vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerberichtigung bei Rückgewähr einer Anzahlung
Leitsatz (redaktionell)
- Zur Vorsteuerberichtigung gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 1 UStG.
- Ändert sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz, muss der Unternehmer den dafür geschuldeten Steuerbetrag berichtigen. Das gilt sinngemäß, wenn für eine vereinbarte Lieferung oder sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet, die Lieferung oder sonstige Leistung aber nicht ausgeführt wird.
- Eine Berichtigung setzt für den Fall, dass der Leistungsempfänger das Entgelt bereits ganz oder teilweise entrichtet hat, voraus, dass das vereinnahmte Entgelt zurückbezahlt wird.
- Für die Vorsteuerberichtigung ist für den Umstand, „ob die Leistung…nicht ausgeführt worden ist”, auf den Zeitpunkt der Entgeltrückgewähr abzustellen. Ob im Wege einer Prognose noch mit einer voraussichtlichen Ausführung der Lieferung zu rechnen ist, spielt keine Rolle.
Normenkette
UStG § 17 Abs. 2 Nr. 2
Streitjahr(e)
2010
Tatbestand
Streitig ist eine Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 Umsatzsteuergesetz (UStG).
Mit Vertrag vom 12.03.2009 verpflichtete sich die L. GmbH (im Folgenden: Lieferantin) gegenüber der Klägerin zur Lieferung von vier Gaserzeugern. Die Klägerin leistete die am 13.03.2009 in Rechnung gestellten Anzahlungen über 614.400 € zuzüglich 116.736 € Umsatzsteuer und zog die Vorsteuer im März 2009.
Im Folgenden entstand Streit zwischen der Klägerin und der Lieferantin über die Mangelfreiheit der zu liefernden Anlagen. Da die Klägerin ihrerseits gegenüber der A. GmbH (im Folgenden: die Abnehmerin) vertraglich zur Lieferung von zwei Gaserzeugern vom Typ … verpflichtet war, schlossen die Klägerin, die Lieferantin und die Abnehmerin in einer gemeinsamen vertraglichen Urkunde vom 15.10.2009 mehrere bilaterale Vereinbarungen:
Darin vereinbarten u. a. die Klägerin und die Abnehmerin - unter aufschiebenden, bisher nicht eingetretenen Bedingungen - die Übernahme des Vertrages zwischen der Klägerin und der Lieferantin vom 12.03.2009, der die Lieferantin zustimmte.
In Bezug auf die Anzahlungen trafen die Klägerin und die Lieferantin in § 3 Ziffer 5 folgende Vereinbarung:
„5. Hinsichtlich der bisherigen Anzahlungen ist im Verhältnis … [Lieferantin] zu … [Klägerin] Folgendes im Hinblick auf die Mehrwertsteuer zu beachten:
Die zwei von … [der Lieferantin] an … [die Klägerin] geschriebenen Abschlagsrechnungen sind zu stornieren bzw. gutzuschreiben. Dafür erhält … [die Lieferantin] einen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Mehrwertsteuerbeträge. … [die Klägerin] hingegen ist verpflichtet, die gezogenen Vorsteuerbeträge zurückzuerstatten. Die Erstattung der Umsatzsteuer ist auch im Wege der Abtretung möglich und wird von den Parteien ausdrücklich genehmigt.”
Am 26.01.2010 erstattete die Lieferantin der Klägerin 116.736 €; dieser Betrag entspricht der auf die Anzahlungen entfallenden Umsatzsteuer.
In dem Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für das 1. Quartal 2010 nahm der Beklagte (das Finanzamt -FA-) unter Hinweis auf § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG eine Vorsteuerkorrektur in Höhe von 18.638,52 € (19/119 von 116.736 €) vor.
Den Einspruch hiergegen wies der Beklagte durch Einspruchsbescheid vom 08.07.2011 als unbegründet zurück.
Eine Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG i.V.m. § 17 Abs. 1 UStG erfordere nicht, dass die Nichtausführung der vereinbarten Leistung feststehe. Es genüge, wenn diese vorerst nicht ausgeführt worden sei. Von Bedeutung sei allein, dass die Vorauszahlungen zurückgewährt und somit die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG für die Besteuerung bzw. § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 UStG für den Vorsteuerabzug im Nachhinein entfallen seien. Deshalb fände die Vorschrift des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG über den Wortlaut hinaus auch Anwendung, wenn eine Vorauszahlung nur zum Teil zurückgezahlt werde; Steuer und Vorsteuer seien dann anteilig zu berichtigen.
Die Vereinbarung, dass der Klägerin lediglich die in der Vorauszahlung enthaltene Umsatzsteuer zurückgezahlt werde, sei unbeachtlich. Die Umsatzsteuer sei als reine Rechengröße stets integraler Bestandteil des jeweiligen Zahlungsbetrages und könne als solche nicht isoliert gezahlt werden. In der Formulierung des § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 UStG „soweit der (…) Steuerbetrag auf eine Zahlung (…) entfällt” komme das umsatzsteuerliche Prinzip zum Ausdruck, dass bei einem steuerpflichtigen Umsatz jede (Voraus-, Abschlags-, An-, Teil-)Zahlung die objektiv nach dem Gesetz entstandene Steuer anteilig mit 19/119 beinhalte.
Hiergegen richtet sich die Klage.
Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG lägen nicht vor. Die Vertragsübernahme sei - mangels Eintritts der vereinbarten aufschiebenden Bedingungen - schwebend unwirksam. Daher bestehe die Leistungsbeziehung zwischen der Klägerin und der Lieferantin nach wie vor. Die Nichtausführung der vereinbarten Leistungen stehe damit noch nicht endgültig fest - jede...