vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [X R 22/19)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Schlichte Änderung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a) AO als Ermessensentscheidung
Leitsatz (redaktionell)
Es ist nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Finanzbehörde einen Antrag auf schlichte Änderung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a) AO ohne erneute Prüfung der materiellen Rechtsfrage ablehnt, wenn diese bereits Gegenstand eines vorherigen Einspruchsverfahrens gewesen ist (Anschluss an BFH v. 5.2.2010 - VIII B 139/08, BFH/NV 2010, 831; Konkretisierung
Normenkette
AO 1977 § 172 Abs. 1 Nr. 2a, § 5
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Änderbarkeit einer Steuerfestsetzung und die Berücksichtigung einer Teilwertabschreibung.
Der Kläger (E.) ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der E. GmbH (im Folgenden: GmbH), die eine Kfz-Werkstatt betreibt. Er erhält von der GmbH ein Geschäftsführergehalt i.H. von 40.666 € p.a.
Es besteht eine Betriebsaufspaltung, weil der Kläger der GmbH die Kfz-Werkstatt für 2.900 € monatlich verpachtet. Die Beteiligung an der GmbH ist im Einzelunternehmen in der Bilanz zum 31. Dezember 2013 nach einer Teilwertabschreibung im Jahr 2009 mit 1 € bilanziert.
Die wirtschaftlichen Ergebnisse von GmbH und Einzelunternehmer stellten sich – bei bereits entsprechend negativen Ergebnissen in den Vorjahren – wie folgt dar:
|
2010 |
2011 |
2012 |
2013 |
2014 |
GmbH |
./. 39.290 |
./. 45.163 |
./. 33.781 |
./. 63.650 |
./. 110.110 |
Einzelunt. |
14.474 |
23.943 |
22.131 |
22.593 |
18.296 |
Gesamt |
./. 24.816 |
./. 21.220 |
./. 11.650 |
./. 41.057 |
./. 91.814 |
Mit Vertrag vom 21. März 2012 bzw. 12. April 2012 nahm der Kläger bei der Volksbank S. ein Darlehen i.H. von 240.000 € mit dem Verwendungszweck „Umschuldung/Ablösung Betriebsmittelkredit lt. Konto 60628660 der Firma E. GmbH” auf. Dieses Darlehen wurde mit Grundbesitz des Klägers besichert. Die Darlehensvaluta wurde unmittelbar an die GmbH ausgezahlt. Das Darlehen sollte in monatlichen Raten von 2.000 € aus Sollzins und Tilgung zurückzuzahlen sein, wobei die Zinsen 3,97% p.a. betrugen.
In § 1 eines auf den 16. April 2012 datierten – nicht unterschriebenen – Darlehensvertrages zwischen dem Kläger und der GmbH heißt es, der Kläger habe der GmbH „einen Betrag von 240.000 € [in Worten: Einhundervierzigtausend Euro]” (sic!) als verzinsliches Darlehen zur Verfügung gestellt. Die GmbH als Darlehensnehmer bestätige mit ihrer Unterschrift den Erhalt dieses Betrages. Für das Darlehen war nach § 3 des Vertrages eine Verzinsung von 4% p.a. vorgesehen, die Zinsen sollten jeweils zum Ende eines jeden Monats fällig werden und auf ein Konto des Klägers überwiesen werden. Die Laufzeit des Darlehens war mit 7 Jahren angegeben (§ 5 Abs. 1), Sicherheiten wurden nicht bestellt (§ 4). Das Darlehen sollte „endfällig” sein (§ 1 Satz 3), wobei ein Recht der GmbH als Darlehensnehmer bestand, es jederzeitig vorzeitig zurückzuzahlen (§ 5 Abs. 3).
In der Buchführung der GmbH wurden zum 16. April 2012 zwei Einzahlungen des Klägers über 140.000 € und 100.000 € auf dem Konto „Darlehen E.” (3560) erfasst. Gegenkonto war „Bank” (1800). In den Folgemonaten erfolgten monatliche Zahlungen i.H. von insg. 2.000 €, die (überwiegend) als Privatentnahmen (1810) gebucht wurden. Im Einzelunternehmen ist das Darlehen zum 31. Dezember 2013 mit einem Betrag von 215.650,68 € passiviert.
Aufgrund einer „Sanierungsvereinbarung” vom 18. Dezember 2014 verzichtete der Kläger „[z]ur Beseitigung einer drohenden Überschuldung und zur Vermeidung eines eventuellen Insolvenzverfahrens” bei der GmbH auf seine Ansprüche auf Tilgung, Verzinsung und Rückzahlung der der GmbH gewährten „Krisen-Darlehen in Höhe von insgesamt € 240.000,00”. Gleichzeitig räumte sich der Kläger das Recht ein, „die Verzichtserklärung zu widerrufen, wenn durch den Widerruf der Verzichtserklärung […] und der damit verbundenen Wiedereinstellung der Verbindlichkeit in die Bilanz der [GmbH] keine erneute Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit entsteht oder zu entstehen droht […]”.
In der Einkommensteuererklärung und Gewinnermittlung für das Jahr 2014 des verpachtenden Einzelunternehmens machte der Kläger eine Darlehensabschreibung i.H. von 70.000 € geltend. Bereits in den Vorjahren hatte er Darlehensabschreibungen i. H. von 29.500 € (2012) und 60.000 € (2013) vorgenommen und zur Begründung angeführt, das von ihm an die GmbH gewährte Darlehen sei abgewertet worden, weil die finanzielle Lage der GmbH dieses Vorgehen erforderlich gemacht habe.
Die GmbH ist im Jahr 2015 auf das Einzelunternehmen verschmolzen worden. Der Kläger hat sämtliche (weiteren) Verbindlichkeiten der GmbH übernommen.
Das beklagte Finanzamt berücksichtigte die Abschreibungen im Bescheid für das Streitjahr vom 23. März 2016 – wie auch in den Vorjahren – nicht.
Hiergegen wandte sich der Kläger mit einem Einspruch und verwies zur Begründung auf die laufenden Einspruchsverfahren gegen die...