rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Erlass von Nachforderungszinsen zur Körperschaftsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Möglichkeit eines Erlasses aus Billigkeitsgründen besteht auch hinsichtlich von Nachforderungszinsen.
  2. Eine freiwillige Zahlung der Steuerpflichtigen vor Wirksamwerden der Steuerfestsetzung stellt einen sachlichen Billigkeitsgrund für den Erlass von Nachzahlungszinsen nach § 233a AO dar.
  3. Nachzahlungszinsen sind nur für den Zeitraum bis zum Eingang der freiwilligen Leistung zu erheben.
  4. Für die Berechnung der zu erlassenden Nachzahlungszinsen ist der Zeitraum zwischen freiwilliger Zahlung und Wirksamkeit der Steuerfestsetzung zugrunde zu legen. § 238 Abs. 1 Satz 2 AO findet im Erlassverfahren keine Anwendung, sondern gilt lediglich für die Zinsfestsetzung.
  5. Die zu erlassenen Zinsen sind für den gesamten Zeitraum zwischen Zahlung und Wirksamkeit der Steuerfestsetzung taggenau zu berechnen (gegen AEAO zu § 233a Tz. 70).
 

Normenkette

AO §§ 227, 233a, 238

 

Streitjahr(e)

1993, 1995, 1996, 1997

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der zu erlassenden Nachzahlungszinsen zur Körperschaftsteuer für die Jahre 1993, 1995, 1996 und 1997 streitig.

Aufgrund einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung für die Jahre 1992 bis 1996 setzte der Beklagte wegen der Feststellungen der Außenprüfung die Körperschaftsteuer für die Jahre 1993, 1995 bis 1997 in Höhe von insgesamt 16.663.665 DM herauf. Auf diese Körperschaftsteuernachzahlungsbeträge leistete die Klägerin am 29. Oktober 1998, am 24. April 1999 und am 31. Mai 1999 jeweils Teilbeträge an das Finanzamt (FA). Geänderte Steuerfestsetzungen für die betroffenen Jahre wurden im März, Mai und Juni 1999 bekannt gegeben.

Wegen der vorzeitigen Zahlung beantragte die Klägerin den Erlass von Nachzahlungszinsen wegen sachlicher Unbilligkeit. Daraufhin erließ der Beklagte mit Bescheid vom 12.01.2000 insgesamt Nachzahlungszinsen in Höhe von 454.060 DM. Dabei ging er von folgender Berechnung aus:

VZ

abgerundeter Zahlungsbetrag

Zahlungszeitpunkt

Wirksamkeit der Steuerfestsetzung

volle Monate

%

zu erlassende Zinsen in DM

1993

2.760.400

29.10.1998

31.03.1999

5

2,5

69.010

1995

2.847.600

29.10.1998

23.05.1999

6

3

85.428

1997

14.400.000

27.04.1999

24.06.1999

1

0,5

72.000

1997

2.260.000

31.05.1999

24.06.1999

0

0

0

1996

7.587.400

29.10.1998

23.05.1999

6

3

227.622

Bei der Berechnung der Nachzahlungszinsen legte der Beklagte gemäß Tz. 70 zu § 233 a des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) den Zeitraum vom Zahlungszeitpunkt bis zur Wirksamkeit der Steuerfestsetzung zugrunde. Fiktive Erstattungszinsen in diesem Zeitraum wurden nur für volle Monate errechnet.

Den von der Klägerin erhobenen Einspruch wies der Beklagte durch Entscheidung vom 14. Juni 2000 zurück.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin den Erlass weiterer Erstattungszinsen. Zur Begründung trägt sie im wesentlichen vor, dass durch die Berechnung des Beklagten der Zahlungsmonat im Ergebnis weiterhin verzinst werde, obwohl nach der Zinsberechnung angefangene Monate unberücksichtigt bleiben müssten. Unstrittig sei, dass der Beklagte die Nachzahlungszinsen in voller Höhe gemäß § 233 a AO festgesetzt habe und ein Teil hiervon aufgrund der freiwilligen Leistung der Klägerin aus sachlichen Billigkeitsgründen zu erlassen sei. Die Berechnung des Beklagten führe jedoch zu fehlerhaften, nicht sachgerechten Ergebnissen. Bei wortgetreuer Anwendung des Erlasses ergebe sich, dass eine nur lediglich vier Tage spätere Zahlung zu einem Verlust eines Erstattungsmonats führen könne, da der Erlasszeitraum durch die beiden variablen Größen „Zeitpunkt der freiwilligen Zahlung” und „Wirksamkeit der Steuerfestsetzung” definiert werde.

In Anlehnung an ihre grundsätzliche Verzinsungsregelung nachzuzahlender wie auch zu erstattender Beträge wäre es auch im Fall des Zinserlasses aufgrund freiwilliger Zahlung daher sachgerecht, zur Ermittlung der verbleibenden festgesetzten Nachzahlungszinsen den Zeitraum zwischen Beginn des Zinslaufs und Eingang der freiwilligen Leistung und zwar auch hier nur volle Kalendermonate zugrunde zu legen. Es würde quasi eine fiktive Steuer- und Zinsfestsetzung im Zeitpunkt der freiwilligen Leistung durchgeführt werden.

Die Klägerin beantragt,

den Erlassbescheid vom 12. Januar 2000 sowie die Einspruchsentscheidung vom 14. Juni 2000 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, Nachzahlungszinsen in Höhe von insgesamt 603.337 DM (= 308.480 Euro) zu erlassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf seine Ausführungen im Einspruchsbescheid. Danach sei zwar ein sachlicher Billigkeitsgrund im Zeitpunkt der Zahlung gegeben. Die Berechnung der zu erlassenden Zinsen habe nach Tz. 70 des AEAO zu § 233 a zu erfolgen. Fiktive Erstattungszinsen, also der jeweilige Erlassbetrag, errechne sich aus dem Zeitraum zwischen Zahlung und Wirksamkeit der Steuerfestsetzung. Dabei seien jedoch entsprechend § 238 Abs. 1 Satz 2 AO lediglich volle Zinsmonate zu berücksichtigen. Ein höherer Erla...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge