vorläufig nicht rechtskräftig

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VI R 71/05)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit der Ausschlussfrist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG auch bei rechtsirrig erlassenem Schätzungsbescheid

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Frist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG stellt eine Ausschlussfrist dar, die nicht durch die Finanzbehörde verlängert werden kann.
  2. Die Aufforderung des Finanzamtes, eine Steuererklärung einzureichen, bewirkt ebenso wenig eine Fristverlängerung wie eine zu Unrecht durchgeführte Veranlagung von Amts wegen.
  3. Die Verpflichtung, Steuererklärungen innerhalb der Frist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG vorzulegen, wird durch zuvor erlassene - ggf. rechtswidrige - Schätzungsbescheide nicht tangiert.
  4. Versäumt ein Stpfl. die Antragsfrist nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG, so besteht allenfalls ein Anspruch auf Aufhebung eines rechtswidrigen Schätzungsbescheides, nicht aber auf die Durchsetzung eines vom Stpfl. begehrten Erstattungsanspruchs.
 

Normenkette

EStG § 46 Abs. 2 Nr. 8

 

Streitjahr(e)

1998, 1999, 2000, 2001

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.05.2006; Aktenzeichen VI R 71/05)

BFH (Urteil vom 22.05.2006; Aktenzeichen VI R 71/05)

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Beklagte verpflichtet ist, die Einkommensteuerveranlagungen für die Jahre 1998 bis 2001 unter Berücksichtigung der eingereichten Steuererklärungen durchzuführen. Weiterhin ist die Rechtmäßigkeit eines Zinsbescheids nach einer gewährten Stundung umstritten.

Der Kläger ist ledig und erzielt als Verwaltungsamtsrat in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Mit Kaufvertrag vom xx. Dezember 1994 erwarb er zum 1. Februar 1995 zwei Eigentumswohnungen Nr. 4 und 5 im Haus B.-Straße in O. für insgesamt 300.000 DM.

In der Einkommensteuererklärung für 1995 gab der Kläger an, Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung aus diesen Objekten in Höhe von 23.800 DM erzielt zu haben, denen er Werbungskosten in Höhe von 39.700 DM gegenüber stellte.

Bei der Abgabe der Einkommensteuererklärung 1996 im Jahr 1998 teilte der Kläger mit, die Anlage V für die beiden Wohnungen werde nachgereicht. Trotz Aufforderung im Veranlagungsverfahren, die Einkünfte zu erklären und dafür die Mietverträge und Nachweise über die erhaltenen Mietzahlungen vorzulegen, wurde die Anlage nicht abgegeben. Bei dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) ergangenen Bescheid 1996 wurden keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt. Zudem stellte der Beklagte fest, dass der Kläger seit dem 1. Juni 1999 in der B.-Straße beim Einwohnermeldeamt der Stadt O. gemeldet war. Der Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 1996 wurde nicht begründet und blieb erfolglos.

Für das Jahr 1997 reichte der Kläger keine Einkommensteuererklärung ein. Der Beklagte erließ daher im September 2000 einen Einkommensteuerbescheid auf der Basis geschätzter Besteuerungsgrundlagen. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wurden mit 0 DM berücksichtigt. Der gegen diesen Bescheid erhobene Einspruch wurde nicht begründet und blieb erfolglos.

Für die Streitjahre 1998 bis 2001 reichte der Kläger ebenfalls keine Steuererklärungen ein. Der Beklagte erließ daher für diese Jahre Steuerbescheide mit geschätzten Besteuerungsgrundlagen.

Streitjahre

1998

1999

2000

2001

Berücksichtigte Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit

74.000 DM

75.000 DM

78.000 DM

80.000 DM

Einkünfte aus Vermietung -Verpachtung

20.820 DM

20.820 DM

20.820 DM

20.820 DM

Abgabe zur Post

21. Mai 2004

21. Mai 2004

16. April 2004

16. April 2004

Gegen die Bescheide erhob der Kläger am 4. Mai 2004 bzw. 19. Juni 2004 Einspruch. Zur Begründung legte er dem Beklagten am 18. Mai 2004 für die Streitjahre 2000 und 2001 und am 3. September 2004 für die übrigen Streitjahre Einkommensteuererklärungen vor, die Anlage V für das 1999 wurde am 21. Dezember 2004 nachgereicht.

Aus den Erklärungen ergab sich, dass der Kläger neben seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nur Verluste bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erzielt hatte, die er wie folgt bezifferte:

Streitjahr

Erklärte Verluste aus Vermietung und Verpachtung

1998

36.700 DM

1999

9.400 DM

2000

8.000 DM

2001

9.400 DM

Die Einsprüche hatten insoweit Erfolg, als die angefochtenen Schätzungsbescheide ersatzlos aufgehoben wurden. Soweit der Kläger mit der Abgabe der Steuererklärungen beantragt hatte, darüber hinaus Veranlagungen durchzuführen, wurde der Einspruch zurückgewiesen.

Zur Begründung wies der Beklagte darauf hin, dass nach den vorgelegten Erklärungen eine Veranlagung für die Streitjahre nur unter den Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 Nr. 8 Einkommensteuergesetz (EStG) zulässig sei. Diese Norm sein allerdings nicht erfüllt, weil die zweijährige Antragsfrist bei Abgabe der Erklärungen bereits abgelaufen sei. Soweit der Kläger eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 Abs. 1 AO beantrage, weil er durch die Schätzungsbescheide zur Abgabe der Steuererklärung gezwungen gewesen se...

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