Entscheidungsstichwort (Thema)
Durchschnittssatzbesteuerung und Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten
Leitsatz (redaktionell)
Die Vereinbarung eines über dem Marktpreis liegenden Entgelts stellt auch dann keinen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten dar, wenn der Lieferer die mit dem Vorsteuerabzug korrespondierende Umsatzsteuerschuld aufgrund von § 24 UStG nicht an das Finanzamt erbringen muss.
Normenkette
UStG 2005 § 24; AO § 42; UStG 2005 § 15 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Höhe des Vorsteuerabzuges aus Gutschriften für Güllelieferungen von Gesellschaftern der Klägerin.
Die Klägerin betreibt in X, Y und Z mehrere Biogasanlagen und Blockheizkraftwerke. An der Klägerin sind 57 Landwirte als Gesellschafter beteiligt.
Im Betrieb der Klägerin fand vom … 2016 bis zum … 2016 eine Außenprüfung statt. Der Prüfer stellte fest, dass die Klägerin für ihre Biogasanlagen von ihren Gesellschaftern sowie einem Fremdanbieter Gülle gekauft hatte. Dabei waren allerdings nicht alle Gesellschafter der Klägerin Güllelieferanten. Ferner stand der Fremdanbieter in einem Gesellschaftsverhältnis zu einem Gesellschafter der Klägerin. Die überwiegende Anzahl der liefernden Landwirte versteuerten die Güllelieferungen gemäß § 24 UStG nach Durchschnittsätzen. Die Klägerin erwarb in den Streitjahren zwischen 36.000 t und 38.000 t Gülle zum Preis von 12,50 € bis 13,50 € pro Tonne und zahlte den Landwirten darüber hinaus eine Transportentschädigung in Abhängigkeit von der jeweiligen Entfernung. Die vom jeweiligen Landwirt für die Güllelieferung abzunehmende Menge an Gärresten wurde dem Landwirt zusätzlich mit 0,50 € bis 1,50 € pro Tonne vergütet.
Der Preis der Gülle wurde nach Angaben der Klägerin auf Grundlage des Düngewertes und der Entfernung zum Lieferort ermittelt. Zu Beginn der Güllelieferungen sei ein Preis in Höhe von 7 € pro Tonne Gülle den Landwirten angeboten wurden. Dieser Preis habe jedoch die Rücknahmepflicht einer entsprechenden Menge Gärsubstrats beinhaltet. Viele Landwirte hätten deshalb zunächst keine Gülle angeboten, da sie über kein Gärrestelager verfügten, weshalb die Biogasanlagen Probleme gehabt hätten, ausreichend Gülle einzukaufen. Daher sei der Preis zum 1. Juli 2011 auf 12 € pro Tonne angehoben worden. Die Klägerin hat hierzu ein Protokoll ihrer Verwaltungsratssitzung vom … 2011 zu den Akten gereicht, aus dem zu Punkt 7 der einstimmige Beschluss des Verwaltungsrats über die Erhöhung der Güllevergütung hervorgeht, wobei ausschlaggebend die zögerliche Anfuhr der Gülle nach Plan besonders in den Arbeitsspitzen auf den Betrieben war. Ein Güllelager sei günstiger als ein Gärrestelager, da für Gülle eine Sperrzeit von 6 Monaten bestehe. Das Veterinäramt schreibe vor, dass die Lieferungen seuchenhygienisch unbedenklich sein müssten. Die Nichtbeachtung könne zum einen zur Sperrung des Güllelieferanten als auch zum Verlust des Güllebonus bei den Biogasanlagen führen. Deshalb seien Landwirte in der Nähe der Anlagen besser für die Lieferungen geeignet gewesen als entfernt liegende Betriebe. Ferner habe die Fütterung der Biogasanlagen mit mindestens 30 % an Gülle notwendig ununterbrochen gewährleistet sein müssen, um den sogenannten Güllebonus nach dem EEG zu erhalten.
Der Prüfer vertrat die Auffassung, dass die von der Klägerin gezahlten Preise deutlich überhöht seien. Bereits im Jahr 2011 seien auf dem Güllemarkt Preise um 3 € pro Tonne üblich gewesen. Nur auf den ersten Blick sei verständlich, dass die Klägerin für die Ermittlung der Höhe des Preises den Düngewert der Gülle herangezogen habe. Nach ihrer eigenen Darstellung solle der von den Landwirten wieder abgenommene Gärrest keinen Wert mehr haben, obwohl die in den Gärresten vorhandenen Stickstoff-, Phosphat- und Kalimengen in höherer Konzentration vorlägen als in der gelieferten Gülle. Allerdings werde die Abnahme des Gärrests von der Klägerin sogar gesondert entgolten. Eine Sperrfrist für die Ausbringung von Gülle bestehe nach der Düngemittelverordnung maximal 3 Monate lang. Fremdlieferanten von Gülle zu Marktpreisen müssten ebenfalls nachweisen, dass ihre Ware seuchenhygienisch unbedenklich sei. Auch die Nähe der Anbieter zur Biogasanlage sei kein nachvollziehbarer Grund für so stark abweichende Güllepreise zum Marktwert.
Der Prüfer wertete die Liefer- bzw. Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin und ihren Gesellschaftern als rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 42 AO. Die Preisgestaltung sei von der Klägerin letztlich allein aus steuerlichen Motiven gewählt worden, da dem Vorsteuerabzug auf Seiten der Klägerin keine Zahlungsverpflichtung auf Seiten der liefernden Landwirte gegenüber gestanden habe, weil diese ihre Umsätze nach § 24 UStG versteuert hätten. Der Prüfer kürzte daher die in den Gutschriften mit 10,7 % ausgewiesenen Vorsteuern um 75 % und erkannte damit einen Güllepreis von durchschnittlich lediglich ca. 3 € pro Tonne an. Im Übrigen wertete er den Ausweis der Steuer als unberec...