vorläufig nicht rechtskräftig

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [III R 48/10)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Bedeutung der Sperrfrist beim Arbeitslosengeld für den Bezug von Kindergeld

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die nach § 30 Abs. 4 AuslG erteilte Aufenthaltsgenehmigung gilt gemäß § 102 Abs. 2 AufenthG als Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG.
  2. Ein Ausländer, der im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG ist und zunächst Geldleistungen nach SGB III erhält, nach Ablauf der Sperrfrist indes Geldleistungen in Form von Arbeitslosengeld I bezieht, hat Anspruch auf Kindergeld.
  3. Liegen die Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 EStG vor, hat der Anspruchsberechtigte Anspruch auf Kindergeld ab dem Kalendermonat, in dem der 3-monatige Mindestaufenthalt endet. Die Sperrfrist nach § 144 SGB III ändert daran nichts.
 

Normenkette

EStG § 62 Abs. 2 Nr. 3; AufenthG § 25 Abs. 5; EStG § 101 Abs. 2; AuslG § 30 Abs. 4; SGB III § 144

 

Streitjahr(e)

2003, 2006

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.09.2012; Aktenzeichen III R 48/10)

BFH (Urteil vom 27.09.2012; Aktenzeichen III R 48/10)

BFH (Beschluss vom 11.08.2010; Aktenzeichen III B 34/10)

 

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung von Kindergeld für die Monate Oktober 2003 bis November 2003 sowie April 2006 bis Oktober 2006.

Die Klägerin, geb. am 22. Juli 1971, hat die armenische Staatsangehörigkeit und ist Mutter von drei Kindern (M, geb. am 14. Januar 1991, A, geb. am 4. Februar 1992 und B, geb. am 18. Juli 1993). Sie ist ledig. Die Klägerin ist seit dem 7. Juni 2005 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Vorher hatte sie seit 2002 nach § 30 Abs. 4 Ausländergesetz (AuslG) eine Aufenthaltsgenehmigung. Die Klägerin war in der Zeit von 2002 bis zum 19. September 2003 bei der X Warenhaus GmbH mit 30 Stunden pro Woche erwerbstätig. Das Arbeitsverhältnis wurde von Seiten der Klägerin gekündigt. Nach Ablauf der Sperrfrist gem. § 144 Sozialgesetzbuch (SGB) III erhielt sie ab Dezember 2003 Arbeitslosengeld (sog. ALG I). Vom 16. August 2004 bis zum 28. Februar 2005 war sie Vollzeit bei der Y GmbH erwerbstätig. Von Juni 2005 bis Ende Dezember 2005 betrieb sie selbständig ein Bier- und Speiserestaurant. Die Gaststätte brannte 2005 aus. Das Gewerbe wurde am 24. März 2006 abgemeldet. In dem Zeitraum von November 2006 bis Mai 2007 war die Klägerin bei der Z OHG geringfügig beschäftigt.

Am 24. August 2007 erließ die Beklagte einen Bescheid über die Gewährung von Kindergeld ab Juni 2007. Dagegen legte die Klägerin mit dem Begehren Einspruch ein, auch vor diesem Zeitraum Kindergeld zu gewähren. Mit Festsetzungsbescheid vom 15. Mai 2008 kam die Beklagte teilweise diesem Begehren nach. Sie lehnte aber die Gewährung von Kindergeld für die drei Kinder u.a. für den Zeitraum von Oktober 2003 bis November 2003 sowie April 2006 bis Oktober 2006 ab und erließ eine entsprechende Einspruchsentscheidung am 20. Mai 2008. Kindergeld für die Sperrzeit (Oktober 2003 und November 2003) könne nicht gewährt werden. Für den Zeitraum April 2006 bis Oktober 2006 fehle es an einer Erwerbstätigkeit oder einem Ersatztatbestand nach § 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b Einkommensteuergesetz (EStG). Dagegen erhob die Klägerin Klage.

Sie trägt vor, dass auch für die Monate Oktober 2003 und November 2003 Kindergeld zu gewähren sei, da die Sperrfrist nach § 144 SGB III für die Gewährung von Kindergeld unerheblich sei. Dies ergebe sich auch aus einer Entscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts.

Für den weiteren Zeitraum von April 2006 bis Oktober 2006 habe die Klägerin ebenfalls Anspruch auf Kindergeld. Die Klägerin ging zwar in dieser Zeit keinerlei Erwerbstätigkeit nach. Dies sei aber unerheblich, da der Regelung des § 62 Abs. 2 EStG im Hinblick auf das dort niedergelegte Erwerbserfordernis, erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken begegnen würden.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 15. Mai 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Mai 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin Kindergeld für ihre Kinder M, A und B für den Zeitraum Oktober 2003 bis November 2003 sowie April 2006 bis Oktober 2006 in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, dass die Voraussetzungen nach § 62 Abs. 2 EStG nicht vorliegen würden. Die gesetzliche Regelung des § 62 Abs. 2 EStG sei nicht verfassungswidrig.

Der Senat hat mit Beschluss vom 14. Dezember 2009 den Rechtsstreit gem. § 6 Finanzgerichtsordnung (FGO) dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist teilweise begründet.

Die Beklagte ist nicht verpflichtet, der Klägerin für die Monate April 2006 bis Oktober 2006 Kindergeld zu gewähren, da die Voraussetzungen nach § 62 Abs. 2 EStG nicht vorliegen. Die Klägerin hat aber Anspruch auf Kindergeld für ihre Kinder M, A und B für die Monate Oktober 2003 bis November 2003.

1. Monate Oktober 2003 bis November 2003

a. Nach § 62 Abs. 2 Nr. 3 EStG hat derjenige, ...

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