Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1989 bis 1992
Leitsatz (redaktionell)
Rentenzahlungen aufgrund einer ehemals betrieblich begründeten lebenslänglichen Leibrentenverpflichtung sind nach der Betriebsaufgabe auch dann als nachträgliche Betriebsausgaben – abzüglich des Tilgungsanteils – abzugsfähig, wenn ein Veräußerungsgewinn des Rentenzahlungsverpflichteten aus rechtlichen Gründen – kein Verzicht des Gläubigers der Rentenzahlungen – nicht zur Tilgung der Rentenzahlungsverpflichtung im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe eingesetzt werden kann.
Nachgehend
Tenor
Die Einkommensteuerbescheide 1990 bis 1992 in der Gestalt des Einspruchsbescheides werden dahingehend geändert, daß für 1990 weitere Betriebsausgaben inHöhe von 4.365 DM, für 1991 weitere Betriebsausgaben in Höhe von 4.765 DM und für 1992 weitere Betriebsausgaben in Höhe von 4.859 DM anerkannt werden.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Neuberechnung der Einkommensteuer 1990 bis 1992 wird dem FA übertragen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kl. zu 60 v.H. und des FA zu 40 v.H.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die ertragssteuerliche Behandlung von Rentenzahlungen, die im Zusammenhang mit dem Erwerb eines zum 31. Dezember 1989 veräußerten Grundstücks begründet wurden, das zum Teil eigenbetrieblichen Zwecken diente, zum Teil zu Wohnzwecken vermietet war.
Der Vater der Kl. erwarb mit Vertrag vom 21. Juni 1966 das Grundstück „M.” in H. von W.. Der Kaufpreis setzte sich aus der Übernahme von Schulden in HÖhe von 190.000 DM, aus einem Wohnrecht gegenüber dem Veräußerer und seiner Ehefrau W. an einer Wohnung im Haus und aus einer an die Eheleute im voraus zu leistende Rente in HÖhe von monatlich 1.000 DM zusammen. Diese Rente, für die außerdem eine Mindestlaufzeit von 10 Jahren vereinbart worden war, ermäßigte sich mit dem Tode des zuerst versterbenden Berechtigten auf 750 DM monatlich. Wegen des Vertragsinhalts im einzelnen wird auf Bd. V Einkommensteuerakte 1992 – unnummeriert – Bezug genommen. Der Vater der Kl., der ein Spielwarengeschäft betrieb, nutzte das Grundstück „M.” zu 40 v.H. für seine gewerblichen Zwecke, zu 60 v.H. diente das Grundstück der Vermietung und Verpachtung. Nach dem Tode des Vaters der Kl. führte die Mutter der Kl. das Unternehmen bis31. Dezember 1972 fort.
Mit Wirkung vom 1. Januar 1973 übertrug die Mutter der Kl. u.a. das Grundstück „M.” auf die Kl. im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, wobei laut Übergabevertrag vom 21. Dezember 1972 auch der Gewerbebetrieb im Grundstück „M.” auf die Kl. überging. Diese bestellte ihrer Mutter an allen übertragenen Grundstücken ein lebenslängliches unentgeltliches Nießbrauchsrecht, sie übernahm Grundpfandrechte, deren Valutierung noch mit etwa 60.000 DM angegeben war und sie übernahm die Rentenverpflichtung aus dem Erwerb des Grundstücks „M.”. Wegen der Einzelheiten des Vertrages wird auf die Akte „Dauersachverhalt” – unnummeriert – Bezug genommen. Die Kl. führte den Einzelhandel auf dem Grundstück „M.” bis zum 31. Dezember 1989 fort; der Anteil der betrieblichen Nutzung des Grundstücks betrug unverändert 40 v.H. In der Aufgabebilanz zum 31.12.1989 erklärte sie einen Veräußerungsgewinn von 113.117 DM, den das FA der Besteuerung zugrunde legte.
Die Kl., die die Übertragung der Vermögenswerte im Wege vorweggenommener Erbfolge als unentgeltlichen Vorgang behandelte, führte die Bilanzansätze der Mutter als Rechtsvorgängerin in ihrer Bilanz fort. Die Anschaffungskosten des Grundstücks – übernommene Verbindlichkeiten zuzüglich der nach versicherungsmathematischen Grundsätzen kapitalisierten Wohnrechts- und Rentenlasten – bilanzierte sie zu 40 v.H. als Aktivposten, die Rentenverpflichtung wies sie mit dem versicherungsmathematischen Barwert zu 40 v.H. als Passivposten in der Bilanz aus. Die Differenz zwischen tatsächlichen Rentenzahlungen und den nach versicherungsmathematischen Grundsätzen ermittelten Barwertminderungen der Rentenverpflichtungen zwischen den einzelnen Bilanzstichtagen zog die Kl. und ihr folgend das FA bis einschließlich 1988 zu 40 v.H. als Betriebsausgabe und zu 60 v.H. als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ab.
Mit Vertrag vom 14. Dezember 1988 veräußerte die Kl. das Grundstück „M.” an die Stadtsparkasse H. zum Preise von 440.000 DM. Die Käuferin übernahm zwar das für W. bestehende Wohnrecht, jedoch nicht die Rentenverpflichtung, die die Kl. weiter zu erfüllen hatte.
Entsprechend der Behandlung in den Vorjahren machten die Kl. folgende Betriebsausgaben als nachträgliche negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb und folgende Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend:
Betrieblicher Anteil |
Rentenbarwert auf den 01.01. |
Rentenbarwert auf den 31.12. |
Tilgungsanteil |
Zahlungen |
Betriebsausgabe |
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1989 |
21.030 |
19.944 |
1.086 |
8.154 |
7.068 |
nach Verkauf |
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1990 |
19.944 |
18.893 |
1.051 |
8.602 |
7.551 |
1991 |
18.893 |
17.878 |
1.015 |
9.032 |
8.017 |
1992 |
17.878 |
16.902 |
976 |
9.118 |
8.142 |