Entscheidungsstichwort (Thema)
umqualifizierende Wirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG (Abfärberegelung) nicht aus einer von der Gewerbesteuer befreiten gewerblichen Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
- Der Betrieb einer Augenklinik mit Gewinnerzielungsabsicht im Bereich Beherbergung und Beköstigung führt nicht dazu, die ärztliche Tätigkeit der Gesellschaft, die zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit i.S.v. § 18 Abs. 1 EStG gehört, als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln.
- Handelt es sich um eine einheitlich zu betrachtende Gesamttätigkeit, so kann diese nicht allein deshalb als gewerblich beurteilt werden, weil in einem Teilbereich der Klinik gewerbliche Gewinne erzielt werden.
- Eine einheitliche Tätigkeit ist nur dann gegeben, wenn die Tätigkeiten derart miteinander verflochten sind, dass sie sich gegenseitig unlösbar bedingen.
- Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann die umqualifizierende Wirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht aus einer von der Gewerbesteuer befreiten gewerblichen Tätigkeit resultieren.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 3 Nr. 1; GewStG § 3 Nr. 20
Streitjahr(e)
1990, 1991
Tatbestand
Streitig ist die Gewerbesteuerpflicht der Klägerin (Klin).
Klägerin ist eine in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts praktizierende Ärztegemeinschaft.
Zugrunde liegt ein Gesellschaftsvertrag vom 30.09.1982. Danach hatten sich die damaligen drei Vertragspartner, die Augenärzte H, dessen Schwiegersohn G und T, zum Betrieb einer Kassen- und Privatpraxis mit angeschlossener Augenklinik unter der Bezeichnung "Augenklinik .... (es folgen namentlich die drei Vertragspartner)" zusammengeschlossen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Gesellschaftsvertrags Bezug genommen (Bl. 37 bis 48 Gerichtsakte - GA -).
Die Praxis und Klinik hatte seit den 50-er Jahren der in den Streitjahren noch beteiligte Seniorpartner H allein betrieben, seit 1976 zusammen mit seinem Schwiegersohn.
Zum 01.01.1985 schied der Schwiegersohn aus gesundheitlichen Gründen aus der Gemeinschaft aus. Zuvor hatte der Seniorpartner die der Praxis und Klinik dienenden Grundstücke und Gebäude durch Schenkung auf seinen Schwiegersohn übertragen, der sie später auf seine Ehefrau überschrieb.
Zum 01.01.1987 wurde ein neuer Augenarzt (H. T) in die Gemeinschaft aufgenommen, die fortan wieder aus drei Gesellschaftern bestand. Zuvor hatten diese drei Gesellschafter mit dem Schwiegersohn einen Mietvertrag über die Grundstücke und Gebäude geschlossen (Einzelheiten siehe Mietvertrag vom 26.11.1986, Bl. 52 bis 64 Gerichtsakte).
Inhaber der Konzession zum Betrieb der Klinik war auch in den Streitjahren allein der Seniorpartner.
Die Einkünfte der Klin wurden entsprechend den abgegebenen Gewinnfeststellungserklärungen als solche aus selbständiger Arbeit (§ 18 EStG) einheitlich und gesondert festgestellt.
Im Jahr 1994 wurde bei der Klin eine Aussenprüfung durchgeführt.
Der Außenprüfer teilte den einheitlich ermittelten Gewinn für die Jahre 1990 bis 1992 auf die beiden Tätigkeitsbereiche Praxis und Klinik auf. Dem Klinikbereich ordnete er dabei die Pflegepauschalen und die dort erzielten ärztlichen Honorare als Einnahmen zu. Im Ergebnis entfielen von den erwirtschafteten Gewinnen rd. 1.285 TDM (1990), 1.585 TDM (1991) und 1.201 TDM (1992) auf die Klinik (Einzelheiten siehe Tz. 19, 20 und Anlagen Bl. 1 - 3, 5 und 6 Betriebsprüfungsbericht).
Aufgrund dieser Feststellungen ging der Prüfer davon aus, die Klinik werde mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben und stelle eine besondere Einnahmequelle neben der ärztlichen Tätigkeit dar, so dass es sich insoweit um gewerbliche Einkünfte handele; denn eine freiberufliche Tätigkeit liege in dem Fall, dass ein Arzt ein Krankenhaus betreibe, nur vor, wenn dieses ein notwendiges Hilfsmittel für die ärztliche Tätigkeit darstelle und aus dem Krankenhaus ein besonderer Gewinn nicht angestrebt werde (Hinweis auf Abschnitt 136 Abs. 6 der Einkommensteuerrichtlinien). Diese mithin gewerbliche Tätigkeit führe dazu, dass die gesamte Tätigkeit der Klin als gewerblich zu behandeln sei (Hinweis auf Abschnitt 136 Abs. 8 Einkommensteuerrichtlinien).
Selbst wenn man dem Einwand des Prozessbevollmächtigten Rechnung trüge und als Einnahmen nur die Pflegepauschalen ansetzte, verblieben allein Gewinne in 1990 von rd. 350 TDM und aus der Abrechnung mit Fallpauschalen - Überschüsse standen nach den zugrundeliegenden Vereinbarungen mit den Kostenträgern diesen und der Klinik je zur Hälfte zu - in 1991 von rd. 174 TDM (50 v.H. von 348 TDM) und in 1992 von rd. 63 TDM (50 v.H. von 126 TDM) zuzüglich 110 TDM aus einem noch nachträglich zugesprochenen treuhänderisch verwalteten Guthaben der Kassenärztlichen Vereinigung (KV).
Damit seien die gesamten Einkünfte solche aus Gewerbebetrieb. Die Klinikgewinne blieben allerdings gemäß § 3 Abs. 20 Gewerbesteuergesetz (GewStG) steuerfrei, da die Voraussetzungen des § 67 Abgabenordnung (AO) hierfür erfüllt seien.
Es ergingen entsprechende erstmalige Gewerbesteuermessbetragsbescheide für 1990 bis 1992, in denen (nur) ...