vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VII R 24/22 )]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit einer Steuerberaterprüfung
Leitsatz (redaktionell)
- Zum Umfang der gerichtlichen Überprüfbarkeit von Prüfungsentscheidungen.
- Festgestellte Fehler bei der Bewertung einer Klausur führen nur dann zu einer Aufhebung der Prüfungsentscheidung, wenn sie sich auf die gegebene Note für die Klausur und auf das Gesamtergebnis der Prüfung ausgewirkt haben können.
- Anforderungen an die Darstellung von Bewertungsfehlern bzgl. einzelner Abschnitte der mündlichen Prüfung.
- Umgang mit dem Vortrag, Prüfer seien während der mündlichen Prüfung unaufmerksam oder nachlässig gewesen.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12, 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3; DVStB § 18 Abs. 1 S. 3, §§ 21, 25 Abs. 2, 4
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Bewertung der Steuerberaterprüfung 2017/2018.
Der Kläger erlangte im Jahr xxxx den Abschluss als Steuerfachwirt.
Die Steuerberaterprüfung xxxx bestand der Kläger nicht. Die Entscheidung hierüber ist rechtskräftig.
Bei der Steuerberaterprüfung 2017 wurde der Kläger zur mündlichen Prüfung zugelassen, nachdem er für die schriftliche Prüfung eine Gesamtnote von 4,33 erzielt hatte.
Am xx.xx.2018 legte der Kläger den mündlichen Teil der Steuerberaterprüfung ab. Vor Beginn der mündlichen Prüfung informierte eine Mitarbeiterin der Beklagten die Prüflinge über eine beabsichtigte Teilnahme von RR'in Y an der Prüfung als Zuschauerin. Dies sollte im Hinblick auf eine eventuelle spätere Tätigkeit von RR'in Y als Prüferin erfolgen. Alle Prüflinge, einschließlich des Klägers, erklärten schriftlich ihr Einverständnis zu der Teilnahme Frau Ys (Bl. 37 der Prüfungsakte der Beklagten), die daraufhin als Zuschauerin an der Prüfung teilnahm.
Die Leistungen des Klägers in der mündlichen Prüfung bewertete der Prüfungsausschuss wie folgt (Bl. 38 Prüfungsakte):
Vortrag 3,00
Buchführung |
4,00 |
Berufsrecht |
4,00 |
Ertragsteuer |
4,50 |
Betriebswirtschaftslehre und |
|
Gesellschaftsrecht |
4,50 |
Volkswirtschaftslehre |
4,50 |
Verfahrensrecht |
4,50 |
Hieraus ergab sich für die mündliche Prüfung eine Note von 4,14 und eine Gesamtnote der Steuerberaterprüfung von 4,23. Damit hatte der Kläger die Prüfung nicht bestanden (§ 28 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften -DVStB-). Das Ergebnis der Prüfung teilte der Vorsitzende des Prüfungsausschusses dem Kläger unmittelbar im Anschluss an die mündliche Prüfung mit (Bl. 34 der Prüfungsakte der Beklagten). Der Kläger erhielt unmittelbar nach Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses keine schriftliche Rechtsbehelfsbelehrung. Mit Schreiben vom xx.xx.2018 bat der Kläger die Beklagte um eine schriftliche Begründung der einzelnen Prüfungsnoten der mündlichen Prüfung vom xx.xx.2018 (Bl. 39 der Prüfungsakte der Beklagten). Weitere Ausführungen zu seinem Begründungsbegehren machte der Kläger in dem Schreiben vom xx.xx.2018 nicht. Die Beklagte übersandte dem Kläger die noch nicht erteilte Rechtsbehelfsbelehrung mit Schreiben vom 6. März 2018 (Bl. 40 der Prüfungsakte der Beklagten).
Mit Schriftsatz vom 8. März 2018 erhob der Kläger Klage gegen die Bewertung der Steuerberaterprüfung. Ebenfalls mit Schreiben vom 8. März 2018 (Bl. 41 f. der Prüfungsakte der Beklagten) beantragte der Kläger die Durchführung eines Überdenkungsverfahrens gemäß § 29 Abs. 1 DVStB.
Sein Begehren im Überdenkungsverfahren begründete der Kläger mit drei Schriftsätzen vom 17. April 2018:
Schriftsatz vom 17. April 2018 im Überdenkungsverfahren hinsichtlich der Prüfungsarbeit „Buchführung und Bilanzwesen”
I. Beanstandungen in formeller Hinsicht
A. Sachverhaltskorrektur
Der Kläger vertrat die Ansicht, die Beurteilung der Aufsichtsarbeit „Buchführung und Bilanzwesen” sei nicht vollständig nachvollziehbar. Während dieser Aufsichtsarbeit sei der zu bearbeitende Sachverhalt ca. 30 Minuten nach Prüfungsbeginn durch eine mündliche Ansage berichtigt worden. Für die Buchung des Abgangs eines Baukrans in Höhe von € 10.000 sei im Klausursachverhalt angegeben: „Am 30.6.2013 wurde gebucht …”. Richtigerweise müsse es heißen: „Am 30.6.2016 wurde gebucht …”. Es sei nicht ersichtlich, warum diese Korrektur erst deutlich nach Beginn der Bearbeitungszeit erfolgt sei, zumal das Aufsichtspersonal offensichtlich bereits vor Klausurbeginn über den Fehler informiert und angewiesen worden sei, ihn zu korrigieren. Der Kläger sei durch die (falsche) Sachverhaltsangabe irritiert worden. Er habe sich erhebliche Gedanken dazu gemacht, wie der Sachverhalt zu lösen sei und ob in der vermeintlich vorausgegangenen Ausbuchung des Baukrans gerade der Fallstrick der Lösung liege. Auch die Korrekturansage selbst habe Störungen im Umfang von mindestens 10 Minuten nach sich gezogen, da alle Prüflinge zunächst die betroffene Seite der Aufgabenstellung hätten aufschlagen müssen, um dann zum aktuell v...