Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine gewerbliche Prägung durch ausländische Kapitalgesellschaft?
Leitsatz (redaktionell)
- § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ist nicht anwendbar, wenn ausschließlich ausländische Kapitalgesellschaften ohne Niederlassung in Deutschland als persönlich haftende Gesellschafter beteiligt sind.
- Zwar kann § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG auch bei ausländischen Personengesellschaften zu einer gewerblichen Prägung führen. Die Vorschrift ist aber nicht bei einer Beteiligung ausländischer Kapitalgesellschaften an Personengesellschaften anwendbar.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 3
Streitjahr(e)
1994
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerbliche Einkünfte erzielte.
Die Kläger hatten im Streitjahr einen Wohnsitz im Inland. Der Kläger war als alleiniger Kommanditist an mehreren Grundstücksgesellschaften (sog. Objektgesellschaften) beteiligt. Die Objektgesellschaften hatten ihren Sitz in Liechtenstein (V.) und wiesen jeweils die Rechtsform einer nach liechtensteinischem Recht gegründeten KG auf. Im Einzelnen waren dies:
- B-Anlagegesellschaft mit beschränkter Haftung Kommanditgesellschaft, V.,
- C-Anlagegesellschaft mit beschränkter Haftung Kommanditgesellschaft, V.,
- D-Anlagegesellschaft mit beschränkter Haftung Kommanditgesellschaft, V. und
- E-Anlagegesellschaft mit beschränkter Haftung Kommanditgesellschaft, V.
Einzige Komplementärin und Geschäftsführerin der Kommanditgesellschaften waren die - ebenfalls nach liechtensteinischem Recht gegründeten - Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit Sitz in V. – Liechtenstein -. Die Grundstücksgesellschaften besaßen inländischen Grundbesitz und übten eine rein vermögensverwaltende Tätigkeit aus. Sie verfügten im Inland nicht über eine Niederlassung.
Mit Beschluss vom Dezember 1994 (23.12.1994) schieden die Komplementär-GmbHs aus den Kommanditgesellschaften aus. Der Kläger übernahm als verbleibender Gesellschafter das Aktiv- und Passivvermögen der Kommanditgesellschaften im Wege der Anwachsung (§ 738 BGB).
Das Finanzamt vertrat die Auffassung, das Ausscheiden der Komplementär-GmbH führe zu einer Betriebsaufgabe und ermittelte im Einspruchsverfahren gegen den Einkommensteuerbescheid des Streitjahres einen Aufgabegewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von ca. 4,75 Mio. DM (4.750.307 DM), den es mit vorgetragenen Verlusten verrechnete. Zuvor hatte es Bescheide über die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung für die Kommanditgesellschaften unter Hinweis auf § 180 Abs. 3 Nr. 1 AO aufgehoben. Zum 31.12.1994 stellte es den vortragsfähigen Verlust zunächst mit 0 DM (Bescheid vom 07.12.1999) und nach Herabsetzung des Aufgabegewinnes im Einspruchsverfahren auf insgesamt 3,77 Mio. DM fest (3.265346 DM für den Kläger + 507.610 DM für die Klägerin). Es setzte bei der Ermittlung des Aufgabegewinnes für die inländischen Grundstücke der Anlagegesellschaften C, D und E die durch Verkehrswertgutachten des Bausachverständigen des Finanzamts ermittelten Grundstückswerte an. Für das Grundstück der B ermittelte es einen Verkehrswert in Höhe des Zehnfachen der durchschnittlichen Mieterträge von ca. 370.000 DM pro Jahr (= 3,7 Mio. DM).
Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Einspruch die Klage. Die Kläger sind der Auffassung, der Kläger habe durch die Beteiligungen an den ausländischen Objektgesellschaften keine gewerblichen Einkünfte erzielt. Die Vorschrift des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG sei nur bei Beteiligung inländischer Kapitalgesellschaften an Personengesellschaften anwendbar, da der Begriff der „Kapitalgesellschaft” in § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG gesetzlich definiert sei. Auch die Entstehungsgeschichte spreche gegen eine Anwendung auf ausländische Kapitalgesellschaften, da die bis zur Einführung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG geltende Rechtsprechung auf inländische Kapitalgesellschaften zugeschnitten gewesen sei.
Sie beantragen,
wie erkannt zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
und ist weiterhin der Auffassung, § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG sei auch bei Beteiligung ausländischer Kapitalgesellschaften an Personengesellschaften anwendbar. Dies werde auch durch das BFH-Urteil vom 17. Dezember 1997 (BStBl. II 1998, 296) bestätigt, zumal der Wortlaut des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG lediglich die Beteiligung von „Kapitalgesellschaften” voraussetze, ohne Differenzierung nach dem Ort des Gründungsstaates.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und das Sitzungsprotokoll verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Das Finanzamt hat das Ausscheiden der Komplementärgesellschaften zu Unrecht als Aufgabe eines gewerblichen Betriebes behandelt.
1. Das Ausscheiden der Komplementärgesellschaften aus den (Kommandit-)Anlagegesellschaften führt nicht zu einer Betriebsaufgabe. Der Kläger hat keine gewerblichen Einkünfte erzielt. Eine Betriebsaufgabe liegt zwar auch vor, wenn die Voraussetzungen für eine gewerblich geprägte Persone...