rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zu den Voraussetzungen einer umsatzsteuerlichen Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG.
  2. Es ist nicht erforderlich, dass alle drei Merkmale der Eingliederung (finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch) sich gleichermaßen deutlich feststellen lassen.
  3. Nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse kann die Selbstständigkeit auch dann fehlen, wenn die Eingliederung auf einem der drei Gebiete nicht vollkommen ist.
  4. Für die umsatzsteuerrechtliche Organschaft gelten andere Voraussetzungen als für die Organschaft im Ertragsteuerrecht.
 

Normenkette

UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2

 

Streitjahr(e)

2004

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 18.03.2010; Aktenzeichen V B 57/08)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Grundstücks-GbR, an der P X mit 95% und I X mit 5% beteiligt waren. P X war ferner Gesellschafter und Geschäftsführer der G Maschinen- und Anlagebau GmbH (G), an der er 100 v.H. der Anteile hielt. Geschäftszweck der G war die Herstellung von technischen Maschinen für Kaffeeproduzenten. Die G verfügte aufgrund eines notariellen Vertrages vom 19. Oktober 1988 über Produktions- und Büroräume in einer auf dem Grundstück L, Y-Str. 4 errichteten Halle mit Büro- und Wohntrakt. Nach der vom vorhergehenden Erbbaurechtsinhaber des Grundstücks zur Einheitswertakte gereichten Wohn- und Nutzflächenberechnung befanden sich in dem Gebäude Werkstatträume von 182,40 qm, Lagerräume von 554,40 qm, ein Büroraum von 26,36 qm, ein Aufenthaltsraum von 21,44 qm, diverse Nebenräumen (Heizung, Waschraum, 2 WC, Eingang) sowie eine Wohnung mit 74,93 qm.

In den Jahren 1995 und 1996 errichtete die Klägerin auf dem Nachbargrundstück Y-Str. 6 ein weiteres Gebäude mit Nutzflächen im Erdgeschoss von 175,25 qm, im ersten Obergeschoss von 175,37 qm, im Kellergeschoss von 91,07 qm und im Dachgeschoss von 94,89 qm, insgesamt 536,58 qm. Nach der zur Einheitswertakte gelangten Baubeschreibung beabsichtigte die G, das Gebäude als Zeichen-, Konstruktions- und Schreibbüro zu nutzen. Mit Vertrag vom 12. März 1996 vermietete die Klägerin ab 1. Juli 1996 u.a. „2 kompl. Etagen 1. u. 2. – nach anl. Architektenplan” „zur Nutzung als Büroraum” an die G. Wegen der Einzelheiten wird auf den Mietvertrag verwiesen und wegen weiterer Einzelheiten zur Raumaufteilung auf die Nutzflächenberechnungen für die beiden Gebäude Y-Str. 4 und 6.

Den Empfang im Erdgeschoß, die Teeküche und die Toiletten sowie den im ersten Obergeschoss genutzten repräsentativen Besprechungsraum und Flur in der Y-Str. 6 nutzte die G gemeinsam mit dem TÜV Nord GmbH (TÜV). Dieser hatte von der Klägerin mit Vertrag vom 20. Oktober 1999 ab 1. Januar 2000 u.a. zwei Räume im Erdgeschoss mit einer Fläche von insgesamt 51,9 qm und im ersten Obergeschoss von 20,5 qm gemietet. Durch Zusatzvereinbarung vermietete die Klägerin dem TÜV ab 15. Oktober 2000 ferner einen Raum im Erdgeschoss von 27,84 qm. Wegen der Einzelheiten wird auf den Mietvertrag und die Zusatzvereinbarung verwiesen. Aus der Vermietung an die G erzielte die Klägerin in 2003 eine Miete von 150.555 € und aus der Vermietung an den TÜV in Höhe von 20.765 €; in 2004 betrug die insgesamt erzielte Miete 22.079 €.

Der Gesellschafter P X hatte mit Schreiben vom 7. September 2004 die GbR mit Frau I X zivilrechtlich gekündigt. Eine Auseinandersetzung fand nicht statt. Die Gesellschafter blieben im Grundbuch als Eigentümer des Grundstücks Y-Str. 6 eingetragen. Eine vom Gesellschafter P X erhobene Klage, ihn als alleinigen Eigentümer im Grundbuch einzutragen, wurde mit Urteil des Landgerichts Verden vom 2. März 2005 (…) abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil verwiesen. Die Mietverträge mit der G und dem TÜV wurden ebenfalls nicht geändert. Über das Vermögen der G wurde zum 1. November 2004 das vorläufige Insolvenzverfahren eingeleitet und am 22. November 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet.

Der Beklagte ging für die Zeit ab 2001 von einer umsatzsteuerlichen Organschaft zwischen der Klägerin und der G aus und hatte in den bestandskräftigen Umsatzsteuerbescheiden 2001 und 2002 auch die Umsätze der G erfasst. In ihren Umsatzsteuererklärungen 2003 und 2004 hatte die Klägerin auch die Umsätze und Vorsteuern der G erklärt. Die Umsatzsteuererklärung 2003 stand seit 07. April 2004 einer Umsatzsteuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Der Umsatzsteuererklärung 2004 folgte der Beklagte mit Umsatzsteuerbescheid 2004 vom 9. Juni 2005 mit geringen Abweichungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Anlässlich einer bei der G u.a. im Juni 2000 durchgeführten Außenprüfung war festgestellt worden, dass diese zu dieser Zeit die in der Y-Str. 6 gemieteten Räume als Büro-, Verwaltungs- und Konstruktionsräume nutzte. In der Zeit vom 26. September 2005 bis zum 6. März 2006 fand bei der Klägerin für 2004 eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung statt, die u.a. im Hinblick auf die Insolvenzeröffnung zu einem Vorsteuerkorrekturbetrag gemäß § 17 ...

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