Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld: Altersgrenze von 25 Jahren ist verfassungsgemäß
Leitsatz (redaktionell)
Es verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, dass der Gesetzgeber die Altersgrenze von 25 Jahren im Zuge der Corona-Pandemie nicht verlängert hat. Die nicht erfolgte Anpassung der Altersgrenze an die von den Bundesländern verlängerten Regelstudienzeiten für Studierende führt nicht zur Verfassungswidrigkeit.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 Nr. 2; GG Art. 3 Abs. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Kindergeld für das Kind M ab Mai 2021.
Die Beklagte hatte auf den Antrag der Klägerin vom 5. Mai 2021 für das Kind M, geboren am 4. April 1996, die Gewährung von Kindergeld ab dem Monat Mai 2021 abgelehnt. Gegen diesen Ablehnungsbescheid hatte die Klägerin mit Schriftsatz vom 25. Mai 2021 Einspruch eingelegt.
Die Beklagte hatte vorab bereits einen Bescheid vom 8. April 2021 erlassen. Mit diesem Bescheid hatte die Beklagte die Gewährung von Kindergeld für das Kind M ab Mai 2021 aufgehoben. Gegen diesen Bescheid hatte die Klägerin am 4. Mai 2021 Einspruch eingelegt.
Am 20. Mai 2021 wies die Beklagte den Einspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 8. April 2021 als unbegründet zurück. In der Sache hat sie hierin darauf verwiesen, dass für das Kind M Kindergeld nicht mehr gewährt werden könne, weil die Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 EStG nicht mehr vorlägen.
Soweit die Klägerin gegen den Ablehnungsbescheid vom 6. Mai 2021 Einspruch eingelegt hatte, hat die Beklagte diesen Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 28. Mai 2021 auch als unbegründet zurückgewiesen. Sie hat darin ebenfalls darauf verwiesen, dass für das Kind M Kindergeld ab Mai nicht mehr gewährt werden könne, weil die Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 EStG nicht vorlägen.
Mit Schriftsatz vom 16. Juni 2021 hat die Klägerin Klage erhoben. Mit ihrer Klage wendet sie sich „gegen den Bescheid über Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) vom 6.5.2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.5.2021.”
Mit ihrer Klage vertritt die Klägerin die Auffassung, dass die Beklagte zu Unrecht die Gewährung von Kindergeld für das Kind M ab Mai 2021 abgelehnt habe. M habe zwar mit Ablauf des Monats April 2021 das 25. Lebensjahr vollendet. Damit lägen die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 EStG formal nicht vor. Die Regelung in § 32 Abs. 4 EStG widerspreche jedoch dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG. Dies betreffe sowohl die Aufhebung der Festsetzung des Kindergeldes ab Mai 2021 mit dem Bescheid vom 8. April 2021 als auch die Ablehnung der Gewährung von Kindergeld für M ab dem Monat Mai 2021. M studiere an der Humboldt-Universität Berlin Rechtswissenschaften. Fast alle Bundesländer hätten coronabedingt die individuelle Regelstudienzeit um bis zu drei Semester aufgrund der einschneidenden Nachteile durch die Corona-Pandemie verlängert. Genauso wie das BAföG diene auch das Kindergeld volljährigen Kindern der Unterstützung während ihrer Berufsausbildung, wie sich aus § 32 Abs. 4 EStG ergebe. Zur Wahrung der Gleichbehandlung von BAföG-Beziehern mit Kindergeld-Beziehern sei es geboten, auch die Bezugsberechtigung von Kindergeld für die Zeiten zu verlängern, um die sich die Regelstudienzeit in der Corona-Pandemie verlängere.
Dass der Gesetzgeber von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht habe, verletze die Klägerin in ihren verfassungsmäßigen Rechten. Es werde deshalb angeregt, das Verfahren auszusetzen und die Sache nach Art. 100 GG dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Bescheid über Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz vom 8. April 2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Mai 2021 aufzuheben und für das Kind M, geboren am 4. April 1996, über den Monat Mai 2021 hinaus Kindergeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klage sei bereits unzulässig, weil die Einspruchsentscheidung vom 20. Mai 2021 nicht den Bescheid vom 6. Mai 2021, sondern vom 8. April 2021 beinhalte.
Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet. Das Kind M habe mit Ablauf des April 2021 die Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 EStG nicht mehr erfüllt. Ab Mai 2021 sei mithin kein Kindergeld mehr zu gewähren. Die Regelung in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nummer 2 EStG beinhalte u.a. das Alter als für alle gleich geltendes Ausschlusskriterium für die Gewährung des Kindergelds. Durch die Reduzierung auf das Alter als erhebliches Kriterium für die Berücksichtigung liege eine Gleichbehandlung vor. Soweit das Land Berlin eine Verlängerung der Regelstudienzeit nach dem Berliner Hochschulgesetz verfügt habe, handele es sich dabei auch um einen anderen Hoheitsträger. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz sei jedenfalls nicht zu erkennen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig.
Die Klägerin hat zwar in ihrer Klageschrift vom 16. Juni 2021 fälschlicherweise auf den Abl...