vorläufig nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verzinsung eines erstatteten LSt-Haftungsbetrages
Leitsatz (redaktionell)
- Wird eine festgesetzte Steuer durch rechtskräftiges Urteil herabgesetzt, ist der zu erstattende Betrag ab Rechtshängigkeit bis zum Auszahlungstag zu verzinsen. Das gilt auch, wenn sich der Rechtsstreit durch Aufhebung des angefochtenen VA erledigt.
- §§ 232a und 236 AO erfassen von ihrem Wortlaut her nur Steuerfestsetzungen oder Steuervergütungsbescheide. Eine Verzinsung von Haftungsbescheiden kommt nicht in Betracht.
- Der Fall einer Gesetzeslücke, der durch analoge bzw. erweiternde Anwendung geschlossen werden könnte, ist nicht gegeben.
- Auch die mit Rücknahme eines Haftungsbescheides incidenter erfolgte Herabsetzung der zu Grunde liegenden LSt-Schuld führt nicht zu einer Verzinsung.
Normenkette
AO §§ 233a, 236; EStG § 37 Abs. 1
Streitjahr(e)
2007, 2008, 2009
Tatbestand
Streitig ist, ob die nach Rücknahme eines Haftungsbescheides an die Klägerin ausgezahlte Haftungssumme zu verzinsen ist.
Bei der Klägerin fand für den Zeitraum Januar 2003 bis April 2006 eine Lohnsteuer-Außenprüfung statt. Im Rahmen dieser Prüfung erkannte der Prüfer die geführten Fahrtenbücher nicht als ordnungsgemäß an. Die private Nutzung des betrieblichen PKW unterwarf er als geldwerter Vorteil der Besteuerung. Der Beklagte erließ am 2. August 2006 einen Haftungsbescheid gegen die Klägerin gem. §§ 191 AO i.V.m. § 42d Einkommensteuergesetz (EStG). Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein. Mit Bescheid vom 18. September 2006 wurde der Haftungsbescheid bis zum Abschluss des Einspruchsverfahrens von der Vollziehung ausgesetzt. Die Bearbeiterin des Finanzamts fertigte einen Einspruchsbescheid vom 30. Januar 2007, der aber versehentlich nicht abgeschickt wurde. Die Eingabe dieses Bescheides führte intern zur Beendigung der Aussetzung der Vollziehung. Die Haftungssumme in Höhe von 16.449,36 EUR zog der Beklagte am 5. März 2007 vom Konto des Klägers ein. Der Klägerin bekanntgegeben wurde der Einspruchsbescheid vom 23. Juli 2007, mit dem der Beklagte den Haftungsbescheid teilweise zurück nahm. Dagegen erhob die Klägerin Klage. Im Klageverfahren gewährte der Beklagte wiederum die Aussetzung der Vollziehung. Nachdem der Vorsitzende Richter am 4. Juni 2009 den Beklagten angerufen hatte und erklärte, dass im Haftungsbescheid Ermessenserwägungen fehlten und der Bescheid daher rechtswidrig sei, nahm der Beklagte den Haftungsbescheid zurück. Die Beteiligten erklärten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Am 14. August 2009 wurde die Haftungssumme in Höhe von 16.449,36 EUR an die Klägerin erstattet.
Mit Schreiben vom 28. Oktober 2009 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Verzinsung dieses Betrages. Das Finanzamt lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 17. November 2009 ab. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein, der mit Einspruchsbescheid vom 24. November 2009 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Dagegen erhob die Klägerin Klage.
Die Klägerin trägt vor, dass eine Verzinsung des eingezogenen Betrages von 16.449,36 EUR erfolgen müsse. Der Beklagte könne sich nicht unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des BFH vom 25. Juli 1989 (VII R 39/86, BStBl. II 1989, 821) darauf berufen, dass Haftungsschulden nicht zu verzinsen seien. Die Entscheidung des BFH sei nicht auf den Streitfall zu übertragen, da es weder um die finanzgerichtliche Aufhebung eines Haftungsbescheides noch um eine durch das Urteil angeordnete Herabsetzung eines Haftungsbetrages gehe. Im Streitfall sei die Aufhebung durch den Beklagten erfolgt. In diesen Fällen sei eine Zinspflicht nach § 236 Abs. 2 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) eingetreten. Die BFH-Entscheidung gelte nicht für eine Haftung nach § 42d EStG.
Bei einer Inanspruchnahme des Arbeitgebers durch Haftungsbescheid gem. § 42d EStG würden Haftungsschuld und Entrichtungsschuld aus den konkludent geänderten Lohnsteuer-Anmeldungen grundsätzlich nebeneinander stehen. Auch die konkludente Herabsetzung der festgesetzten Lohnsteuer durch Rücknahme des Haftungsbescheids führe zu einer Herabsetzung einer festgesetzten Steuer gem. § 236 AO.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 17. November 2009 in Gestalt des Einspruchsbescheids vom 24. November 2009 Zinsen für den Zeitraum 5. März 2007 bis zum 14. August 2009 in Höhe von 2.296 EUR festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, dass es sich um eine Herabsetzung eines Haftungsbetrages und nicht um eine Herabsetzung der angemeldeten und festgesetzten Lohnsteuer gegenüber der Klägerin als Arbeitgeber und Steuerpflichtiger handele.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist unbegründet.
Der Ablehnungsbescheid vom 17. November 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. November 2009 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch eine Verzinsung der 16.449,36 EUR.
1. Wird eine „festgesetzte Steuer” durch rechtskräftiges Urteil herabgesetzt, so ist der zu erstattende Betrag vom Tag der...