vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [II R 35/21)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Reichweite der Bindungswirkung für Zwecke der Schenkungsteuer gesondert festgestellter Grundbesitzwerte
Leitsatz (redaktionell)
Die Bindungswirkung gesondert festgestellter Grundbesitzwerte für Zwecke der Schenkungssteuer erstreckt sich im Falle von Nachschenkungen auch auf die Berücksichtigung der Werte im Rahmen von § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG.
Normenkette
ErbStG § 12 Abs. 3, § 14 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der bei einer Veranlagung zur Schenkungssteuer zu berücksichtigenden Vorschenkungen.
Mit Schriftsatz vom 27. September 2017 zeigte der Kläger gegenüber dem Beklagten eine am 20. Juni 2017 in Form eines Forderungsverzichts in Höhe von 400.000 € vollzogene Schenkung von seinem Vater an.
Der Beklagte erließ am 27. September 2018 einen Schenkungsteuerbescheid zu der Schenkung vom 20. Juni 2017. Darin berücksichtigte er Vorschenkungen mit einem Wert von 87.392 €. Hierbei handelt es sich um Grundstücke, welche der Kläger und sein Bruder durch Schenkungsvertrag vom 18. Dezember 2012 und Übergabe am 31. Dezember 2012 von ihrem Vater je zur ideellen Hälfte erhalten hatten. Die insgesamt 8 kleineren Grundstücke liegen in den Gemarkungen von X und X-Y. Die Grundstücke haben insgesamt eine Fläche von 784 m². Es handelte sich um unbebaute Grundstücke. Zu diesen Grundstücken ergingen am 4. April 2016 Feststellungen der Grundbesitzwerte für Zwecke der Schenkungssteuer auf den 31. Dezember 2012. In diesen Bescheiden wurden die Grundstücke insgesamt mit 174.785 € bewertet. Die Hälfte davon entfiel auf den Kläger, mithin 87.392 €. Die Bescheide wurden bestandskräftig.
Gegen den Schenkungsteuerbescheid legte der Kläger Einspruch ein. Er verwies darauf, dass die Vorschenkungen mit einem unzutreffenden Wert angesetzt worden seien. Die gesondert festgestellten Werte seien in den Bescheiden vom 4. April 2016 unzutreffend ermittelt worden. Die Vorschenkungen seien im angegriffenen Schenkungsteuerbescheid mit den materiell richtigen Werten anzusetzen.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Der Beklagte wies ihn mit Bescheid vom 28. März 2019 als unbegründet zurück.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger weiter die Berücksichtigung der Vorschenkungen mit geringeren Werten.
Die Werte der Vorschenkungen seien geringer als vom Beklagten angesetzt. Zu Unrecht habe dieser für die Werte auf die Feststellungsbescheide vom 4. April 2016 zurückgegriffen. Diese Bescheide seien keine Grundlagenbescheide für die hier streitige Steuerfestsetzung. Sie würden daher insbesondere keine Bindungswirkung entfalten. Ihre Wirkungen beschränkten sich auf die Steuerfestsetzung für den Vorerwerb. Auf den Nacherwerb vom 20. Juni 2017 schlügen sie nicht durch. Aufgrund der Selbstständigkeit der Besteuerung der einzelnen Erwerbe seien die in der Zusammenrechnung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) einzubeziehenden Vorerwerbe mit den materiell-rechtlich zutreffenden Werten hinzuzurechnen. Dies gelte auch, wenn bei der vorangegangenen Steuerfestsetzung für den Vorerwerb ein materiell-rechtlich unzutreffender Wert berücksichtigt wurde oder keine Festsetzung für den Vorerwerb erfolgt sei.
Vorliegend seien die Werte in den Festungsbescheiden vom 4. April 3016 zu hoch festgestellt worden. Eine Anfechtung dieser Bescheide sei nicht erfolgt, da sich aus dem daraufhin ergangenen Schenkungsteuerbescheid vom 25. April 2016 keine festzusetzende Schenkungssteuer ergeben habe. Zudem habe der Kläger den Feststellungsbescheiden dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17. April 1991 (II R 121/88, BStBl II 1991, 522) folgend keine weitere Bindungswirkung zugemessen.
Bei den Grundstücken handele es sich ganz überwiegend um nicht bebaubare Verkehrsflächen, Straßen, private Zufahrten und Wege, deren Verkehrswert durchschnittlich 15 EUR/m² betrage. Es ergäbe sich daraus ein Verkehrswert in Höhe von 11.760 €; auf den Kläger entfielen hälftig 5.880 €.
Der Kläger beantragt,
den Schenkungsteuerbescheid vom 27. September 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. März 2019 dahingehend zu ändern, dass die Vorerwerbe anstatt in Höhe von 87.392 € mit 5.880 € berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zwar seien die in die Zusammenrechnung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG einzubeziehenden Vorerwerbe dem letzten Erwerb nicht mit materiell-rechtlich unzutreffenden Werten hinzuzurechnen, sondern mit den damals materiell-rechtlich zutreffenden Werten. Die für die Vorerwerbe ergangenen Steuerbescheide würden auch keine Bindungswirkung im Sinne von Grundlagenbescheide für die Steuerfestsetzung des Nacherwerb entfalten. Dadurch solle aber keine Berichtigungsmöglichkeit von Feststellungsbescheiden ermöglicht werden. Im Fall von Grundbesitzübertragungen seien weiterhin die festgestellten Grundbesitzwerte zu berücksichtigen. Da die Grundbesitz...