rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Buchführung von Automatenaufstellern: Statistikstreifen von Geldspielautomaten als Grundaufzeichnungen
Leitsatz (redaktionell)
- Bei Geldspielgeräten mit Röhrenfüllung ohne Türöffnung (sog. Wirtefüllung) ist grds. der Kasseninhalt, wie er in den Kassenstreifen ausgedruckt wird, als Betriebseinnahmen der Besteuerung zugrunde zu legen. Dieser Betrag ist jedoch um Röhrenauffüllungen und Röhrenentnahmen zu korrigieren. Die Korrekturbeträge sind dem vom Gerät ausgedruckten Statistikstreifen zu entnehmen.
- Legt ein Stpfl. die Statistikstreifen nicht vor, ist das FA grds. berechtigt, Röhrenentnahmen und -auffüllungen zu schätzen.
- Die Statistikstreifen sind sonstige Unterlagen i.S.d. § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO.
Normenkette
AO § 147 Abs. 1 Nr. 5, §§ 158, 162
Streitjahr(e)
1994
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, in welchem Umfang die Klägerin bei ihren Geldspielautomaten Röhrennachfüllungen vorgenommen hat.
Die Klägerin wurde 1986 als GmbH mit einem Stammkapital von 50.000 DM gegründet, welches 1987 auf 200.000 DM erhöht wurde. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war im Streitjahr 1994 G. Ab 1995 besteht ein Organschaftsverhältnis zur K.- Automaten GmbH als Organmutter. Geschäftsführer der Klägerin ist seitdem H.
Die Klägerin betreibt mehrere Spielhallen, in denen im Streitjahr über 100 Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit aufgestellt waren. Die Geldspielautomaten sind mit jeweils vier Röhren ausgestattet, die mit 10-Pfennig-Stücken, 1-DM-Stücken, 2-DM-Stücken und 5-DM-Stücken gefüllt werden. Bei vollständiger Füllung befinden sich zwischen 700 und 800 DM in den Röhren. Sind die Röhren gefüllt, d.h. ist die festeingestellte Sollgröße erreicht, fällt das weitere eingeworfene Geld in die Kasse, wo es elektronisch gezählt wird. Gewinne an die Spieler werden aus den Röhren ausgezahlt. Alle Spielautomaten sind technisch so eingerichtet, dass mindestens 60 % der Spieleinsätze als Gewinne ausgezahlt werden. Dabei kann es gelegentlich zu Röhrenleerspielungen kommen. Das Gerät ist dann nicht mehr spielbereit. In diesen Fällen müssen die Röhren nachgefüllt werden. Das Nachfüllen der Röhren kann auf zweierlei Weise erfolgen: Bei der Röhrenfüllung ohne Türöffnung wird der Automat durch den Geldschlitz nachgefüllt (sog. Wirtefüllung). Die Röhrenfüllung mit Türöffnung erfolgt durch eine Person, die über ein Geräteschlüssen verfügt. Dabei wird das Geld direkt in die Röhren gelegt. Diese Veränderung der Geldbestände in den Röhren wird vom Gerät registriert und im sog. Statistikstreifen ausgedruckt. Die in der Kasse befindlichen Beträge sowie die dort vorgenommenen Entnahmen werden im sog. Kassenstreifen festgehalten, der ebenfalls ausgedruckt werden kann.
Bei den Druckerstreifen ist zwischen sog. Neugeräten, deren Zulassungsnummer mit einer 5 oder einer höheren Ziffer beginnt, und sog. Altgeräten zu unterscheiden. Bei den Neugeräten muss die Auslesung spätestens nach 60 Tagen erfolgen. Unterbleibt die Auslesung, schaltet sich das Spielgerät automatisch ab. Diese Geräte sind seit 1991 auf dem Markt. Da die Geldspielgeräte nur bis zu vier Jahren zum Einsatz kommen dürfen, sind ab 1995 nur noch Neugeräte auf dem Markt. Aber auch bei den Altgeräten, deren Zulassungsnummer mit 0 bis 4 beginnt, war eine Auslesung in der Weise möglich, dass Röhrenfüllungen und Entnahmen den Statistikstreifen zu entnehmen sind. Der Unterschied zwischen Neu- und Altgeräten besteht in erster Linie darin, dass die Zählwerke der Neugeräte manipulationssicher sind. Im Streitjahr befanden sich in den Spielhallen der Klägerin überwiegend Neugeräte und nur zu einem geringen Teil Altgeräte.
In ihrer Gewinnermittlung für das Jahr 1994 berücksichtigte die Klägerin Röhrenfüllungen i.H.v. 12.192 DM. Den Nettobetrag von 10.601 DM behandelte sie gewinnmindernd. Dies entspricht rund 1,1 % der Spielerlöse. Zum Nachweis legt die Klägerin handschriftliche Belege von Spielhallenmitarbeitern vor, von denen nur ein Teil unterschrieben sind. Die Statistikstreifen der Auslesungsausdrucke hat die Klägerin von den Kassenstreifen abgeschnitten und vernichtet.
Nach einer Betriebsprüfung erkannte der Beklagte (das Finanzamt – FA -) die Röhrenfüllungen nicht gewinnmindernd an, sondern schätzte den von der Klägerin behaupteten Nettobetrag dem Gewinn hinzu.
Das FA begründet seine Auffassung damit, dass die abgeschnittenen Statistikstreifen von der Klägerin hätten aufbewahrt werden müssen, da sie zu den Grundaufzeichnungen i.S.d. § 147 Abgabenordnung (AO) gehörten. Dass diese nicht mehr vorgelegt werden könnten, gehe zu Lasten der Klägerin. Die insoweit vorgelegten Belege der Mitarbeiter seien demgegenüber nicht beweiskräftig.
Gegen die Nichtberücksichtigung der Röhrenauffüllungen wendet sich die Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit der vorliegenden Klage. So habe eine Gewinnhinzuschätzung schon deswegen nicht erfolgen dürfen, da es an der Schätzungsbefugnis dem Grunde nach fehle. Bei den Statistikstreifen handele es sich ...