Entscheidungsstichwort (Thema)
WE bei Zuständigkeitsirrtum. WE v. Amts wg. Investitionszulage 1991
Nachgehend
Tenor
Die Einspruchsentscheidung vom 20. April 1994 wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens hat das Finanzamt zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Klägerin (Kl'in.) für einen nicht fristgemäß gestellten Antrag auf Investitionszulage (InvZul) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 110 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) zu gewähren ist.
Die Kl'in., für deren Einkommensbesteuerung der Beklagte (das beklagte Finanzamt – FA –) als Wohnsitzfinanzamt zuständig war, betrieb in W. (Sachsen-Anhalt) ein Kleinkraftwerk und erzielte hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
In dem Streitjahr 1991 vorangegangenem Kalenderjahr hatte die Kl'in. bereits in diesen Betrieb investiert; es waren Aufwendungen für die Anschaffung/Herstellung einer Rechenreinigungsanlage, einer elektronischen Steuerung und einer Wehr- und Schutzanlage im Wert von rd. 713 TDM angefallen, für die die Kl'in. InvZul nach der InvZul-Verordnung bei ihrem Wohnsitz-FA G. beantragt hatte, das den dort innerhalb der Antragsfrist eingegangenen Antrag an das damals zuständige Betriebsstätten-FA H. weitergeleitet hatte, wo er allerdings verspätet eingegangen war. Der Kl'in. war für die Fristversäumnis Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die beantragte InvZul gewährt worden.
Im Streitjahr 1991 fielen in dem Betrieb für die genannten Investitionsvorhaben weitere Aufwendungen an; ferner schaffte die Kl'in. zwei bewegliche Wirtschaftsgüter an. Auch hierfür beantragte sie InvZul, nunmehr nach dem InvZul-Gesetz (InvZulG) 1991. Diesen Antrag richtete sie an das nunmehr nicht mehr zuständige FA H.. Der Antrag war per Einschreiben am 26.09.1992 bei einem Postamt in H. aufgegeben worden, war allerdings nach dem Eingangsstempel des FA H. dort erst am 02.10.1992, also nach Ablauf der Antragsfrist 30.09.1992 eingegangen. Der Absendezeitpunkt ergibt sich aus dem auf dem Versandumschlag (Bl. 3 InvZul-Akte) aufgebrachten Poststempel eines Postamts in H. und einem von einem Sachbearbeiter des FA daneben angebrachten zusätzlichen Vermerk. Das FA H. leitete den Antrag an das zuständige FA G., den Beklagten, im Juni 1993 weiter. Das FA wies den Antrag auf InvZul als verspätet zurück. Der Einspruch der Kl'in. hiergegen, den sie auch nach Erinnerung durch das FA nicht weiter begründete, hatte keinen Erfolg.
Mit der Klage begehrt die Kl'in. weiter die beantragte InvZul. Die Kl'in. ist der Auffassung, für die Festsetzung der InvZul sei das FA H. zuständig. Dieses folge aus Tz. 83 des BMF-Schreibens vom 31.12.1986 (BStBl I 1987, 51), denn dort sei ausgeführt, daß aus Vereinfachungsgründen die InvZul auch von dem nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 b AO für die gesonderte Feststellung zuständigen FA gewährt werden könne; dies sei das FA H.. Dort sei der Antrag zwar nach dem Eingangsstempel verspätet am 02.10.1992 eingegangen. Doch treffe die Kl'in. an diesem verspäteten Eingang kein Verschulden, da sie den Antrag rechtzeitig am 26.09.1992 zur Post gegeben habe; die überlange Postlaufzeit habe die Kl'in. nicht zu verantworten. Es werde deshalb ausdrücklich der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 110 AO gestellt. Allerdings sei nach ihrer Auffassung auch in dem verspätet eingegangenen InvZul-Antrag selbst schon ein solcher Antrag auf Wiedereinsetzung zu sehen.
Die Kl'in. beantragt,
den Einspruchsbescheid aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Kl'in. habe ihren Antrag auf InvZul bei einem unzuständigen FA gestellt. Zuständig sei gem. § 6 Abs. 2 Satz 1 InvZulG 1991 das für die Einkommensbesteuerung zuständige FA, also das beklagte FA. Lediglich für die InvZul von Personengesellschaften i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 oder Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) sei das Betriebs-FA zuständig. Auf diese Zuständigkeitslage sei auch in Tz. 82 des BMF-Schreibens vom 28.08.1991 (BStBl I 1991, 768) hingewiesen. Außerdem ergäbe sich dieses auch aus dem Zuständigkeitshinweis im InvZul-Antrag 1991. Denn dort sei darauf hingewiesen, daß der Antrag „bei dem für die Besteuerung nach dem Einkommen zuständigen Finanzamt, in den Fällen, in denen eine gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte durchgeführt wird, bei dem für die Feststellung zuständigen FA zu stellen” sei. Zwar habe der für die Entscheidung der Klage zuständige II. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts in einem anderen Fall entschieden, einem Kläger könne Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, weil die Erläuterungen im InvZul-Antrag nicht hinreichend klar seien und werde dieses Urteil von der Finanzverwaltung auch auf gleichgelagerte Fälle angewendet. Hierauf könne die Kl'in. sich aber deshalb nicht berufen, weil ihr Antrag bereits bei dem unzuständigen FA H. nicht fristgerecht eingegangen sei, die Verfristung mithin nicht Folge einer nicht mehr fristgemäßen Weiterleitung gewesen sei.
Die Kl'in. habe im Jahre...