Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer 1988 und 1989
Leitsatz (redaktionell)
Kein Vorsteuerabzug aus Rechnungen, in denen zwar der Bruttopreis, der Steuersatz und die Umsatzsteuer, nicht aber das Ent gelt ausgewiesen ist.
Nachgehend
Tenor
Die Klagen werden abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten.
Tatbestand
Die Klägerin ist selbständig tätig. Gegenstand ihres Unternehmens ist die ambulante Seniorenpflege.
Die Klägerin ließ ihre Pflegeleistungen vor Ort von Pflegekräften ausführen, mit denen sie „Freie Mitarbeiterverträge” abgeschlossen hatte. In den Streitjahren waren für die Klägerin ca. 400 Pflegekräfte tätig. Bei den dem Gericht vorgelegten 19 Mitarbeiterverträgen handelt es sich um Standardverträge mit gleichlautendem Regelungsgehalt. Danach bedient sich die Klägerinihrer jeweiligen vertraglichen Verpflichtung zur häuslichen Altenpflege, Seniorenbetreuung und häuslichen Krankenpflege der freien Mitarbeiter. Nach § 2 des Vertrages übt das Pflegepersonal seine Tätigkeit „selbständig und eigenverantwortlich aus. Art, Umfang und Zeit der zu erbringenden Leistungen bei der jeweils zu pflegenden bzw. zu betreuenden Person wird zwischen dem Pflegepersonal und der Betreuungsperson selbständig unter Berücksichtigung der Wünsche und Belange der Betreuungsperson vereinbart”. Die Klägerin ist gegenüber dem Pflegepersonal „hinsichtlich Art, Zeit und Umfang der Betreuungsleistung nicht weisungsbefugt”. Nach § 4 des Vertrages hat das Pflegepersonal für den Fall, dass es „wegen Krankheit, Urlaub oder aus sonstigen Gründen gehindert ist, ihre vertragsgemäßen Pflichten zu erfüllen, … auf eigene Kosten für die Dauer der Verhinderung eine geeignete Ersatzperson zu stellen”. Nach § 6 sind sich die Vertragsparteien darüber einig, dass das Pflegepersonal „für die Abführung von Sozialversicherungs- und Krankenversicherungsbeiträgen, sowie der Zahlung der gesetzlichen Mehrwertsteuer an das zuständige Finanzamt selbst Sorge zu tragen hat”. Gemäß § 5 des Vertrages rechnete das Pflegepersonal auf Stundenbasis per Rechnung gegenüber der Klägerin ab. Die Rechnungen sind standardisiert, wurden von der Klägerin vorbereitet und anschließend von dem Pflegepersonal unterschrieben. Neben dem Bruttorechnungsbetrag enthalten die Rechnungen den Vermerk, dass „der Gesamtbetrag … die gesetzliche Mehrwertsteuer von 14 % i.H.v. DM: .X.” enthält. Wegen der Einzelheiten wird auf die zu den Gerichtsakten gelangten freien Mitarbeiterverträge sowie die Rechnungen des Pflegepersonals verwiesen.
Die Klägerin ging davon aus, dass es sich bei den Pflegekräften um Subunternehmer handelt. Sie führte deshalb keine Sozialversicherungsbeiträge ab und macht die ihr in Rechnung gestellte Umsatzsteuer in ihren Umsatzsteuervoranmeldungen als Vorsteuer geltend.Anläßlich einer Außenprüfung der AOK wurden die Pflegekräfte zum Inhalt ihrer tatsächlichen Tätigkeit und den vertraglichen Vereinbarungen befragt. Wegen des Ergebnisses der Befragung wird auf die zu den Gerichtsakten gelangten Fragebogen der AOK verwiesen. Im Rahmen eines Vergleichs zahlte die Klägerin an die AOK einen Pauschalbetrag für die Sozialversicherungsbeiträge der Pflegekräfte.
Die Klägerin gab für 1988 zunächst keine Steuererklärung ab. Nach einer Umsatzsteuersonderprüfung und einer Lohnsteueraußenprüfung ging der Beklagte davon aus, dass es sich bei den Pflegekräften nicht um Unternehmer, sondern um Arbeitnehmer der Klägerin handelt. Der Beklagte schätzte die Umsatzsteuer 1988 auf Grundlage der Umsatzsteuersonderprüfung, wobei er die Vorsteuern aus den Rechnungen des Pflegepersonals nicht zum Abzug zuließ. Die Umsatzsteuer setzte er entsprechend fest. Für das Streitjahr 1989 ließ der Beklagte den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen des Pflegepersonals ebenfalls nicht zum Abzug zu und setzte die Umsatzsteuer abweichend von der Umsatzsteuererklärung der Klägerin entsprechend fest. Die dagegen eingelegten Einsprüche waren erfolglos.
Hiergegen richten sich die Klagen.
Die Klägerin macht geltend, die Pflegekräfte seien für sie als Subunternehmer tätig geworden. Es handele sich jeweils um Unternehmer, da diese selbständig tätig gewesen seien. Dies ergebe sich aus den „Freien Mitarbeiterverträgen” und den Angaben des Pflegepersonals in den Auskunftsbogen der AOK, auf die Bezug genommen werde. Danach hätte es dem Pflegepersonal freigestanden, von der Klägerin angebotene Pflegeeinsätze abzulehnen. Diese Möglichkeit habe ein Teil des Pflegepersonals auch ohne jede Konsequenz in Anspruch genommen. Ferner sei das Pflegepersonal für den Fall des Urlaubs oder im Krankheitsfalle zur Stellung einer Ersatzkraft verpflichtet gewesen. Die Pflegekräfte seien gegenüber der Klägerin weder weisungsabhängig gewesen noch hättensie Anspruch auf Urlaubsentgelt oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle gehabt. Die Sozialversicherungsbeiträge und Steuern hätten sie selbständig zu tragen gehabt. Entsprechend den freien Mitarbeiterverträgen sei auf Stundenbasis abgerechnet worden....