Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendung der Grundsätze zur verdeckten Gewinnausschüttung zwischen GmbH und ihren Gesellschafter-Geschäftsführern auf Familien-Aktiengesellschaft und ihre Vorstandsmitglieder, die zugleich Mehrheitsaktionäre sind

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Eine zwischen dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden und Mehrheitsaktionär einer Familien-AG und der AG vereinbarte Änderung einer Pensionszusage, die eine nachträgliche Witwenversorgung beinhaltet, stellt eine verdeckte Gewinnausschüttung dar.
  2. Allgemein bestehen zwischen AG und GmbH wegen der unterschiedlichen Organe des jeweiligen Gesellschaftstyps Strukturunterschiede, die es verbieten, ohne Weiteres die Rechtsgrundsätze zwischen GmbH und ihren Gesellschafter-Geschäftsführern auf die Rechtsverhältnisse zwischen einer AG und ihren Vorstandsmitgliedern, die zugleich Mehrheitsaktionäre sind, anzuwenden.
  3. Die Strukturverschiedenheit zwischen AG und GmbH verbietet es aber nicht grds., die Grundsätze zur verdeckten Gewinnausschüttung auf die AG zu übertragen. Das gilt insbesondere dann, wenn der begünstigte Mehrheitsaktionär wie bei einer GmbH selbst die vertragliche Änderung herbeiführt.
  4. Für die Feststellung, dass eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung der gewährten Leistung ausscheidet, bedarf es einer Würdigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalles.
 

Normenkette

KStG § 8 Abs. 3 S. 2

 

Streitjahr(e)

1990, 1991

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.12.2002; Aktenzeichen I R 93/01)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die im Jahre 1990 gebildete Pensionsrückstellung und Rentenleistung für die Witwe des Mehrheitsaktionärs als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln ist.

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft. Mit Wirkung vom 1. Juli 1980 bestellte der Aufsichtsrat den Mehrheitsaktionär KJ, geboren am 11. Juli 1926, nach vorheriger Bestellung erneut zum Vorsitzenden des Vorstandes der AG. Anlässlich dieser Bestellung schloss der Aufsichtsrat mit KJ am 30. Juni 1980 einen Anstellungsvertrag, in dem u.a. eine Pensionszusage enthalten ist. § 4 Nr. 2 c des Vertrages lautete:

„Stirbt Herr KJ während seiner Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender oder nach Eintritt des Versorgungsfalles, so erhält die hinterbliebene Ehefrau eine Versorgung bis zu deren Lebensende in Höhe von 60 % der Versorgung, die Herr KJ erhalten hätte oder nach Eintritt des Versorgungsfalles erhalten hat. Die Versorgung für den hinterbliebenen Ehegatten entfällt, wenn die Ehe erst nach Eintritt von Herrn KJ in den Ruhestand geschlossen wird oder mit der Wiederverheiratung des hinterbliebenen Ehegatten. Bei Wiederverheiratung des hinterbliebenen Ehegatten wird als Abfindung der 3-fache Jahresbetrag der Ehegattenversorgung gezahlt."

Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Jahre 1980 lebte KJ bereits ca. 8 Jahre von seiner Ehefrau getrennt und mit seiner Lebenspartnerin B zusammen. Zu diesem Zeitpunkt hielt KJ 90 % der Anteile an der Klägerin. Seinem Sohn gehörten die restlichen 10 % der Aktien. Bis zum Tod von KJ änderten sich die Eigentumsverhältnisse nicht. Seit seinem Tod am 25.05.1990 sind an der Klägerin beteiligt: Sohn mit 29,99 %, B mit 20,01 %, Tochter C mit 20 %, Tochter D mit 20 % und die Vorstandsmitglieder W und K mit jeweils 5 %.

Im Jahre 1982 schloss KJ mit seiner Ehefrau einen notariell beurkundeten Vertrag. In diesem verzichtete sie sowohl auf alle Ansprüche gegen ihren Ehemann als auch auf die Versorgungsansprüche gegenüber der Klägerin. Von der Vereinbarung erlangte die Klägerin und der Beklagter im Jahre 1987 Kenntnis. Mit Wirkung zum 31. Dezember 1984 wurde die Pensionsrückstellung um den Anteil für eine zu zahlende Witwenpension gekürzt.

Die Ehe zwischen KJ und seiner Ehefrau wurde am 27. Mai 1986 geschieden. KJ verließ am 31.12.1986 den Vorstand der Klägerin und bezog ab 01.01.1987 Altersruhegeld. Am 11. Juli 1988 heiratete er seine Lebensgefährtin B.

Am 9. Oktober 1989 traf er mit der Klägerin eine Zusatzvereinbarung zu seinem damaligen Anstellungsvertrag vom 30. Juni 1980. Durch die Vereinbarung wurden die Sätze des Anstellungsvertrages:

„Die Versorgung für den hinterbliebenen Ehegatten entfällt, wenn die Ehe erst nach Eintritt von Herrn KJ in den Ruhestand geschlossen wird oder mit der Wiederverheiratung des hinterbliebenen Ehegatten. Bei Wiederverheiratung des hinterbliebenen Ehegatten wird als Abfindung der 3-fache Jahresbetrag der Ehegattenversorgung gezahlt,"

gestrichen und durch den Passus ersetzt:

„Die Versorgung entfällt mit der Wiederverheiratung des hinterbliebenen Ehegatten."

Bei Abschluss der Vereinbarung wurde die Klägerin durch ihren Aufsichtsrat vertreten. Dieser bestand zu diesem Zeitpunkt aus AJ, EB und KJ als Vorsitzender des Aufsichtsrates. Die Hauptversammlung stimmte der Änderung zu.

Aufgrund einer Krebserkrankung verstarb KJ am 25. Mai 1990, so dass im Streitjahr die für ihn gebildete Pensionsrückstellung aufzulösen war. Wegen der zugesagten Witwenpension erhöhte die Klägerin zugleich ihre Rückstellungen um 2.151.007 DM. An Pensionszahlungen leist...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?