vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [II R 7/18)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesonderte Feststellung des Grundstückswerts zum 31.7.2010 - Bindungswirkung der von den Gutachterausschüssen ermittelten Vergleichsfaktoren
Leitsatz (redaktionell)
- Zur Ermittlung der Grundstückswerte und zur Bewertung des Grundvermögens.
- Der Wert eines Erbbaugrundstücks ist im Vergleichswertverfahren zu ermitteln, wenn für das zu bewertende Grundstück Vergleichskaufpreise oder aus Kaufpreisen abgeleitete Vergleichsfaktoren vorliegen.
- Die von den Gutachterausschüssen ermittelten und den FÄ mitgeteilten Bodenrichtwerte sind für die Beteiligten im Steuerrechtsverhältnis verbindlich und einer gerichtlichen Überprüfung regelmäßig nicht zugänglich.
- Die finanzmathematische Methode nach Ziffer 4.3.3.2.1 WertR 2006 ist bei Erbbaugrundstücken zum Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts i. S. des § 198 BewG nicht ohne Weiteres geeignet. Der Sachverständige hat zu begründen, warum die Methode im Einzelfall geeignet sein soll.
Normenkette
BewG 1991 § 145 Abs. 3 S. 2, § 183 Abs. 2, §§ 198, 192; ImmoWertV § 8 Abs. 1 S. 2; WertR 2006 Nr. 4.3.3.2.1
Streitjahr(e)
2010
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist der Wert von … mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücken (Erbbaugrundstücken).
Die Klägerin erbte am … 2010 u. a. die streitigen, in X belegenen Erbbaugrundstücke, die mit Reihenhäusern und in einem Fall (Y-straße 1a) mit einem Werkstattgebäude bebaut sind. Die Erbbaurechte laufen am 30. Juni 20.. aus.
Der Beklagte (das Finanzamt) ermittelte die Bodenwertanteile unter Ansatz geschätzter Erbbauzinsen von 2,20 €/qm angelehnt an § 194 Abs. 3 Bewertungsgesetz (BewG) und stellte sie als Grundstückswerte auf den Besteuerungszeitpunkt … 2010 mit Bescheiden vom … 2011 fest (Summe der Grundstückswerte 300.000 €). Zur Begründung heißt es, die Schätzung sei erfolgt, weil vom zuständigen Finanzamt für die Festsetzung der Erbschaftsteuer die Ermittlung des Grundstückswertes im Schätzungswege (§ 157 Abs. 1 BewG) angefordert worden sei.
Im Einspruchsverfahren legte die Klägerin ein Gutachten des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Wertermittlung von bebauten und unbebauten Grundstücken A vom … vor. Er kommt zu dem Ergebnis, eine Bewertung der Erbbaugrundstücke im Vergleichsverfahren sei nicht möglich, weil für den maßgeblichen Grundstücksteilmarkt, nämlich die Veräußerung von Erbbaugrundstücken an Käufer, die nicht gleichzeitig die Erbbauberechtigten seien, nach Auskunft des örtlichen Gutachterausschusses für Grundstückswerte keine Kauffälle vorlägen. Auch auf die im Grundstücksmarktbericht veröffentlichten Vergleichsfaktoren könne nicht zurückgegriffen werden. Sie seien aus Verkäufen von Erbbaugrundstücken an die Erbbauberechtigten abgeleitet und gäben damit den sog. inneren oder internen Wert an. Der Erbbauberechtigte habe aber gerade bei Erwerb „seines” Erbbaugrundstücks ein hohes persönliches Interesse an dem Kauf. Daher müsse auf den Teilmarkt der Veräußerung von Erbbaugrundstücken an andere als den jeweiligen Erbbauberechtigten abgestellt werden. Erbbaurechte würden in der Regel von Institutionen, Kirchen oder Grundeigentümern begründet, um dauerhafte, weitgehend inflationsgesicherte Erträge aus dem Grundstück zu erzielen. Diese ertragsorientierte Sicht werde durch die finanzmathematische Methode abgebildet.
Obwohl es auf S. 7 des Gutachtens bezogen auf alle Erbbaugrundstücke heißt, die Entschädigung bei Beendigung oder Heimfall des Erbbaurechts betrage 2/3 des dann gegebenen gemeinen Werts der Baulichkeiten und Anlagen, die im Eigentum des Erbbauberechtigten stünden, hat der Sachverständige den bei Zeitablauf des Erbbaurechts entschädigungslos dem Grundstückseigentümer zufallenden Gebäudewertanteil nicht berücksichtigt. Er ist aufgrund des Modernisierungsgrads der Gebäude zu der Einschätzung gelangt, die Restnutzungsdauer der Gebäude liege unterhalb der Restlaufzeit der Erbbauverträge (Gutachten S. 17).
Unter Anwendung der finanzmathematischen Methode kommt der Sachverständige auf um ca. 30 v. H. niedrigere Werte als die vom Finanzamt festgestellten (Summe der Grundstückswerte laut Gutachten 210.000 €). Für die Grundstücke Y-Straße 1 und 1a gibt er einen gemeinsamen Wert an, weil für sie ein einheitlicher Erbbauzins gezahlt wird.
Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos (Einspruchsbescheid vom … 2014). Das Finanzamt war der Auffassung, es sei nicht sachgerecht, die finanzmathematische Methode anzuwenden. Sie komme nach Ziffer 4.3.2.2 Wertermittlungsrichtlinien 2006 (WertR) zum Zuge, wenn direkte oder indirekte Vergleichswerte nicht vorlägen. Für den Bereich … seien aber solche indirekten Vergleichswerte in Form von Vergleichsfaktoren für den Teilmarkt „Erbbaugrundstücke für Ein- und Zweifamilienhäuser” im Grundstücksmarktbericht veröffentlicht. Hiergegen richtet sich die Klage.
Während des Klageverfahrens schaltet...