Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Unterbrechung des Hochschulstudiums bei Aufnahme einer Tätigkeit in der studentischen Selbstverwaltung
Leitsatz (redaktionell)
- Geht ein Student seinem Studium im üblichen Umfang nach, besucht verschiedene Vorlesungen und legt Prüfungen erfolgreich ab, so steht die Tätigkeit in der studentischen Selbstverwaltung der Berufsausbildung nicht entgegen.
- Sofern das Studium im üblichen Semesterwochenstundenpensum nachgegangen wird, spricht allein der Umstand der nachträglichen Beurlaubung für die Tätigkeit in der studentischen Selbstverwaltung noch nicht für eine Unterbrechung des Hochschulstudiums.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2
Streitjahr(e)
2000, 2001
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung von Kindergeld für die Tochter H im Zeitraum April 2000 bis März 2001.
Die Tochter der Klägerin, H, geboren am 7. Mai 1979, war im streitbefangenen Zeitraum als Studentin im Studiengang Technomathematik und Mathematik an der Technischen Universität Clausthal eingeschrieben. Ab dem Sommersemester 2000 arbeitete sie bis einschließlich Wintersemester 2001 in der studentischen Selbstverwaltung als Finanzreferentin und erhielt hierfür eine geringfügige Aufwandsentschädigung (mtl. ca. 630 DM). Nach Angaben der Universitätsverwaltung beträgt der Zeitaufwand für diese Tätigkeit i.d.R. ca. 10 Wochenstunden.
Neben der Tätigkeit als Finanzreferentin setzte H ihr Studium unter geringer Reduzierung ihres Pensums in dem gesamten streitbefangenen Zeitraum fort, besuchte verschiedene Vorlesungen und legte Prüfungen erfolgreich ab. So nahm sie im Rahmen der Diplom-Vorprüfung im Sommersemester 2000 an der Vorlesung theoretische Physik I mit Erfolg teil und bestand auch die Studienprüfungen in den Fächern Analysis und angewandte Mathematik. Im Sommersemester 2000 nahm sie zudem an der Übung zur Vorlesung Elektrodynamik mit Erfolg teil. Auch im Wintersemester 2000/2001 besuchte sie mehrere Veranstaltungen und kam so auf insgesamt 19 bzw. 20 Semesterwochenstunden, dem normalen Pensum für ein Studiensemester. Bezüglich der Bezeichnung der einzelnen Veranstaltungen wird auf das Sitzungsprotokoll vom 25. Mai 2004 Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 9. Februar 2001 beurlaubte die Technische Universität Clausthal H auf ihren Antrag hin nachträglich vom Studium wegen der Tätigkeit in der akademischen oder studentischen Selbstverwaltung sowohl für das Sommersemester 2000 als auch für das Wintersemester 2000/2001. Hintergrund der nachträglichen Beurlaubung war nach Angaben der Universitätsverwaltung im Schreiben vom 24. Mai 2004 der Umstand, dass die Semester, für die Beurlaubung erfolgte, bei der Bemessung der Regelstudienzeit (zzgl. 4 Semester Toleranz) nicht mitgerechnet und damit etwaige nach Ablauf dieser Studienzeit anfallende Studiengebühren für weitere 2 Semester vermieden wurden.
Mit Bescheid vom 19. September 2002 hob der Beklagte aufgrund der Beurlaubung die Festsetzung des Kindergeldes für H im Zeitraum April 2000 bis März 2001 auf und forderte das überzahlte Kindergeld in Höhe von 3.600 DM zurück. Die Entscheidung wurde damit begründet, dass die Tochter der Klägerin im Sommersemester 2000 und im Wintersemester 2000/2001 das Studium unterbrochen und in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg.
Mit der vorliegenden Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren aus dem Einspruchsverfahren weiter. Zur Begründung trägt sie Folgendes vor: Die Tochter H habe sich in dem streitbefangenen Zeitraum von April 2000 bis März 2001 weiterhin ununterbrochen in Ausbildung befunden. Es bestehe daher ein Anspruch auf Kindergeld. In tatsächlicher Hinsicht sei zu berücksichtigen, dass H auch im Sommersemester 2000 sowie im Wintersemester 2000/2001 an der Technischen Universität Clausthal immatrikuliert gewesen sei und ihr Studium unstreitig tatsächlich fortgesetzt habe. Von einer Beurlaubung könne angesichts des nachgewiesenen Umfangs des Studiums daher keine Rede sein. Die Tätigkeit in der studentischen Selbstverwaltung als Finanzreferentin sei parallel zu dem reduzierten Studium erfolgt. Erst auf Anraten der Technischen Universität Clausthal habe H rückwirkend wegen ihrer Tätigkeit als Finanzreferentin für den Zeitraum April 2000 bis März 2002 einen Beurlaubungsantrag gestellt. Die Beurlaubung sei im Übrigen erst nachträglich mit Schreiben vom 9. Februar 2001 erfolgt. Eine Unterbrechung des Hochschulstudiums sei daher nicht anzunehmen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 19. September 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. Oktober 2001 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei der Kindergeldberechnung für den Zeitraum April 2000 bis März 2001 die Tochter H zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, die Tochter H habe sich im streitbefangenen Zeitraum nicht in Berufsausbildung befunden. Eine Beurlaubung vom Studium oder eine Befreiung von der Teilnahme an Vorlesungen (Befreiung vo...