Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung der Zulässigkeit einer unentgeltlichen Rechtsberatung auf dem Gebiet des Steuerrechts durch eine Tax Law Clinic
Leitsatz (redaktionell)
Zur (Un-)zulässigkeit einer Klage, die darauf gerichtet ist, festzustellen, dass der Kläger, ein gemeinnütziger Verein, unentgeltlich Hilfe in Steuersachen durch Studierende unter Anleitung von Rechtsanwälten leisten darf.
Normenkette
FGO § 41
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger im Rahmen einer Tax Law Clinic unentgeltliche Hilfe in Steuersachen durch Studierende unter Anleitung von Rechtsanwälten leisten darf.
Der Kläger, ein im Jahr x von Steuerpraktikern aus Finanzverwaltung, Beratung, Unternehmen und Gerichtsbarkeit sowie Studierenden gegründeter Verein, wurde nachfolgend in das Vereinsregister beim Amtsgericht A eingetragen. Ziel des Klägers ist es, den juristischen und betriebswirtschaftlichen Nachwuchs auf dem Gebiet des Steuerrechts zu fördern. Das Finanzamt A (im Folgenden: FA) stellte mit Bescheid vom die Gemeinnützigkeit des Klägers fest. Dieser möchte das Interesse der Studierenden und der Referendare am Steuerrecht wecken und das steuerrechtliche Lehrangebot an der C Universität erweitern. Um Studierenden einen Einblick in die steuerrechtliche Beratungspraxis zu ermöglichen, beabsichtigt der Kläger, möglichst bereits ab dem Wintersemester eine Tax Law Clinic an der C Universität einzurichten und zu betreiben. Mit Schreiben vom wandte sich der Kläger an das FA und zeigte an, ab dem Wintersemester eine Tax Law Clinic an der C Universität einrichten und betreiben zu wollen. Ferner bat er das FA um schriftliche Bestätigung, dass von Seiten des FA keine berufsrechtlichen Bedenken bestünden oder aber darum, dem Kläger das Vorhaben nach § 7 Steuerberatungsgesetz (StBerG) für den Fall zu untersagen, dass das FA es für unzulässig halte.
Das FA teilte dem Kläger daraufhin mit Schreiben vom mit, es halte die dauerhaft unentgeltliche Rechtsberatung auf dem Gebiet des Steuerrechts durch die beabsichtigte Einrichtung und Durchführung einer Tax Law Clinic nach dem Steuerberatungsgesetz nicht für zulässig. Der vom Kläger dargelegte Bezug zu § 6 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) greife nicht, da das Steuerberatungsgesetz insoweit eine abschließende Regelung treffe. Nach § 7 Abs. 1 StBerG könne das FA die Hilfeleistung in Steuersachen untersagen, wenn die Tätigkeit durch eine Person oder Vereinigung ausgeübt werde, die nicht unter die §§ 3, 3a oder 4 StBerG falle. Für die vom Kläger hilfsweise beantragte förmliche und rechtsmittelfähige Untersagung der zukünftigen geplanten Betätigung lägen zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 StBerG vor. Der zu beurteilende Sachverhalt liege in der Zukunft und sei daher auch nicht konkret greifbar und für das FA als Grundlage der Entscheidungsfindung festzustellen. § 7 Abs. 1 StBerG schreibe dem FA zudem keine zwangsläufige Entscheidung vor. Vielmehr müsse dieses bei der Entscheidungsfindung § 5 AO beachten. Das FA habe insoweit bei der Ausübung seines Ermessens im Rahmen der Gesetze eine Entscheidungsfreiheit, „ob und wie” es tätig werde. § 7 Abs. 1 Nr. 1 StBerG setze voraus, dass unzulässigerweise Tätigkeiten tatsächlich ausgeübt werden bzw. worden seien. Eine Absichtserklärung sei hierfür nicht ausreichend. Gegenüber dem Kläger könnten bei der von ihm beschriebenen konkreten Betätigung bestimmte Maßnahmen durch das FA ergriffen werden. Entscheidend sei hierbei aber immer das Ergebnis der Sachverhaltsermittlung. Zur Unterbindung der unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen sehe das Gesetz aktuell folgende Maßnahmen vor: Untersagung (§ 7 Abs. 1 StBerG), Zurückweisung (§ 80 Abs. 7 AO) und Bußgeldverfahren (§ 160 StBerG). Für das Bußgeldverfahren sei allerdings das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen zuständig. Der Kläger sei zudem von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit, da er ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigte gemeinnützige Zwecke i.S.d. §§ 51 f. AO verfolge. Inwieweit die vom Kläger in Aussicht genommene Betätigung im Rahmen der „Tax Law Clinic” möglicherweise gemeinnützigkeitsrechtliche Folgen auslösen könne, müsse später geprüft und entschieden werden. Aus den genannten Gründen könne dem Antrag des Klägers auf Erlass eines förmlichen Verwaltungsaktes mit entsprechender Rechtsmittelbelehrung - mangels hinreichender Rechtsgrundlage - nicht entsprochen werden.
Zur Begründung seiner am beim Niedersächsischen Finanzgericht eingegangenen Klage führt der Kläger aus, der Gesetzgeber habe mit der mit Wirkung zum 1. Juli 2008 in Kraft getretenen Regelung des § 6 Abs. 2 RDG die unentgeltliche Rechtsberatung und außergerichtliche Vertretung von jedermann unter dem Vorbehalt der Anleitung durch eine hierfür vom Gesetzgeber als qualifiziert angesehene Person legalisiert. Derartige Rechtsberatungen erfreuten sich seit einigen Jahren auch in Deutschland zunehmender Bel...