vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Lohnsteuer auf Arbeitnehmer-Aktien zum Kurswert mit Kurssicherung
Leitsatz (redaktionell)
- Steht fest, dass dem Arbeitnehmer aus der Überlassung von Wertpapieren i. S. des § 19a Abs. 3 Nr. 1 EStG im Zeitpunkt der Überlassung tatsächlich kein Vorteil erwächst, findet die Bewertungsvorschrift des § 19a Abs. 8 Satz 2 EStG keine Anwendung.
- Der Anwendungsbereich des § 19a Abs. 9 Satz 2 EStG ist auf die Fälle der verbilligten oder unentgeltlichen Überlassung von Wertpapieren i. S. des § 19a Abs. 3 Nrn. 1 bis 3 EStG durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer zu beschränken, in denen im Zeitpunkt des Überlassungsbeschlusses der geldwerte Vorteil noch nicht feststeht.
- § 19a Abs. 8 Satz 2 EStG a.F. (ab VZ 2002 § 19a Abs. 2 Satz 2 EStG) ist keine spezielle - § 8 EStG insoweit verdrängende – Bewertungsvorschrift, die für jedwede den Arbeitnehmern gewährte Vermögensbeteiligung gilt.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 19a Abs. 2 S. 2, § 38 Abs. 1, § 42d Abs. 1 Nr. 1
Streitjahr(e)
1997, 1998, 1999, 2000, 2001
Tatbestand
Streitig ist, ob und in welcher Höhe Arbeitnehmern aus der Teilnahme am Mitarbeiter-Beteiligungsprogramm „X PLUS” steuerpflichtige geldwerte Vorteile im Zusammenhang mit dem Erwerb von Aktien der X-AG (AG) zugeflossen sind.
Die AG bot ihren Arbeitnehmern und den Arbeitnehmern ihrer deutschen mehrheitlichen Beteiligungsgesellschaften, wie der Klägerin, seit 1995 im Rahmen des jährlich aufgelegten Mitarbeiter-Beteiligungsprogramms „X PLUS” den Erwerb von bis zu 100 X-Aktien zu einem bestimmten Kaufpreis an. Bei den ausgegebenen Aktien handelte es sich jeweils um junge Aktien, die schon für das Jahr der Ausgabe voll dividendenberechtigt waren. Der Kaufpreis war der zu einem festgelegten Stichtag (jeweils im Oktober des Jahres) an der Börse notierte Kassakurs der Alt-Aktie (Basispreis). Von dem Kaufpreis hatte der Arbeitnehmer bei Erwerb zunächst nur einen Eigenanteil von ca. 20 v.H. zu zahlen; über den Restkaufpreis gewährte die AG dem Arbeitnehmer ein zinsloses Darlehen.
Für die erworbenen Aktien bestand nach den Teilnahmebedingungen eine Veräußerungssperre von zwei Jahren (bis zum jeweiligen datumsmäßig bestimmten Laufzeitende des Programms). Während dieser Sperrfrist wurden die Aktien bei der Y-Bank in einem für den Arbeitnehmer innerhalb eines gesonderten Nummernkreises eingerichteten Einzeldepot verwahrt; die Kosten der Verwahrung und Verwaltung während der Sperrfrist trug die AG. Nach Ablauf der Sperrfrist konnte der Arbeitnehmer frei über die Aktien verfügen. War der notierte Kassakurs der X-Aktie am Laufzeitende des Programms niedriger als der ursprüngliche Basiskurs, hatte der Arbeitnehmer das Recht, die erworbenen Aktien zu diesem Zeitpunkt zum Basiskurs an die Y-Bank zu verkaufen. Die Kosten dieser Kurssicherung trug die AG.
Das Mitarbeiterbeteiligungsprogramm hatte u.a. folgenden Inhalt (Angebot des Jahres 1995):
„I. X PLUS – Kauf mit Finanzierung
Ich möchte von der X AG 100 Aktien der X AG im Nennwert von je DM 5,00 erwerben, und zwar unter Inanspruchnahme eines zinslosen Darlehens mit einer Laufzeit bis zum 27. November 1997 und einer Kurssicherung bis zum 28. November 1997. Der Kaufpreis je Aktie entspricht dem am 31. Oktober 1995 an der A Börse notierten Kassakurs der X-Aktie, jedoch soll der Gesamtkaufpreis für alle Aktien den Höchstbetrag von DM 2.500 nicht übersteigen. Liegt der Kurs der Aktie am 31. Oktober 1995 über DM 25,00 verringert sich die Anzahl der gekauften Aktien insoweit, dass der Höchstbetrag nicht überschritten wird. Liegt der Kurs der Aktie unter DM 25,00, verringert sich der Gesamtkaufpreis für die 100 Aktien entsprechend (am 19. September 1995 betrug der Kurs der Aktie DM 22,35.
Ich leiste hierfür einen Eigenanteil von DM 448,00 (ca. 20 v.H. des Gesamtkaufpreises). Für den Restkaufpreis von maximal DM 2.052,00 nehme ich hiermit ein für mich zinsloses Darlehen der X AG ab dem Tag der Kaufpreisabrechnung mit einer Laufzeit bis zum 27. November 1997 in Anspruch. Ich bin damit einverstanden, dass der von mir zu leistende Eigenanteil im Rahmen der Entgeltabrechnung im Zusammenhang mit der Jahresgratifikation 1995 einbehalten wird.
...
II. Kurssicherung
Die X AG erwirbt zu meinen Gunsten ein für mich kostenloses, nicht übertragbares Verkaufsrecht für die erworbenen Aktien (sog. Kurssicherung). Aufgrund dieser Kurssicherung habe ich das Recht, die erworbenen Aktien einschließlich aller Erlöse aus Bezugsrechten und Berichtigungsaktien zum 28. November 1997 auf die Y- Bank zu übertragen, falls an diesem Tag der an der Börse notierte Kassakurs der X-Aktie niedriger als der entsprechende Kassakurs vom 31. Oktober 1995 liegt, und erhalte dann den ursprünglichen Kaufpreis gutgeschrieben.
...
III. Bedingungen für die Teilnahme am Mitarbeiterbeteiligungsprogramm X PLUS
...
Die X AG bezuschusst das Programm mit Leistungen von insgesamt ca. 22 v.H.des Gesamtkaufpreises, maximal DM 550,00. Dies...