungen erwartet würden.
Die Beklagte widerrief mit Bescheid vom xx.xx 2012 die Bestellung des Klägers als Steuerberater. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Widerruf erfolge gem. § 46 Abs. 2 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) aufgrund des Vermögensverfalls des Klägers. Der Vermögensverfall sei wegen der Eintragungen des Klägers im Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts Wilhelmshaven zu vermuten. Im Übrigen befinde sich der Kläger auch tatsächlich in Vermögensverfall. Diese Annahme beruhe auf den Steuerrückständen des Klägers. Vereinbarungen mit allen Gläubigern, die erwarten ließen, dass es zu keinerlei Vollstreckungsmaßnahmen mehr kommen werde, habe der Kläger nicht vorgelegt. Der Kläger habe auch nicht nachgewiesen, dass Auftraggeberinteressen nicht gefährdet seien. Vielmehr sei im Streitfall von einer konkreten Gefährdung der Interessen der Auftraggeber auszugehen. Der Kläger habe seine Mitwirkungspflichten im Besteuerungsverfahren durch verspätete bzw. Nichtabgabe von Steuererklärungen der Jahre 2009 bis 2011 und von Umsatzsteuervoranmeldungen und Lohnsteueranmeldungen seit dem Jahr 2010 verletzt. Außerdem habe der Kläger die Umsatzsteuern 2009 sowie für den Zeitraum 1. bis 4. Quartal 2011 bislang nicht entrichtet. Darüber hinaus verwies die Beklagte auf ein berufsgerichtliches Ermittlungsverfahren bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle (Az. 2 StV 14/12), dessen Hintergrund die Verletzung der Pflicht zur Zahlung des Kammerbeitrags für das Geschäftsjahr ...