Entscheidungsstichwort (Thema)

Kürzung des Vorwegabzugs bei zusammenveranlagten Ehegatten

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei zusammenveranlagten Ehegatten, bei denen der eine Ehegatte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit bezieht, ist die Einbeziehung des Arbeitslohnes des anderen Ehegatten in die Kürzung des Vorwegabzugs rechtswidrig, wenn Letzterer nicht zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 1 oder 2 EStG gehört und für ihn auch keine Zukunftssicherungsleistungen i.S.d. § 3 Nr. 62 EStG erbracht wurden.

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2, § 3 Nr. 62, § 10c Abs. 3 Nrn. 1-2; EStR R 106 S. 3

 

Streitjahr(e)

2001

 

Tatbestand

Streitig ist, ob im Streitjahr 2001 der Vorwegabzug von Ehegatten nach Maßgabe des Arbeitslohns beider Ehegatten zu kürzen ist, obwohl nur die Ehefrau hinsichtlich ihres Arbeitsverhältnisses Zukunftssicherungsleistungen erhalten hat.

Die Kläger sind im Streitjahr 2001 zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der Kläger war Vorstandsvorsitzender der X-AG. Er hatte im Streitjahr aus dieser Tätigkeit einen Bruttoarbeitslohn von 154.474 DM. Die Tätigkeit war sozialversicherungsfrei. Er hatte aufgrund seiner Tätigkeit keine Anwartschaft auf Altersversorgung, z.B. aufgrund einer Pensionszusage. Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung wurden nicht geleistet. Die Klägerin war bis zum 31. Mai des Streitjahrs als Referendarin. Sie bezog hieraus einen Arbeitslohn von 9.702 DM. Seitdem war sie als Rechtsanwältin selbstständig tätig.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger Vorsorgeaufwendungen in einer Gesamthöhe von 18.054 DM als Sonderausgaben geltend. Im Einkommensteuerbescheid vom 27. Juni 2002 berechnete der Antragsgegner den Abzug der Vorsorgeaufwendungen wie folgt:

Geleistete Vorsorgeaufwendungen

18.054 DM

Vorwegabzug

12.000 DM

Kürzung des Vorwegabzug

16 v.H. v. 164.176DM = 26.268 DM max.

12.000 DM

0 DM

Grundhöchstbetrag

5.220 DM

hälftiger Höchstbetrag

2.610 DM

Abziehbar gesamt

7.830 DM

Zur Begründung seiner Berechnung beruft sich der Beklagte auf die Richtlinie (R) 106 Satz 3 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR 2001), wonach für die Kürzung des Vorwegabzugs bei Ehegatten auch dann der Arbeitslohn beider Ehegatten zugrunde zu legen ist, wenn nur für einen Ehegatten steuerfreie Zukunftsleistungen im Sinne des § 3 Nr. 62 EStG erbracht worden sind oder nur ein Ehegatte zum Personenkreis des § 10 c Abs. 3 Nr. 1 oder 2 EStG gehört hat.

Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die Klage. Die Kläger sind der Auffassung, der Arbeitslohn des Klägers sei bei der Kürzung des Vorwegabzugs auszunehmen. Die Kürzung dürfe nur nach dem Arbeitslohn der Klägerin berechnet werden.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

wie erkannt zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner Auffassung fest, der Vorwegabzug sei nach dem Arbeitslohn beider Ehegatten zu kürzen.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet und sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Der Beklagte hat zu Unrecht als Bemessungsgrundlage für die Kürzung des Vorwegabzugs den zusammengerechneten Arbeitslohn beider Ehegatten zugrunde gelegt.

Nach dem Gesetzeswortlaut, dem Willen des Gesetzgebers und dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung ist aber nur der Arbeitslohn der Ehefrau als Bemessungsgrundlage für die Kürzung zugrunde zu legen.

Gemäß § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung kann für Beiträge nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG zusätzlich ein Vorwegabzug von 6.000 DM, im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten von 12.000 DM vorgenommen werden. Diese Beiträge sind gemäß § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a EStG zu kürzen um 16 v.H. der Summe der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit i.S.d. § 19 EStG ohne Versorgungsbezüge i.S. des § 19 Abs. 2 EStG, wenn für die Zukunftssicherung des Steuerpflichtigen Leistungen i.S.d. § 3 Nr. 62 EStG erbracht werden oder der Steuerpflichtige zum Personenkreis des § 10 c Abs. 3 Nr. 1 oder 2 EStG gehört.

Der Beklagte hat den Arbeitslohn der Klägerin zu Recht in die Kürzung des Vorwegabzugs einbezogen. Für sie wurden Zukunftsleistungen i.S.d. § 3 Nr. 62 EStG erbracht, da sie zumindest bis zum Mai des Streitjahrs sozialversicherungspflichtig beschäftigt war. Der Kläger gehörte nicht zum Personenkreis des § 10 c Abs. 3 Nr. 1 oder 2 EStG. Für ihn wurden auch keine Zukunftssicherungsleistungen i.S.d. § 3 Nr. 62 EStG erbracht. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.

Die Einbeziehung auch des Arbeitslohns des Ehemanns in die Kürzung des Vorwegabzugs ist rechtswidrig.

Zwar lehnt der BFH in ständiger Rechtsprechung eine individuelle Kürzung des Vorwegabzugs bei zusammenveranlagten Ehegatten ab (BFH-Urteil vom 12. Oktober 1994, X R 260/93, BStBl. II 1995, 119). So sei der den Ehegatten gemeinsam zustehende Höchstbetrag von - im ...

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